Ärzteschaft

Positionspapiere: KBV konkretisiert Strategien für Digitalisierung

  • Mittwoch, 27. September 2017
/djama, stock.adobe.com
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Berlin – Wie ist die digitale Transformation des Gesundheitswesens zu bewerkstelligen, und welche Voraussetzungen müssen gegeben sein? Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat in zwei Positionspapieren ihre Vorstellungen zur sinnvollen Digitalisierung des Gesundheitswesens und zur elektronischen Patientenakte konkretisiert.

Die zentrale Herausforderung der Zukunft ist aus ihrer Sicht danach die digitale Vernetzung aller Akteure im Gesundheitswesen – einschließlich der Patienten. Dabei müssten Datensicherheit, Praktikabilität und Aufwand in Balance gebracht werden. „Es bedarf einer anwendungsorientierten E-Health-Strategie mit konkreten Zielen, um das volle Potenzial der Digitalisierung für die vertragsärztliche Versorgung auszuschöpfen“, heißt es in dem elf Punkte umfassenden Papier zur „Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung“.

Die Telematikinfrastruktur (TI) als Datendrehscheibe für eine sektorenübergreifende sichere Vernetzung wird begrüßt, allerdings müssten neben Ärzten, Psychotherapeuten, Krankenhäusern und anderen Gesundheitsberufen insbesondere auch die Patienten einen Zugang zur TI erhalten.

Wichtiger Beitrag von telemedizinischen Lösungen

Der Einsatz technischer Mittel eignet sich dem Papier zufolge unter anderem dazu, räumliche Distanzen zu überwinden und die flächendeckende ärztliche Versorgung zu verbessern. So könnte beispielsweise die assistierte Videosprechstunde, die nichtärztliche Praxisassistenten einbindet, einen wesentlichen Beitrag zur Sicherstellung der Versorgung auf dem Land übernehmen. Auch zur Entlastung der Notfall- und Bereitschaftsdienste biete sich die Videosprechstunde als erste Anlaufstelle für Patienten an.

Für die Einführung solcher digitalen Dienste und Anwendungen ist aus Sicht der KBV jedoch ein größerer gesetzlicher Spielraum erforderlich. Sollte etwa die Industrie nicht in der Lage sein, die erforderlichen technischen Komponenten „zeitgerecht, interoperabel und zu angemessenen Preisen“ verfügbar zu machen, fordert die KBV vom Gesetzgeber die Einräumung der Möglichkeit, selbst Produkte am Markt anzubieten oder deren Entwicklung zu beauftragen. Auch benötige die Selbstverwaltung eine gesetzliche Grundlage dafür, die notwendigen offenen und einheitlichen IT-Standards für die vertragsärztliche und die sektorenübergreifende Versorgung verbindlich vorzugeben.

Orientierung im Markt für Gesundheits-Apps

Um eine Orientierung im Markt digitaler Gesundheits-Apps zu ermöglichen, setzt sich die KBV darüber hinaus für eine unabhängige Institution unter Mitwirkung der Selbstverwaltung ein, die sinnvolle IT-Anwendungen für die Regelversorgung auswählt und zulässt, sofern Nutzen, Datenschutz und -sicherheit der Applikationen nachgewiesen sind. 

Die für den verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Diensten und Anwendungen erforderlichen speziellen Kompetenzen bei allen Beteiligten müssten gefördert werden.

Patientenakte ergänzt bestehende Dokumentation und Kommunikation

Im Positionspapier zur elektronischen Patientenakte (ePA) begrüßt die KBV die Initiative des Gesetzgebers, eine solche Akte schrittweise einzuführen. Die ePA könne den Austausch zwischen allen an der Versorgung Beteiligten verbessern und „somit die Effektivität, Effizienz und Qualität in der Versorgung steigern“, heißt es darin. Die Akte sei sinnvoll als Ergänzung zu bestehenden Dokumentations- und Kommunikationswegen, sie ersetze aber weder die Primärdokumentation des Arztes noch die Arzt-Arzt-Kommunikation.  

Die KBV macht sich zudem für die Aufgabe des vom Gesetzgeber vorgesehenen Zwei-Schlüssel-Prinzips stark, weil einerseits der Patient auch ohne Anwesenheit eines Arztes auf seine Daten zugreifen, andererseits auch der Arzt in Abwesenheit des Patienten Dokumente in dessen Akte einstellen können sollte.

Weitere Forderungen der Vertragsärzte: Ein bürokratischer Mehraufwand, etwa durch Mehrfachdokumentation, muss vermieden werden. Zudem muss der Arzt die Lösungen aller unterschiedlichen Anbieter nutzen können, daher muss die ePA „sowohl hinsichtlich der in ihr enthaltenen Daten als auch beim Zugriff interoperabel sein“.

Keine Insellösungen

Um Insel- oder Parallellösungen für patientenzentrierte Gesundheitsakten auszuschließen und eine bundesweite patientenzentrierte Akte umzusetzen, ist aus Sicht der KBV außerdem eine Überarbeitung der entsprechenden gesetzlichen Regelungen in § 291 a Sozialgesetzbuch (SGB) V und des § 68 SGB V erforderlich.

Es sei zudem sicherzustellen, dass jeder Patient nur eine ePA habe, den Anbieter aber jederzeit wechseln könne. Die Daten in der Akte übermitteln Ärzte, wohingegen Patienten mittels Apps, Wearables und anderen Quellen selbst erhobene Daten in das Patientenfach der ePA einstellen sollen. Als oberste Maxime gelte die zweckgebundene Nutzung aller in der Akte befindlichen Daten, geknüpft an die Einwilligung des Patienten.

KBr

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