Politik

Krankenhausreform: Änderungen angekündigt

  • Donnerstag, 6. Juni 2024
/spotmatikphoto, stock.adobe.com
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Berlin – Bei der Krankenhausreform wird es im parlamentarischen Verfahren noch Änderungen am vorliegenden Gesetzentwurf geben. Das kündigten gestern Gesundheitspolitiker der Ampelfraktionen beim parlamentarischen Abend des Kongresses des Medizinischen Dienstes (MD) an. Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion im Bundestag, Andrew Ullmann, sagte, Gesetze, die in den Bundestag hereinkommen, kämen immer anders heraus.

Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) soll noch vor der Sommerpause im Juli im Bundestag beraten werden. Die Krankenhausreform sieht eine Einführung von 65 Leistungsgruppen vor. Diese sollen die Qualität der Versorgung durch bundeseinheitliche Kriterien zur Sach- und Personalausstattung verbessern. Die Kliniken müssen die Kriterien erfüllen, um Leistungen einer bestimmten Leistungsgruppe erbringen und abrechnen zu können. Darüber hinaus soll es eine Vorhaltefinanzierung geben, die die diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) zu 60 Prozent ablösen. Die Finanzierung und Leistungsgruppen sollen voneinander abhängig sein. Als dritte Änderung sind sektorenübergreifende Versorgungseinrichtungen (vormals Level-1i-Kliniken) geplant, die als kleine Krankenhäuser eine Schnittstelle der ambulanten und stationären Versorgung bilden sollen.

Bezüglich der Versorgungsqualität müssten vor allem drei Punkte in den Blick genommen werden, sagte der Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen (Grüne) gestern Abend. So sollte es bei unvorhersehbaren Sondersituationen, wenn etwa ein Krankenhaus zahlungsunfähig sei oder ein wichtiger medizinischer Apparat ausfalle, Möglichkeiten geben, die Versorgung und den Betrieb sicherzustellen. Bereits bestehende Qualitätsinstrumente, müssten zudem an die neue Systematik der Leistungsgruppen angebunden werden, forderte Dahmen.

Und: Es brauche mehr Anreize, sodass sich Krankenhäuser Leistungsgruppen in ihren Regionen tatsächlich aufteilen. Dies sollte nicht per Zwang geschehen, sondern weil es für die Standorte und die Patientenversorgung Sinn ergebe, so Dahmen.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Tino Sorge, bemängelte, dass es keine Auswirkungsanalyse der Krankenhausreform gebe. Sorge plädierte außerdem für eine fallzahlunabhängige Vorhaltekostenfinanzierung. Zudem brauche es eine Übergangsfinanzierung, um eine kalte Strukturbereinigung unter den Krankenhäusern zu verhindern.

Bessere Koordination benötigt

Wichtig im Rahmen der Reform sei auch eine bessere Patientensteuerung, betonte auf dem Kongress heute Leonie Sundmacher, Gesundheitsökonomin und Mitglied der Regierungskommission Krankenhaus. Es sei eine Herausforderung, Patientinnen und Patienten entsprechend ihrer Erkrankungen den richtigen Krankenhäusern zuzuweisen, sagte sie. Es mangele in Deutschland nicht an Standorten, sondern an einer unzureichenden Patientensteuerung. Insbesondere eine gute Koordination entscheide deshalb wesentlich über die Versorgungsqualität, so Sundmacher.

Dass die Krankenhäuser in ihrer aktuell wirtschaftlich schwierigen Lage stecken, sei aber nicht nur mit dem System der diagnosebezogenen Fallpauschalen (DRG) zu erklären, sagte Sundmacher. Das DRG-System habe getan, was es tun sollte, vor allem die Liegezeiten zu verkürzen. Internationalen Studien zufolge gebe es auch Beispiele, in denen DRG-Finanzierungssysteme auch zu Fallzahlreduktion und mehr ambulanten Fällen geführt habe. Allerdings sei das in Deutschland aufgrund der hohen Wettbewerbsdichte von Kliniken, die zu mehr Fällen führe, derzeit kaum möglich. „Das System ist überdreht und funktioniert nicht mehr“, sagte Sundmacher. Hinzu komme ein deutlicher Fachkräftemangel.

