Medizin

Frühe Corona-Lockdowns senken Zahl neuer COVID-19-Fälle

  • Donnerstag, 16. Juli 2020
/Corona Borealis, stock.adobe.com
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Oxford/Cambridge – Beim Auftreten von SARS-CoV-2-Infektionen haben rasche physische Distanzierungsmaßnahmen wie die Schließung von Schulen, Arbeitsplätzen und öffent­lichen Verkehrsmitteln sowie die Einschränkung von Massenversammlungen positive Fol­gen: Die Lockdowns verringern die Zahl neuer COVID-19 Fälle. Das berichten britische und amerikanische Wissenschaftler im British Medical Journal (DOI: 10.1136/bmj.m2743).

„Die physische Distanzierung soll den Druck auf das öffentliche Gesundheitswesen und die Gesundheitsdienste verringern und Zeit für die Prävention und den Umgang mit der Krankheit schaffen. Aber es gibt nur wenige Daten aus dem wirklichen Leben über die Wirksamkeit von Maßnahmen zur physischen Distanzierung“, berichten die Forscher.

Die Forscher aus Oxford, Cambridge, Boston und anderen Zentren werteten daher Daten aus 149 Ländern und Regionen aus, die zwischen dem 1. Januar und dem 30. Mai 2020 eine oder mehrere von fünf Maßnahmen zur physischen Distanzierung wegen COVID-19 eingeführt haben.

Diese fünf Maßnahmen waren die Schließung von Schulen, von Arbeitsplätzen und von öffentlichen Verkehrsmitteln, Beschränkungen für Massenversammlungen und öffentliche Veranstaltungen sowie Einschränkungen der Bewegungsfreiheit der Menschen innerhalb der Länder oder Regionen.

Im Durchschnitt wurden physische Distanzierungsmaßnahmen erstmals neun Tage nach dem ersten gemeldeten Fall umgesetzt. Einige Länder brauchten jedoch länger, um die Maßnahmen umzusetzen, darunter Thailand (58 Tage), Australien (51 Tage), Kanada (46 Tage), Sri Lanka und das Vereinigte Königreich (45 Tage), Finnland und Malaysia (42 Tage) sowie Kambodscha, Schweden und die USA (40 Tage).

Im Durchschnitt war jede physische Distanzierungsmaßnahme mit einer Gesamtreduktion der COVID-19-Inzidenz um 13 Prozent über den Studienzeitraum verbunden. Die Schlie­ßung öffentlicher Verkehrsmittel war jedoch nicht mit einem zusätzlichen Rückgang der COVID-19-Inzidenz verbunden, wenn die anderen vier Maßnahmen zur physischen Dis­tan­zierung in Kraft waren – „wahrscheinlich als Folge der Tatsache, dass weniger Men­schen öffentliche Verkehrsmittel nutzten“, vermuten die Forscher.

Ihnen zufolge scheint die Kombination der Schließung von Schulen und Arbeitsplätzen mit der Beschränkung von Massenver­sammlungen eine Schlüsselkomponente zu sein, die mit einem Rückgang der COVID-19-Inzidenz einhergeht.

„Diese Ergebnisse könnten politische Entscheidungen unterstützen, wenn Länder sich darauf vorbereiten, bei aktuellen oder zukünftigen Epidemiewellen physische Distanzierungsmaßnahmen einzuführen oder aufzuheben“, so die Wissenschaftler.

Sie schränken ein, dass es sich bei der Untersuchung um eine Beobachtungsstudie handelt, die nur begrenzt Rückschlüsse auf Ursachen zulässt. „Es handelt sich jedoch um eine umfangreiche Studie mit einem robusten analytischen Ansatz“, betonen sie.

Thomas May von der Washington State University warnt in einem verbundenen Leitartikel jedoch, dass die Corona-Testpraktiken und die Datenerfassung in vielen Ländern unterschiedlich seien, was die Ergebnisse verzerren könne.

hil

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