Ausland

Biden kündigt Abwurf von Hilfsgütern über Gazastreifen an

  • Montag, 4. März 2024
/picture alliance, Anadolu, Dawoud Abo Alkas
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Washington – Nach dem Tod dutzender Menschen bei der Ankunft von Lebensmittelhilfen in Gaza hat US-Präsident Joe Biden den Abwurf von Hilfsgütern über dem Gazastreifen angekündigt. „Wir müssen mehr tun, und die Vereinigten Staaten werden mehr tun“, sagte Biden vor Reportern im Weißen Haus.

In den kommenden Tagen wollten sich die USA anderen Ländern wie etwa Jordanien anschließen und im Gazastreifen Lebensmittel sowie andere Hilfsgüter aus der Luft abwerfen. Zudem wollten die USA die Mög­lich­keit eines Schifffahrtskorridors prüfen, um große Mengen an Hilfsgütern in den Gazastreifen zu bringen, sagte Biden.

Er werde gegenüber der israelischen Regierung „darauf bestehen“, dass mehr Hilfskonvois in das Palästinen­sergebiet gelassen werden. Die bisher in den Gazastreifen gelieferte Hilfe reiche „bei Weitem nicht aus“, be­tonte der US-Präsident. „Unschuldige Menschenleben stehen auf dem Spiel, Kinderleben stehen auf dem Spiel.“

US-Vizepräsidentin Kamala Harris hat Israel wegen unzureichender Hilfslieferungen in den Gazastreifen kritisiert und eine sofortige Waffenruhe in dem Palästinensergebiet gefordert. „Angesichts des riesigen Aus­maßes an Leid in Gaza muss es eine sofortige Waffenruhe für mindestens die nächsten sechs Wochen geben“, sagte Harris gestern.

Heute will sie in Washington den einflussreichen israelischen Minister Benny Gantz treffen. Ein Vorschlag für eine entsprechende Feuerpause, die auch mehr Hilfslieferungen in den Gazastreifen sowie eine Freilassung von Geiseln in der Gewalt der Hamas ermöglichen würde, läge „auf dem Tisch“, sagte die Stellvertreterin von US-Präsident Joe Biden in der Stadt Selma.

„Die Hamas muss diesem Deal zustimmen.“ Die USA versuchen zusammen mit Ägypten und Katar eine Feuer­pause zwischen Israel und der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas zu vermitteln. In ungewöhn­lich scharfer Form rief Harris die Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu zudem auf, mehr Hilfsgüter in den Gazastreifen zu lassen.

„Die israelische Regierung muss mehr tun, um den Fluss von Hilfsgütern bedeutsam zu vergrößern“, sagte die Vizepräsidentin. „Keine Entschuldigun­gen.“ So müsse Israel weitere Grenzübergänge öffnen und dürfe keine „unnötigen Beschränkungen“ für eine Auslieferung von Hilfen auferlegen.

Auch US-Außenminister Antony Blinken forderte mehr Hilfslieferungen für den Gazastreifen. „Die Menschen brauchen dringend mehr Lebens­mittel, Wasser und andere Hilfe“, schrieb Blinken im Kurzbotschaften­dienst X, früher Twitter.

Die USA sind ein historischer Verbündeter Israels und stehen militärisch und diplomatisch an der Seite des Landes. Die Bidenregierung sieht das Vorgehen der israelischen Streitkräfte im Gazastreifen aber kritisch und dringt auf eine Waffenruhe, einen besseren Schutz von Zivilisten und mehr Hilfsgüter.

Biden und Harris stehen unter anderem mit Blick auf die Präsidentschafts­wahl am 5. November unter Druck: Muslimische Wähler sehen die Unterstützung der US-Regierung für Israel höchst kritisch, was den Präsidenten und seiner Stellvertreterin wichtige Stimmen kosten könnte.

Nach Angaben der israelischen Armee war es am vergangenen Donnerstag in der Stadt Gaza zu einem Ge­dränge gekommen, als tausende Menschen sich um einen Konvoi von 38 Hilfstransportern versammelten. Dabei habe es Dutzende Tote und Verletzte gegeben, von denen einige von Lastwagen überfahren worden seien. Ein Vertreter der israelischen Armee räumte eine „begrenzte“ Zahl von Schüssen durch israelische Soldaten ein, die sich „bedroht“ gefühlt hätten.

Das von der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium des Gazastreifens sprach von einem „Massaker“, bei dem mehr als hundert Menschen getötet worden seien. Der UN-Sicherheitsrat hat sich „zutiefst besorgt“ über den Tod von Dutzenden Menschen bei einer Hilfslieferung in der Stadt Gaza gezeigt.

Hunderte Hamas-Kämpfer waren am 7. Oktober nach Israel eingedrun­gen und Gräueltaten vorwiegend an Zivilisten verübt. Sie töteten nach israelischen Angaben etwa 1.160 Menschen und verschleppten rund 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen.

Als Reaktion auf den Hamas-Angriff geht Israel seither massiv militärisch im Gazastreifen vor, erklärtes Ziel ist die Zerstörung der Hamas. Dabei wurden nach Angaben des Hamas-Gesundheitsministeriums, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, seitdem mehr als 30.200 Menschen getötet.

Bei einem israelischen Angriff nahe einem Krankenhaus in Rafah im Süden des Gazastreifens sind unterdesen nach Angaben des von der radikalislamischen Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums elf Menschen getötet worden.

50 weitere Menschen seien bei dem Angriff auf von Zivilisten bewohnte Zelte in der Nähe der Emiratischen Geburtsklinik verletzt worden, erklärte Ministeriumssprecher Aschraf al-Kudra. Das israelische Militär sprach von einem „Präzisionsangriff“ auf Kämpfer des mit der Hamas verbündeten Islamischen Dschihad und betonte, das Krankenhaus habe dabei keinen Schaden erlitten.

Der Chef der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, verurteilte es als „entsetz­lich“, dass möglicherweise Zelte Geflüchteter beschossen worden seien. „Gesundheitspersonal und Zivilisten sind keine Ziele und müssen stets geschützt werden“, betonte Tedros und rief zu einer Waffenruhe im Gazastreifen auf.

afp/dpa

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