Politik

Akzeptanz der Bevölkerung wichtig für Gelingen der Krankenhausreform

  • Donnerstag, 13. November 2025
Katharina Schenk (SPD), Gesundheitsministerin in Thüringen /Claudia Burger
Katharina Schenk (SPD), Gesundheitsministerin in Thüringen /Claudia Burger

Berlin – Bei der Umsetzung der Krankenhausreform darf man das Vertrauen der Bevölkerung nicht aufs Spiel setzen. Das betonte Katharina Schenk (SPD), Gesundheitsministerin in Thüringen, heute auf dem Neuen Qualitätskongress Gesundheit.

„Wenn ein Bürger morgens in Schleiz aufsteht und sieht, das Krankenhaus ist zu, dann ist das ein Vertrauensverlust“, sagte Schenk, die derzeit auch Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) ist. Gesundheit sei eine zentrale Aufgabe des Staates. Deshalb sei es jetzt wichtig, nicht zu viel an Leistung abzubauen, um die Akzeptanz der Bevölkerung nicht zu gefährden.

Akzeptanz erzeuge man jedoch nicht mit einem unklaren Plan, bemängelte Schenk. Sie kritisierte diesbezüglich deutlich die Vorgehensweise der Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU), erst vier Milliarden über Rechnungszuschläge an die Krankenhäuser zu ermöglichen und kurz danach 1,8 Milliarden Euro wieder streichen zu wollen.

„Wenn auf dem Weg zur Reform bereits ein Viertel der Strukturen verloren geht, macht man keine Reform mehr, sondern hofft nur noch das Beste“, sagte Schenk. Um diese geplanten Einsparungen zu stoppen, hat Thüringen im Bundesrat gestern einen Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses ins Leben gerufen. Über diesen wird die Länderkammer am 21. November abstimmen.

Die Krankenhausreform müsse aber Rückbau von Standorten bedeuten, entgegnete Sabine Richard vom AOK-Bundesverband. Die Herausforderung sei, dies politisch nicht als Verlust, sondern als Fortschritt zu betonen. Der Fokus müsse dabei auf dem Potenzial der Ambulantisierung liegen. Auch Boris von Maydell vom Verband der Ersatzkassen (vdek) forderte eine Vision für geschlossene Standorte. Dafür brauche es etwa ein funktionierendes Konzept für sektorübergreifende Versorgung.

Nachsorge für wohnortnahe Behandlung mitdenken

In Thüringen gebe es aber im Vergleich zu anderen Bundesländern schon sehr wenige Kliniken, sagte Schenk. „Da ist es sehr schwierig, dies plausibel zu erklären.“ Wichtiger sei bei der Umsetzung der Reform, die Ambulantisierung in der ganzen Breite mitzudenken.

Es sei zwar richtig, dass insbesondere elektive Leistungen künftig an Zentren erbracht werden. Dafür müssten aber auch die Folgewirkungen für die Patienten mitgedacht werden, betonte Schenk. Das bedeute, Pflegedienst, Nachsorge und medizinische Versorgung vor Ort müssten so vorhanden sein, dass die Menschen eine wohnortnahe Nachversorgung erhalten.

Tom Bschor, ehemaliger Leiter der Regierungskommission Krankenhaus, ergänzte, es gehe bei der Krankenhausreform nicht darum, das letzte Krankenhaus in der ländlichen Fläche zu schließen. Stattdessen sei es wichtig, Doppelstrukturen vor allem in Ballungsgebieten und im urbanen Raum gezielt abzubauen.  

Hinderlich an der Reformumsetzung sei Schenk zufolge darüber hinaus das geplante Einvernehmen mit den Krankenkassen bei den Ausnahmemöglichkeiten. Die Länder sollen dem Entwurf des Krankenhausanpassungsgesetzes (KHAG) zufolge gemeinsam mit den Krankenkassen darüber entscheiden, ob Krankenhäuser Leistungsgruppen bis zu drei Jahre erbringen dürfen, auch wenn sie die dafür benötigten Qualitätsvorgaben nicht einhalten können. Dies diene der Sicherstellung einer flächendeckenden Versorgung, heißt es im Entwurf.

Es sei nicht klar, was diese Formulierung genau bedeute, bemängelte Schenk. „Heißt Einvernehmen ein Vetorecht oder wir reden mal miteinander?“, frage sie sich. Die Krankenkassen sehen sich hingegen in der Gestaltungsrolle in der Versorgung und begrüßen dieses Vorgehen, betonte Richard vom AOK-Bundesverband.

Schenk forderte darüber hinaus mehr Planungssicherheit für die Umsetzung der Krankenhausreform, die in den Ländern bereits begonnen hat. Dafür brauche es „kein ewiges Gewackel mehr am Zeitplan“ und keine weiteren Fristverschiebungen, damit „es für uns noch ein bisschen gemütlicher“ wird, sagte Schenk.

Bei all den Forderungen der Länder fürchtet Bschor allerdings deutliche Abschwächungen der Reformziele. Bschor leitete die Kommission, die die Grundzüge der Krankenhausreform unter dem ehemaligen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) entwickelt hatte. Er kritisierte deutlich die geforderten Änderungen am KHAG, die die Länder kürzlich verfasst haben. „Das Länderpapier ist die Abschaffung der Krankenhausreform“, betonte Bschor.

Nicht zielführend sei etwa die Forderung, dass Fachärztinnen und -ärzte künftig nicht mehr in drei sondern in fünf Leistungsgruppen angerechnet werden könnten. Für die meisten Leistungsgruppen werden drei Fachärzte benötigt. „Damit bekommt man nicht mal an 365 Tagen den ärztlichen Dienst abgedeckt“, so Bschor. Diese allerdings in fünf Leistungsgruppen anrechnen zu können, sei praktisch nicht umsetzbar. „Da fände ich es ehrlicher, wenn die Länder sagen würden, sie wollen die Krankenhausreform wieder abschaffen.“

cmk

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