Private-Equity-Übernahmen erhöhen Kosten für Patienten und Kostenträger

Berlin – Die Übernahme medizinischer Versorgungseinrichtungen (MVZ) durch Private-Equity-Gesellschaften (PEG) führt überwiegend zu höheren Kosten für Patienten und Kostenträger. Zu diesem Ergebnis kommt eine im British Medical Journal veröffentlichte Metastudie. Mit Blick auf die Qualität der medizinischen Versorgung sind die Ergebnisse demnach jedoch nicht belastbar genug (2023; DOI: 10.1136/bmj-2023-075244).
Die Autorinnen und Autoren aus den USA, Kanada und Israel hatten 55 Studien identifiziert, die sich mit den Auswirkungen der Übernahme von Gesundheitseinrichtungen durch PEG in acht Ländern – darunter neben den USA auch Schweden, Großbritannien, Kanada, die Niederlande und Deutschland – befassen und deren Ergebnisse in verschiedenen Kategorien analysiert.
Die untersuchten Einrichtungen reichten dabei von Krankenhäusern über Pflegeheime bis zu Hospizen und umfassten auch zahlreiche fachärztliche Einrichtungen, darunter dermatologische, ophthalmologische, urologische und gynäkologische Praxen.
„Obwohl die Zahl der Studien, die Auswirkungen auf die Kosten für Patienten oder Kostenträger feststellten, nicht so hoch war wie die der Studien, die sich auf die Qualität bezogen, deuteten die übereinstimmenden Ergebnisse der meisten Studien darauf hin, dass der Besitz von Private Equity im Allgemeinen mit höheren Kosten verbunden war“, schreibt das Team um den Medizinsoziologen Alexander Borsa vom Department of Sociomedical Sciences der Columbia University New York.
Von den zwölf Studien, die sich mit den finanziellen Auswirkungen beschäftigten, habe keine eine Verringerung der Kosten für Patienten beziehungsweise Kostenträger gezeigt. Demgegenüber standen neun, die eine Kostensteigerung befanden, und drei, laut derer keine Auswirkungen festzustellen waren.
So sei beispielsweise in einer Arbeit festgestellt worden, dass in Krankenhäusern, die sich im Besitz von PEG befinden, die Kosten pro stationärem Tag sowie für die Notaufnahme gestiegen sind. Eine andere kam zu dem Schluss, dass die Übernahme durch eine PEG mit einem Anstieg der zwischen Krankenhäusern und privaten Versicherern ausgehandelten Preise sowie mit einem Spillover-Effekt bei den Gesundheitsausgaben auf die lokalen Märkte verbunden war.
„Diese Ergebnisse deuten auf eine Vielzahl möglicher Mechanismen hin, die den erhöhten Kosten für Patienten oder Kostenträger zugrunde liegen, darunter direkt durch erhöhte Gesamtgebühren, das Verhältnis zwischen Gebühren und Kosten und von den Kostenträgern bewilligte Beträge sowie indirekt durch angehäufte Marktmacht und Spillover-Effekte“, schlussfolgern die Autoren der Metastudie.
Ob auch für die Betreiber von Gesundheitseinrichtungen die Kosten steigen, habe hingegen nicht eindeutig beantwortet werden können. Einerseits sei die Zahl der Studien, die sich mit den Kosten für die Betreiber befassten, zu gering, andererseits seien die Ergebnisse zu uneinheitlich gewesen, als dass man endgültige Schlussfolgerungen hätte ziehen können.
Ergebnisse zur Behandlungsqualität
Ähnlich sah es bei der Behandlungsqualität aus. Es lasse sich zusammenfassend sagen, dass in 21 Studien zumindest irgendeine Form von schädlichen Auswirkungen festgestellt wurde, während es in zwölf Studien irgendeine Form von positiven Auswirkungen waren.
Zwar seien diese Ergebnisse widersprüchlich, doch würden die größere Prävalenz schädlicher Auswirkungen und die Studien, die ausschließlich schädliche Auswirkungen feststellen, darauf hindeuten, dass die Bilanz mindestens durchwachsen ist oder der Besitz durch PEG tendenziell eher schlechte Auswirkungen auf die Qualität hat. Die Sensitivitätsanalyse der Studien relativiere diese Erwägung jedoch eher, als dass es sie stärken würde.
