Digitaler Impfpass soll noch vor den Sommerferien kommen

Berlin/Brüssel – Die Menschen in Deutschland sollen noch vor den Sommerferien in die Lage versetzt werden, einen vollständigen Impfschutz unkompliziert durch eine Smartphone-App nachzuweisen. Das verlautete heute aus Regierungskreisen.
Ausgestellt werden sollen diese Bescheinigungen auch in Arztpraxen und Impfzentren. Die digitale Bescheinigung soll den Betroffenen die Möglichkeit geben, schnell und fälschungssicher nachzuweisen, dass sie vollständig geimpft sind und deshalb wieder bestimmte Grundrechte in Anspruch nehmen zu können, etwa bei Urlaubsreisen.
Die Zertifikate sollen dabei nicht zentral auf einem Server gespeichert werden, sondern jeweils auf dem Smartphone der Anwender. Menschen, die kein Smartphone besitzen, erhalten zusätzlich zu dem Eintrag im analogen gelben Impfpass einen Ausdruck der digital einlesbaren Impfbescheinigung als QR-Code auf Papier. Auch bei einem Verlust oder Wechsel des Smartphones kann das Zertifikat über den ausgedruckten QR-Code erneut ins Handy eingelesen werden.
Die digitalen Impfbescheinigungen sollen in den Impfzentren und Arztpraxen ausgestellt werden. Das Technologieunternehmen IBM arbeite derzeit an drei Produkten dazu: Zum einen der Impfzertifikatservice, der in Praxen und Impfzentren ein Impfdokument erstellt, sowie an der Impfnachweis-App für Patienten, in der das Zertifikat eingetragen werden kann. Ein drittes Produkt ist eine Prüf-App, mit der beispielsweise Reiseunternehmen die Echtheit des Zertifikates prüfen können.
Derzeit sucht die Bundesregierung noch nach einem Verfahren, wie bereits vollständig Geimpfte ihre Bescheinigung nachträglich erhalten können. Bei Menschen, die derzeit ihre erste Impfung erhalten und im Frühsommer die zweite Dosis, sollen beim zweiten Termin die Bescheinigung erhalten. In der Bundesregierung wird zudem noch diskutiert, ob auch überstandene Coronainfektionen wie ein vollständiger Impfschutz gewertet werden. Dabei sei man noch auf Forschungsergebnisse angewiesen, hieß es.
Wie bereits zuvor im Amtsblatt der Europäischen Union zu lesen war, wird der digitale Impfpass in Deutschland unter der Führung des amerikanischen Technologiekonzerns IBM entstehen. Beteiligt sind auch das Kölner Start-up Ubirch, der schwäbische IT-Dienstleister Bechtle und Govdigital, ein genossenschaftlicher Zusammenschluss von zehn IT-Dienstleistern der öffentlichen Hand.
Ähnlich wie bei der offiziellen Corona-Warn-App des Bundes soll die Entwicklung des Systems als Open-Source-Projekt programmiert und transparent gemacht werden. Der Impfnachweis soll dann entweder in der Corona-Warn-App oder einer separaten Anwendung hinterlegt werden, die von der IBM programmiert wird.
Auch weitere Dritt-Anbieter sollen noch dazu kommen können, hieß es. Dazu könnten künftig auch die elektronischen Patientenakten (ePas) gehören, die seit dem 1.1.2021 von den Krankenkassen Patienten angeboten werden müssen. IBM gehört zu einer der größten ePa-Anbietern in Deutschland. Der elektronische Impfausweis, der auch von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) derzeit vorbereitet wird, soll Anfang 2022 in der ePa enthalten sein.
Entgegen den ursprünglich diskutierten Konzepten soll bei der Lösung nicht auf die Verschlüsselungstechnik von Blockchains gesetzt werden, sondern auf traditionelle Verschlüsselungstechnik. Der deutsche Impfpass soll kompatibel sein mit dem COVID-19-Zertifikat, an dem im Moment auf EU-Ebene gearbeitet wird. Die EU-Staaten hatten dazu heute ihre Position für die Verhandlungen mit dem Europaparlament festgelegt, hieß es aus Diplomatenkreisen.
Auch der deutsche EU-Parlamentsabgeordnete Peter Liese bestätigte diesen Verhandlungsstand zum „Grünen Zertifikat“. Das Dokument soll Impfungen, Ergebnisse zugelassener Tests und Informationen zu überstandenen Infektionen festhalten und EU-weit anerkannt werden. Vor allem Urlaubsländer wie Griechenland oder Spanien, deren Wirtschaft stark vom Tourismus abhängt, hatten sich dafür eingesetzt.
Das Zertifikat soll kostenfrei ausgestellt werden, wie aus der Position der EU-Staaten hervorgeht. Welche Vorteile – etwa Quarantänebefreiung – die EU-Staaten gewähren, sollen die Länder selbst entscheiden können.
Die jeweiligen Länder sollen zudem selbst festlegen, ob sie auch Impfungen mit Präparaten anerkennen, die nur in bestimmten Ländern, aber nicht in der gesamten EU zugelassen sind – beispielsweise das russische Sputnik V. Die Regeln sollen zunächst für zwölf Monate gelten. Das Europaparlament könnte Ende des Monats seine Position festlegen, anschließend dürften die Verhandlungen mit den EU-Staaten beginnen.
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