Die Fachkräfte, insbesondere die Ärztinnen und Ärzte blickten aber sowohl mit Skepsis als auch mit Hoffnung auf die Reform, sagte der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL), Johannes Albert Gehle. Ärztinnen und Ärzte hätten Hoffnung, dass man künftig dank klarer Strukturen besser wüsste, wo man die Patientinnen und Patienten hinschicken könne. Skeptisch sei aber die Frage, ob es nach der Reform noch ausreichend Krankenhäuser in der Nähe geben werde, so Gehle.

Prüfung der Leistungsgruppen zeitlich zu schaffen

Der Medizinische Dienst soll laut KHVVG die Kriterien der Leistungsgruppen von Krankenhäusern begutachten. Ziel ist, zu überprüfen, ob die Krankenhäuser die versprochenen Leistungsgruppen auch erbringen können. Bis zum 30. September 2025 sollen die Krankenhäuser die Überprüfung beauftragen, bis zum 30. Juni 2026 sollen die Prüfungen vom MD abgeschlossen sein. Diesen Zeitraum nannte Michael Weller, Abteilungsleiter „Gesundheitsversorgung, Krankenversicherung“ im Bundesgesundheitsministerium (BMG), „ambitioniert“. Damit sehe man, welches Zutrauen die Politik in den Medizinischen Dienst habe.

Die Prüfung in dem vorgesehen Zeitraum sei zu schaffen, sicherte der Vorstandsvorsitzende des Medizinischen Dienstes Bund, Stefan Gronemeyer, zu. Der MD begrüße die Krankenhausreform und sehe die Notwendigkeit bei der täglichen Arbeit von Qualitätsprüfungen. Die Dienste stießen demzufolge oft auf Probleme bezüglich des Personalmangels aber auch der apparativen Ausstattung.

Gronemeyer forderte allerdings eine genaue Definition der Qualitätskriterien, die in den Leistungsgruppen geregelt werden sollen. Der Medizinische Dienst habe bereits jetzt oft Probleme und Rechtsstreitigkeiten, weil Anforderungen oft nicht genau definiert seien. Auch Axel Meeßen, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes Berlin-Brandenburg forderte klare Kriterien, so dass keine „fisseligen Streitigkeiten“ entstünden.

Meeßen ist sich sicher, dass ein Teil der künftig von den Ländern zugewiesenen Leistungsgruppen beklagt werden würde, entweder von Krankenhäusern, die eine Leistungsgruppe nicht erhalten haben oder von Wettbewerbern, die eine Zuweisung einer anderen Klinik beklagen. „Wenn das um die fünf bis sechs Prozent sind, dann wäre das verkraftbar“, sagte Meeßen. Gronemeyer forderte zudem, dass Zertifikate nicht mit den Prüfungen des MD gleichgesetzt werden dürften.

Stichprobenprüfung soll kommen

Die derzeit erfolgten Einzelfallprüfungen des medizinischen Dienstes sollen künftig durch Stichproben ersetzt werden. Dies werde sowohl den MD als auch das medizinische Personal in den Krankenhäusern deutlich entlasten, sagte Weller. Brit Ismer, Vorstandsvorsitzende der Berliner Krankenhausgesellschaft, sieht jedoch keine Bürokratieentlastung im Zuge der Krankenhausreform. Auch Meeßner warnte davor, dass die Umstellung auf die Stichprobenprüfung schief gehen könnte. Dies sei vor zwanzig Jahren bereits Thema gewesen und damals aufgrund von rechtlichen Bedenken versandet, sagte er. „Ich habe Sorge, dass das wieder passieren könnte.“ Er wünsche sich eine Probephase, in der die Stichprobenprüfung getestet wird. Nach der erfolgreichen Testung könnte sie per Rechtsverordnung scharf gestellt werden, schlug Meeßner vor.

BMG-Abteilungsleiter Weller äußerte sich heute außerdem zum Bundesklinikatlas. Dieser ist am 17. Mai gestartet und hat seitdem viel Kritik, auch von Ärztinnen und Ärzten erhalten. Weller räumte ein, dass es in dem Atlas einige Fehler seit Beginn gab. „Der Atlas muss und kann auch besser werden“, versprach er aber und betonte, das Verzeichnis werde am Netz bleiben. Manche OPS-Codes seien zu fein, andere zu grob eingestellt gewesen. Das sei weitestgehend behoben und könne trotzdem noch besser werden, sagte Weller. Es werde zudem darüber nachgedacht, die Suchwege innerhalb des Verzeichnisses für Fachleute und für Patientinnen und Patienten zu trennen.

cmk

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