Politik

Deutschland will umfassende medizinische Hilfe für Ukrainer leisten

  • Montag, 7. März 2022
/picture alliance, EPA, Darek Delmanowicz
/picture alliance, EPA, Darek Delmanowicz

Berlin – Deutschland will für die Menschen in der Ukraine umfassende medizinische Hilfe leisten. Verletzte und Erkrankte sollen so schnell wie möglich von dem Kriegsgebiet in die Bundesrepublik gebracht werden, wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) heute in Berlin sagte.

Zudem soll medizinische Material in die Ukraine geliefert werden; die aus dem Land kommenden Flüchtlinge sollen in Deutschland versorgt werden. Voraussetzung für die Verlegung von Verletzten und Erkrankten aus der Ukraine nach Deutschland sei, dass es zu den dafür nötigen Korridoren und Waffenstillständen kommt, sagte Lauterbach. „Wir sind, was die Transporte angeht, in der Vorbereitungsphase.“ Zum jetzigen Zeitpunkt sei die Gefährdung für die Patienten und die Transporte nicht akzeptabel.

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze hat der Ukraine weitere humanitäre Hilfen in Aussicht gestellt. Erste Soforthilfen seien bereits in der Ukraine angekommen, weitere würden folgen, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe (heute).

Das Ministerium konzentriere sich dabei auf die Unterbringung und Betreuung der Binnenflüchtlinge. Den Funke-Zeitungen zufolge will Schulze beim Treffen der EU-Entwicklungsminister heute in Montpellier eine humanitäre Soforthilfe in Höhe von 38,5 Millionen Euro zusagen.

„Es droht eine humanitäre Katastrophe“, sagte die Ministerin. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine bringe unermessliches Leid über die Frauen, Männer und Kinder. Schnelle Hilfe für die Bevölkerung sei nun das Gebot der Stunde.

Kommunen fordern Hilfe

Die deutschen Kommunen haben angesichts der steigenden Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine administrative und finanzielle Hilfe gefordert. „Die Städte rechnen damit, dass die Zahl der Flüchtlinge aus der Ukraine, die nach Deutschland kommen, schnell zunehmen wird“, sagte Städtetagspräsident Markus Lewe der Düsseldorfer Rheinischen Post von heute. Bund und Länder müssten jetzt „rasch sicherstellen, die Flüchtenden gleichmäßig auf die Länder zu verteilen und dort eine gerechte Verteilung auf die Kommunen zu organisieren“.

„Es sind bereits Flüchtlinge in nahezu allen deutschen Städten angekommen“, sagte Lewe. „Allerdings dürften es deutlich mehr sein, weil viele Menschen noch nicht bei den Behörden registriert sind.“ Er betonte: „Wir brauchen zwischen Bund, Ländern und Kommunen einen ganz engen Austausch, damit offene Fragen schnell geklärt werden können. Und wir brauchen so früh wie möglich Angaben, in welchem Umfang wir Kapazitäten vor Ort ausbauen müssen.“

Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) forderte schnelle Hilfe. „Die Ersteinrichtungen der Länder sind mit der Unterbringung der Flüchtlinge überfordert, das schaffen sie bei der sehr großen Zahl an Menschen nicht mehr“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Zeitung. „Wir brauchen jetzt sehr schnell einen Verteilschlüssel für die Geflüchteten aus der Ukraine.“ Einzelne Städte könnten die Unterbringung nicht allein stemmen, „es ist die Solidarität aller gefragt“.

Landsberg erwartet, dass Bund und Länder die Versorgung der Flüchtlinge komplett finanzieren. „Wir sollten sie in das System der Grundsicherung eingliedern. Dann erhalten sie Sozialhilfe, Krankenver­siche­rung, Hilfen für Kitas und Schulen sowie für die Arbeitsmarktintegration“, forderte er. Die Situation sei aber nicht vergleichbar mit 2015. „Denn die Menschen verteilen sich diesmal stärker auf die gesamte EU. Es ist historisch, dass sich die EU-Länder hier anders als 2015 einig sind“, betonte Landsberg.

„Wir müssen in Deutschland aber mit einigen Hunderttausend Geflüchteten rechnen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds. „Dass die Menschen in kurzer Zeit in ihre Heimat zurückkehren können, halte ich angesichts der aktuellen Lage für ausgeschlossen.“

Das Bundesfamilienministerium kündigte bereits an, geflüchtete Menschen aus der Ukraine unterstützen zu wollen. „Ich danke allen Menschen, die sich in dieser Notlage für die Schutzsuchenden einsetzen, den vielen Menschen, die spenden und den Helfern und Helferinnen, die Kleidung und Lebensmittel sam­meln, Schlafplätze organisieren und einfach Trost bieten. Die Bundesregierung und auch mein Minis­terium setzen alles daran, so unbürokratisch und schnell wie möglich zu helfen“, betonte die Bundes­ministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Anne Spiegel (Grüne).

Kurzfristig biete man unter anderem die Hilfetelefone „Gewalt gegen Frauen“ und „Schwangere in Not“ Die Projekte bieten rund um die Uhr, anonym und kostenfrei Beratung auch in Russisch und Polnisch an. So können auch Ratsuchende aus der Ukraine, wo Russischkenntnisse weit verbreitet sind, informiert und unterstützt werden.

Die Bundesstiftung Mutter und Kind unterstütze schwangere Frauen in Notlagen unabhängig von ihrer Nationalität und gewährt finanzielle Hilfen für Schwangerschaftskleidung, Babyerstausstattung, Woh­nung und Einrichtung sowie für die Betreuung des Kleinkindes. Auch Schwangere, die aktuell aus der Ukraine fliehen mussten und noch keinen Aufenthaltsnachweis haben, könnten in vielen Schwanger­schaftsberatungsstellen unbürokratisch Hilfe bei der Stiftung beantragen, so das Ministerium. Darüber hinaus seien weitere Unterstützungsmaßnahmen in Planung.

Der Berliner Senat bat angesichts der Berlin erreichenden zehntausenden Flüchtlingen die Bundesregie­rung um Hilfe. „Wir rechnen heute wieder – wie schon in den letzten Tagen – mit schätzungsweise 10.000 Menschen“, sagte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) dem Tagesspiegel (heute). Berlin könne das nicht alles abfangen, die Hilfe der Bundesregierung sei notwendig.

„Es kommen zurzeit so viele Menschen hier an, dass es nicht einmal genügend Busse und Busfahrer gibt, um sie in andere Bundesländer zu verteilen“, sagte Giffey. Nach ihren Angaben sollen Ukraine-Flücht­linge auch in Hotels unterkommen. Viele Hoteliers böten ihre Betten freiwillig an. „Das wollen wir nutzen.“ Ein zweites Ankunftszentrum neben dem in Reinickendorf steht nach ihren Angaben vor der Betriebsaufnahme.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wollte nach ihren Angaben heute damit beginnen, 900 Menschen mit Bussen in andere Bundesländer zu verteilen.

dpa/afp

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung