Psychische Störungen bei Minderjährigen während der Coronapandemie

Köln – Die Versorgungssysteme konnten generell auf den stationären Versorgungsbedarf von psychisch kranken Kindern während der COVID-19-Pandemie reagieren. Zu diesem Ergebnis kommt das Autorenteam um Michael Kölch, in der Analyse der bundesweiten Krankenhausdaten (Dtsch Arztebl Int 2023; 120. DOI: 10.3238/arztebl.m2023.0010).
Allerdings, so die Autoren, ist für die Zukunft ein Monitoring nötig dass mögliche Veränderungen im Diagnosespektrum und einen ansteigenden Behandlungsbedarf evaluiert. Damit ließe sich die Versorgung psychisch erkrankter Minderjähriger steuern und man könnte gegebenenfalls mittels Flexibilisierung und neuen Behandlungsformen reagieren.
Dieses wäre, so Kölch et al., sektorübergreifend notwendig. Denn es ist nicht auszuschließen, dass es nun nach der Pandemie zu einem Rückschlag kommt, da zunehmende ambulante und stationäre Wartezeiten bei unverändert gesunkener Verweildauer verzeichnet werden.
Hier sind auch Kinder zu berücksichtigen, die sozial benachteiligt sind und Verhaltensauffälligkeiten zeigen. Diese Kinder standen bisher während der Pandemie zu wenig im Fokus, laufen aber Gefahr, längerfristige Benachteiligung zu erleben.
Zu Beginn der Pandemie wurde von starken Fallzahlrückgängen im stationären Sektor, andererseits von fehlenden Behandlungskapazitäten berichtet. Anhand der bundesweiten wurden Veränderungen in der Zahl der stationär behandelten Fälle mit psychiatrischen Diagnosen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie (KJPP) und Pädiatrie ausgewertet.
Die absoluten und prozentualen Veränderungen waren bezogen auf Diagnosen und Fachgebiete sehr unterschiedlich und es gab Zunahmen aber auch Abnahmen bei einzelnen Diagnosen. Bei Patienten mit Angst- und Zwangsstörungen zeigte sich keine Veränderung in der KJPP, aber in der Pädiatrie.
Im Vergleich zwischen KJPP und Pädiatrie konnten deutliche Gruppenunterschiede in der Veränderung der Diagnosen bei den Alkoholintoxikationen, den Essstörungen und der absichtlichen Selbstbeschädigung nachgewiesen werden.
Die Krankenhausdaten machen bundesweit eine unverändert hohe Inanspruchnahme der KJPP während der Pandemie deutlich, bei einer Veränderung des Diagnosespektrums und einer deutlichen Verweildauerverkürzung. Die Verweildauer zeigte bereits vor der Pandemie eine große Standardabweichung.
Limitierend kann keine Aussage zum Schweregrad der behandelten Störungen getroffen werden. Die Definition von Notfällen birgt anhand der verfügbaren Daten mögliche Überschneidungen. Aufgrund der Datenstruktur war eine geschlechtsspezifische und regionale Analyse nicht möglich.
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