Bundesgesundheitsministerium kündigt E-Health-Gesetz Teil II an

Essen – In der neuen Legislaturperiode wird es einen zweiten Teil des E-Health-Gesetzes geben. Das hat Stefan Bales, Ministerialrat im Bundesministerium für Gesundheit (BMG), auf der Fachtagung „eHealth.NRW – Das digitale Gesundheitswesen“ angekündigt. Teil der Reform soll unter anderem die elektronische Patientenakte (ePA) sein. In die Novelle soll laut Bales auch einfließen, dass Ärzte und Apotheker die Kosten, die sie aufgrund der Telematikinfrastruktur (TI) haben, erstattet bekommen. Wie viel es konkret geben soll, sagte er nicht.
Darüber hinaus ist dem BMG-Mitarbeiter zufolge vorgesehen, das E-Health-Gesetz II so zu „unterfüttern“, dass neben dem Versichertenstammdatenmanagement (VSDM) in der neuen Legislaturperiode und der ePA mindestens zwei weitere Anwendungen starten können. Bales nannte den elektronischen Medikationsplan und das Notfalldatenmanagement (NFDM). In Bezug auf die ePA sagte Bales, die Akte solle vom Patienten einsehbar sein. Hinterlegt sein soll sie aus Sicherheitsgründen bei der gematik.
VSDM soll Vernetzung etablieren
Bales räumte auch ein, dass die Einführung der TI bisher viel zu lang gedauert hat. „Wir sehen aber auch, dass die Mittel, die wir durch das E-Health-Gesetz angewendet haben, erfolgreich waren“, betonte er. Daher gehe er davon aus, „dass wir im vierten Quartal dieses Jahres mit der Vernetzung anfangen“. Und dann soll auch das bei den Ärzten umstrittene und unbeliebte VSDM starten. Das habe die Politik allerdings nicht um seiner selbst willen als erste Anwendung ins Gesetz geschrieben. „Mit dem VSDM soll die Vernetzung der Ärzte etabliert werden“, betonte Bales.
Der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Thomas Kriedel, wiederholte in Düsseldorf seine Prognose, dass Ende 2018 alle Praxen in Deutschland mit der Telematik-Infrastruktur (TI) ausgestattet sind. Der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung der gematik machte zugleich deutlich, dass noch in diesem Quartal die ersten, für den Routinebetrieb zugelassenen Konnektoren auf den Markt kommen müssen, um diesen Zeitplan einzuhalten.
Kriedel warb zugleich um Verständnis dafür, dass es mit dem Aufbau der TI und dem Bereitstellen der technischen Komponenten so lange gedauert hat. „Die Komponenten für die TI werden speziell für dieses System entwickelt. Die Hersteller können sie nicht auf dem Weltmarkt einkaufen.“ Außerdem sei Sicherheit das oberste Gebot, die Anforderungen des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) seien hoch. „Das macht die Sache langsamer, teurer und fehleranfälliger, weil die Komponenten ja neu sind und zuvor noch nie getestet wurden“, so Kriedel.
Erwartungen an Funktionsumfang nicht zu hoch setzen
Zugleich dämpfte der KBV-Vorstand voreilige und zu hohe Erwartungen an den Funktions- und Anwendungsumfang der TI: „Die Digitalisierung ist wie ein Straßennetz. Erst kommt die Hauptstraße, und dann die Nebenstraßen.“ Das sei auch bei der TI nicht anders. Als erste Anwendung ist das Versichertenstammdaten-Management (VSDM) geplant. „Für die Versorgung bringt das aber nicht wirklich viel.“ Entscheidend für die Akzeptanz der TI seien daher Anwendungen, die für alle Beteiligten Nutzen haben.
Im Moment gebe es lediglich einzelne Projekte wie etwa die elektronische Arztvisite (elVi) in Westfalen-Lippe oder die Online-Video-Sprechstunde auf Bundesebene. Anders werde das mit dem Notfalldatenmanagement (NFDM), das als erste versorgungsrelevante Anwendung geplant ist. „Wir sind gerade dabei, auf der Bundesebene mit den Kassen eine Vergütung auszumachen“, schilderte Kriedel. Unklar sei auch noch, wie groß der Notfalldatensatz sein soll, welche Daten wirklich nötig seien und dementsprechend gespeichert werden sollten.
Nutzen von Anwendungen steigert Akzeptanz von TI
Um eine einheitliche digitale Kommunikation unter den Kliniken zu ermöglichen, hat sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) für die eFA entschieden. „Eine Fallakte hat eine ganz klare Aufgabe. Daher sollte sie das Erste sein, was in dieser Hinsicht startet“, forderte Jan Neuhaus. „Denn da entsteht Nutzen für die Leistungserbringer und für die Patienten“, so der Geschäftsführer des Dezernats III „IT, Datenaustausch und E-Health“ der DKG weiter. Und mit dem Nutzen steige auch die Akzeptanz. Seiner Ansicht nach ist die TI eine Plattform für Versorgungsprozesse. „Die Versorgungsprozesse möchte ich aber nicht bei der gematik sehen.“ Die gematik habe die Plattform zu sichern, aber nicht die Versorgungsprozesse.
Die TI nicht überfrachten
Gabriele Regina Overwiening plädierte dafür, die TI jetzt zügig voranzubringen, denn sie sei ein wichtiger Baustein für die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS). Das zeige das Projekt „Arzneimitteltherapieinitiative in Thüringen und Sachsen“ der Bundesvereinigung der Deutschen Apothekerverbände (ABDA) und KBV. Nach Ansicht der Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe ist dieses digitale Netzwerk von niedergelassenen Ärzten und Apothekern „eine gute Plattform für eine Vernetzung ist, um eine Verbesserung der AMTS zu erzielen“. Die Ergebnisse des Projektes seien „sehr gut“. Damit sei auch noch mal deutlich geworden, dass das heilberufliche Netzwerk gebraucht wird.
Finanzierungslücken könnten Rollout verzögern
Im Hinblick auf die Anbindung der Apotheken an die TI ist Erich Gehlen skeptisch. „Es gibt noch keine Finanzierungsvereinbarung“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Duria eG, einem genossenschaftlich organisiertem Software-Anbieter in Düren, der durch die Zusammenarbeit von ehrenamtlich engagierten Ärzten und Software-Entwicklern entstanden ist. Daher ist es seiner Ansicht nach „mutig, bereits von neuen Anwendungen zu sprechen“. Er gehe davon aus, dass sich das Rollout der TI weiter verzögern wird. „Wir werden die erste Installation in der Praxis machen, ohne das einmal getestet zu haben.“ Da die Komponenten vollkommen neu seien, gebe es keinerlei Testumgebung. „Das ist ein Riesenproblem, was ich da draußen sehe.“
Ein anderes großes Problem sieht Axel Wehmeier hinsichtlich der bereits von Kriedel erwähnten „Finanzierungslücken“ bei der Vergütung des Notfalldaten- und Arzneimittel-Managements. „Das muss man jetzt schnell regeln, wenn wir nächstes Jahr mit diesen Anwendungen auf den Markt müssen“, mahnte der Geschäftsführer der Deutschen Telekom Healthcare and Security Solutions.
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