Lauterbach hebt großen Wert der Pflege zu Hause hervor

Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat den großen Wert der Betreuung von Pflegebedürftigen in den Familien zu Hause hervorgehoben. „Die Pflege durch Angehörige ist nicht der billige Pflegedienst“, sagte der SPD-Politiker beim Bundesverbandstag des Sozialverbands VdK in Berlin.
Dies bedeute den Erhalt der Familienstrukturen, was sich jeder wünsche, wenn es noch möglich sei. Daher sollte das höchste Ziel einer jeden Pflegereform sein, diese Form der Pflege zu erhalten und auch weiter auszubauen.
Lauterbach signalisierte mit Blick auf laufende Verhandlungen in der Ampelkoalition über die geplante Pflegereform, sich noch für weitere Verbesserungen für die Pflege daheim einzusetzen. So gehe es darum, ob doch noch ein „Entlastungsbudget“ hinzubekommen sei.
Es könnte Unterstützungsleistungen zusammenführen, die Pflegebedürftige dann flexibel abrufen können. Er hoffe, dass man zu einem guten Ergebnis komme, sagte Lauterbach. Zugleich müsse man innerhalb des Rahmens des Haushalts arbeiten, der ein Einhalten der Schuldenbremse vorsehe.
Der Sozialverband VdK hatte für die häusliche Pflege mehr Unterstützung angemahnt. „Die Politik lässt vier Millionen Pflegebedürftige, die von ihren Familien zu Hause gepflegt werden, im Stich“, sagte Verbandspräsidentin Verena Bentele zur Veröffentlichung einer Studie des VdK zur häuslichen Pflege.
„Die Datenlage ist eindeutig: Wir wissen, wo es hakt und wer Unterstützung braucht – und dann folgt vonseiten der Politik nichts“, so Bentele. An der Untersuchung nahmen nach VdK-Angaben rund 54.000 Menschen teil. Bentele wollte sie heute beim VdK-Bundesverbandstag Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) überreichen.
Die Analyse verdeutliche „den dringenden Handlungsbedarf der Politik“, erklärte der VdK. Pflegende Angehörige leisteten unentgeltlich den Großteil der Pflege zu Hause. Sie würden aber in vielen Lebenslagen alleine gelassen. Die Belastungen in der häuslichen Pflege seien enorm.
Der Untersuchung zufolge betreuen 37 Prozent der Pflegenden ihre Angehörigen schon länger als fünf Jahre, 23 Prozent pflegen demnach mindestens 40 Stunden in der Woche. Die Mehrheit der Pflegenden (59 Prozent) vernachlässige die eigene Gesundheit, hieß es weiter.
Trotzdem hätten 93 Prozent bisher keinen Zugang zur Tagespflege gefunden, 62 Prozent nutzten keinen Pflegedienst. Es fehlten passende Angebote oder die Zuzahlungen seien zu hoch, bemängelte der VdK. Aufgrund „enormer Bürokratie“ und fehlender Beratungsangebote würden viele Angebote nicht abgerufen. Die Pflegeversicherung spare dadurch zwölf Milliarden Euro im Jahr.
Als besonders vulnerable Gruppe hob Bentele pflegende Eltern hervor. Diese würden von der Politik vergessen. Dabei sei der Umfang ihrer Pflegeleistung immens: Mehr als die Hälfte der betroffenen Eltern (54 Prozent) pflege ihre Kinder mehr als 39 Stunden pro Woche. 64 Prozent der Eltern unterstützten ihr Kind regelmäßig auch in der Nacht.
Es müsse nun eine echte Pflegereform umgesetzt werden, forderte Bentele. „Die Nächstenpflegenden brauchen jetzt Unterstützung. Die im Koalitionsvertrag versprochene Stärkung der häuslichen Pflege muss jetzt endlich ins Gesetz.“
Die Ampelkoalition hatte Anfang April einen Gesetzentwurf zur Pflegereform verabschiedet. Er sieht unter anderem mehr Mittel für die häusliche Pflege vor. Die Kassen und mehrere Sozialverbände monierten aber, die Reform gehe nicht weit genug.
Die Gesetzespläne stehen voraussichtlich in der nächsten Woche zur Verabschiedung auf der Tagesordnung des Bundestags. Sie sehen unter anderem vor, den Pflegebeitrag zum 1. Juli um 0,35 Prozentpunkte anzuheben – für Menschen ohne Kinder noch etwas stärker. Das soll auch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts umsetzen. Aktuell liegt er bei 3,05 Prozent des Bruttolohns, für Kinderlose bei 3,4 Prozent.
Das zuletzt 2017 erhöhte Pflegegeld für Pflegebedürftige daheim soll Anfang 2024 um fünf Prozent steigen. Für Pflegebedürftige im Heim sollen im vergangenen Jahr eingeführte Zuschläge Anfang 2024 erhöht werden.
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