Vermischtes

Pflege im Heim immer teurer, Zuzahlungen nochmals gestiegen

  • Dienstag, 18. Juli 2023
/picture alliance, photothek, Ute Grabowsky
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Berlin – Die Pflege im Heim wird immer teurer. Die Zahlungen aus eigener Tasche für Pflegebedürftige und ihre Familien stiegen nochmals deutlich. Das zeigt eine Auswertung des Verbands der Ersatzkassen mit Stand zum 1. Juli.

Im ersten Jahr im Heim waren demnach im bundesweiten Schnitt 2.548 Euro pro Monat fällig – 348 Euro mehr als Mitte 2022. Die Belastungen wachsen damit trotz inzwischen eingeführter Entlastungszuschläge weiter. Dabei schlagen unter anderem höhere Löhne für dringend benötigte Pflegekräfte durch. Aber auch Kosten für Unterkunft, Essen und Trinken gingen nach oben.

In den Summen ist zum einen ein Eigenanteil für die reine Pflege und Betreuung enthalten. Denn die Pflege­versicherung trägt – anders als die Krankenversicherung – nur einen Teil der Kosten. Für Heimbewohner kommen dann noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionen in den Einrichtungen hinzu. Ohne die Entlastungszuschläge wären es im Schnitt für alle nun 2.610 Euro pro Monat als gesamte Zuzahlung, wie aus den Daten hervorgeht, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen.

Darunter stieg allein der Eigenanteil für die reine Pflege binnen zwölf Monaten um 281 Euro auf durch­schnitt­lich 1.245 Euro pro Monat. Als Kostenbremse gibt es seit 2022 neben den Zahlungen der Pflegekasse einen Zuschlag, der mit längerer Aufenthaltsdauer steigt.

Den Eigenanteil nur für die Pflege drückt dies im ersten Jahr im Heim um fünf Prozent, im zweiten um 25 Prozent, im dritten um 45 Prozent, ab dem vierten Jahr um 70 Prozent. Auch mit dem höchsten Zuschlag gingen die Zuzahlungen aber im Schnitt auf 1.738 Euro pro Monat hoch – das waren 165 Euro mehr als Mitte 2022. Ausgewertet wurden Vergütungsvereinbarungen der Pflegekassen mit Heimen in allen Bundesländern. Die Daten beziehen sich auf Bewohner mit den Pflegegraden 2 bis 5.

Hintergrund der Kostensprünge sind auch höhere Personalausgaben. Denn seit September 2022 müssen alle Einrichtungen Pflegekräfte nach Tarifvertrag oder ähnlich bezahlen, um mit den Pflegekassen abrechnen zu können. Die Vorgabe hatte noch die schwarz-rote Vorgängerregierung auf den Weg gebracht – auch um Pfle­gekräfte im Beruf zu halten und zu gewinnen.

„Wir unterstützen die Maßnahmen für eine faire Bezahlung des Pflegepersonals“, sagte Jörg Meyers-Midden­dorf, Vertreter des Vorstands beim Ersatzkassenverband. Es könne aber nicht sein, dass stetig steigende Kos­ten zum Großteil die Pflegebedürftigen schultern müssten. „Wenn der Aufenthalt im Pflegeheim von immer mehr Menschen nicht mehr bezahlt werden kann, läuft etwas gründlich schief.“

Dabei gibt es regionale Unterschiede. Am teuersten war die Pflege im ersten Jahr im Heim in Baden-Württem­berg mit nun im Schnitt 2.913 Euro pro Monat – am niedrigsten war die Belastung in Sachsen-Anhalt mit 1.994 Euro. Für Unterkunft und Verpflegung waren im bundesweiten Schnitt nun 888 Euro im Monat fällig, nach 814 Euro Mitte 2022.

Um weiteren Mehrbelastungen gegenzusteuern, hat der Bundestag eine Pflegereform beschlossen. Nach dem Gesetz von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) werden die Entlastungszuschläge zum 1. Januar 2024 erhöht.

Den Eigenanteil für die reine Pflege soll das im ersten Jahr im Heim um 15 statt bisher fünf Prozent drücken, im zweiten Jahr um 30 statt 25 Prozent, im dritten um 50 statt 45 Prozent, ab dem vierten Jahr um 75 statt 70 Prozent.

Dies dürfte den Trend aber nur kurzfristig abmildern, sagte Meyers-Middendorf vom Ersatzkassenverband. „Es braucht zeitnah eine Lösung zur nachhaltigen Entlastung der Pflegebedürftigen, die nicht allein auf dem Rü­cken der Beitragszahler lastet.“

Dazu gehöre, die Länder endlich zur Übernahme der Investitionskosten in den Heimen zu verpflichten. Das würde Pflegebedürftige umgehend entlasten – nach den neuen Zahlen vom 1. Juli durchschnittlich um 477 Euro pro Monat.

Von der Privaten Krankenversicherung (PKV) hieß es, die Politik müsse sich endlich ehrlich machen. „Ohne mehr Pflegevorsorge werden in unserer alternden Gesellschaft die Beitragszahler und der Bundeshaushalt total überfordert“, sagte PKV-Verbandsdirektor Florian Reuthe.

Er wies darauf hin, dass Wissenschaftler auf eine kapitalgedeckte Pflegezusatzversicherung setzten. Das würden der Pflegeexpertenrat unter Prof. Jürgen Wasem ebenso wie der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums empfehlen. „Solche nachhaltigen Vorsorgelösungen kann die Politik mit einfachen Mitteln fördern, etwa durch Steuerabzugsfähigkeit der Beiträge.“

dpa

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