Protest wegen ungeregelter Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung

Würzburg – Immer noch ist die Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung in Deutschland ungeregelt. Der Protest gegen die untätige Politik war heute im Vorfeld des 44. Deutschen Psychotherapeutentag (DPT) in Würzburg laut und deutlich.
„Keine Finanzierung, keine Therapie“, skandierten Studierende, Hochschullehrer, Psychotherapeuten in Ausbildung, neuapprobierte Psychotherapeuten, Vertreter von Ausbildungsstätten, Psychotherapeutenverbänden, Psychotherapeutenkammern und Delegierte des DPT vor dem Congress Centrum Würzburg. „Psychotherapeuten in Warteschleife statt in Weiterbildung“ war auf den Plakaten zu lesen.
„Wir haben bereits vor über einem Jahr Vorschläge zur Finanzierung der Weiterbildung unterbreitet – und Bundesgesundheitsminister Lauterbach reagiert nicht“, rief Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) in die Menge.
„Ohne eine Gesetzesänderung werden viele Absolventinnen und Absolventen des neuen Studiengangs Psychologie/Psychotherapie keine Weiterbildungsstellen finden, die sie brauchen, um Fachpsychotherapeuten zu werden. Ohne die ist aber die psychotherapeutische Versorgung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen nicht mehr sichergestellt“, erläuterte Benecke.
„Die ersten Studierenden beenden in Bayern im Herbst dieses Jahres ihr Masterstudium nach dem neuen Psychotherapeutengesetz“, betonte Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach. Danach stelle sich für sie die Frage, ob und in welcher Einrichtung sie eine Fach-Weiterbildung beginnen könnten.
„Gerade mit Blick auf die künftige psychotherapeutische Versorgung in Bayern ist es essenziell, dass möglichst viele Absolventen eine Weiterbildung machen“, betonte Gerlach. Umso wichtiger sei es, dass die Kliniken jetzt finanziell in die Lage versetzt würden, ausreichend viele Stellen für die Weiterbildung der Psychotherapeuten zu schaffen.
Gerlach betonte, Bayern habe im Bundesrat einen Beschluss unterstützt, wonach der Bund die für die Niederlassung als Psychotherapeut erforderliche fachtherapeutische Weiterbildung finanziell absichern solle. Mehr könnten die Länder nicht tun. „Daher lautet meine eindringliche Aufforderung an Bundesgesundheitsminister Lauterbach: Geben Sie den angehenden Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten eine verlässliche Perspektive!“, sagte Gerlach.
Seit September 2020 gibt es einen neuen Qualifizierungsweg für Psychotherapeuten: ein Hochschulstudium der Klinischen Psychologie und Psychotherapie mit Approbation und einer anschließenden fünfjährigen Weiterbildung zum Fachpsychotherapeuten. Angelehnt wurde die Struktur mit dem Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz an die ärztliche Weiterbildung. Bisher gibt es jedoch keine Regelung zur Finanzierung der neuen psychotherapeutischen Weiterbildung.
In der Weiterbildung haben die Teilnehmenden Anspruch auf ein angemessenes Gehalt. Unklar ist bislang indes, wie dieses Gehalt vor allem im ambulanten Bereich finanziert werden soll. Praxen, Hochschulambulanzen und künftige Weiterbildungsinstitute hängen in Bezug auf die Schaffung von Stellen von den Regelungen zur Finanzierung ab.
Auf den dringenden Handlungsbedarf wurde bereits 2023 mit einer erfolgreichen Bundestagspetition aufmerksam gemacht. In der Folge der öffentlichen Anhörung im Petitionsausschuss des Bundestages hat dieser am 13. Dezember 2023 die Petition zur Finanzierung der psychotherapeutischen Weiterbildung mit dem höchstmöglichen Votum „zur Berücksichtigung“ an die Bundesregierung überwiesen. Dieser Beschluss wurde am 18. Januar durch den Bundestag bestätigt.
„Uns rennt die Zeit davon, wir brauchen noch in diesem Sommer eine Regelung zur Finanzierung der Weiterbildung“, sagte Felix Kiunke, der die Bundestagspetition initiiert hatte. Es sei seit drei Wochen approbierter Psychotherapeut und es gebe nun für ihn keine Weiterbildungsstelle. Ab dem nächsten Jahr sei mit rund 2.500 Absolventen der Studiengänge jährlich zu rechnen. Alle brauchten endlich Klarheit.
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