Bei den Studien mit positiven Ergebnissen zur Qualität wurde unter anderem ein Anstieg der Qualitätswerte für akute Myokardinfarkte und Lungenentzündungen in Krankenhäusern mit PEG-Beteiligung im Vergleich zu entsprechenden Krankenhäusern ohne diese Beteiligung festgestellt. Einer anderen Studie zufolge war PEG-Beteiligung mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit von Versorgungsengpässen während des Beginns der COVID-19-Pandemie verbunden.
Bei den negativen Auswirkungen zeigten Studien demnach in Pflegeheimen eine geringere Mitarbeiterqualität und niedrigere Kundenempfehlungen oder aber eine geringere Personaldichte und ein geringeres Ausbildungsniveau im Vergleich zu gemeinnützigen und anderen privaten Einrichtungen.
Eine andere Studie wiederum stellte einen Rückgang der Qualität eines von PEG übernommenen Krankenhausverbunds fest, während die Qualitätswerte eines akademischen Krankenhausverbunds, der sich nicht in PEG-Besitz befand und eine ähnliche Expansion durchlief, im gleichen Zeitraum anstieg.
In Arztpraxen wiederum habe sich einer anderen Studie zufolge feststellen lassen, dass die Fluktuationsraten höher sind, wenn sie sich in PEG-Besitz befinden. Auch sei sichtbar geworden, dass Urologen in Praxen, die sich in PEG-Besitz befinden, nach der Übernahme mehr Patienten auf ihrem Terminplan hatten, und dass diese Patientenbesuche im Allgemeinen kürzer waren als vor der Akquisition.
„Obwohl die spezifischen Dimensionen der Qualität in den einzelnen Studien variierten, deutet die hohe Prävalenz von Qualitätsveränderungen – ob vorteilhaft, schädlich oder gemischt – darauf hin, dass dieser Bereich wahrscheinlich durch PEG-Eigentum beeinflusst wird“, schlussfolgern die Autoren der Metastudie.
Darüber hinaus seien Qualitätseffekte häufig in den Jahren unmittelbar nach einer Übernahme zu beobachten gewesen, was darauf schließen lasse, dass PEG möglicherweise sofortige Änderungen an den übernommenen Einrichtungen vornehmen. PE-Eigentum sei dabei fast ausschließlich mit negativen Auswirkungen auf die Patientenzufriedenheit, den operativen Betrieb und die allgemeinen Qualitätswerte in Verbindung gebracht worden.
Bei den Studien wiederum, die gemischte Auswirkungen von PEG-Eigentum feststellten, habe es häufig Kompromisse bei den damit verbundenen Qualitätskategorien gegeben. So habe in untersuchten Fällen beispielsweise die Zahl der niedrig qualifizierten klinischen Beschäftigten zugenommen, während die Zahl der hoch qualifizierten reduziert wurde. In anderen Fällen sei beobachtet worden, dass zwar mehr Termine vergeben wurden, allerdings fast ausschließlich für Privatpatienten, während die Termine für gesetzlich Versicherte reduziert wurden.
Insgesamt konnte die Studie also zwar keine eindeutigen Auswirkungen nachweisen, jedoch würden die Belege, die gefunden wurden, darauf hindeuten, dass der Anstieg der Gesundheitskosten für Patienten oder Kostenträger durch PEG-Eigentum in erster Linie auf höhere Gebühren und mit den Kostenträgern ausgehandelte höhere Sätze zurückzuführen sei.
Zumindest im letzten Punkt ist jedoch fragwürdig, wie zutreffend dieser Befund mit Blick auf Deutschland ist. Schließlich werden Gebühren und Sätze hier deutlich seltener als beispielsweise in den USA direkt zwischen Einrichtungen und Kostenträgern ausgehandelt.
Schaut man auf die Qualität der Gesundheitsversorgung, würden die untersuchten Studien hingegen auf gemischte Auswirkungen von PEG-Eigentum auf die Qualität der Gesundheitsversorgung hinweisen. Dabei gebe es mehr Belege dafür, dass die Übernahme durch Private-Equity-Gesellschaften die Qualität eher verschlechtert als verbessert.
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