Krankenhausreform: Genaueres Zielbild gefordert

Berlin – Welche konkreten Auswirkungen die geplante Krankenhausreform haben werde, sei noch nicht ausreichend klar. Das betonten heute Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim DRG-Forum. Insbesondere die bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) bemängelte ein fehlendes Zielbild der Krankenhausreform aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG).
Auch für die Vorständin des GKV-Spitzenverbands (GKV-SV), Stefanie Stoff-Ahnis, ist das Zielbild, in welche Richtung die Krankenhausstruktur verändert werden soll, nicht klar erkennbar. Sie zeigte sich zudem überrascht, dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) von einer Auswirkungsanalyse der Reform in voraussichtlich erst fünf Jahren spreche.
„Es fehlt ein klares Zielbild. Es ist nicht erkennbar, wie die Strukturen am Ende aussehen sollen“, sagte auch Roland Laufer, Leiter Geschäftsbereich Krankenhausfinanzierung und Versorgungsplanung bei der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG).
Stoff-Ahnis kritisierte zudem die Prognose aus dem Referentenentwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG), dass die GKV durch die Reform bereits im Jahr 2025 für die Krankenhausversorgung 330 Millionen Euro weniger Geld ausgeben werde und sich diese Summe ab 2026 jährlich auf eine Milliarde Euro erhöhe.
Diese Schätzungen seien in ihren Augen „Luftbuchungen“. Veränderungen durch die Reform werden zu dieser Zeit noch gar nicht eingetreten sein, der Prozess laufe zu dieser Zeit erst an, betonte Stoff-Ahnis.
Die Krankenhausreform als solche begrüßten hingegen alle Beteiligten. Stoff-Ahnis befürwortete etwa die geplante Spezialisierung und Konzentration von Krankenhausstandorten. Gelegenheitsversorgung müsste künftig ausgeschlossen werden. Ein Nebeneinander von Angeboten dürfe ebenfalls nicht mehr ermöglicht werden, so Stoff-Ahnis.
Die GKV arbeite derzeit an einem Modell zur Operationalisierung der Bedarfsnotwendigkeit der stationären Versorgung, kündigte sie an. Dieses Modell werde derzeit mit den Bundesländern und Experten diskutiert und soll einem gemeinsamen Austausch zugrunde gelegt werden. Mit dem Modell werde erkannt, welches Krankenhaus künftig bedarfsnotwendig sei. Finanzielle Hilfen müssten damit nicht per Gießkanne an alle Krankenhäuser verteilt werden.
Der DKG-Vorstandsvorsitzende, Gerald Gaß erklärte, es brauche keine solche Bedarfsanalyse. Der Bedarf sei bereits bekannt. Zudem bringe diese Debatte keinen Cent mehr für die Krankenhäuser. Stattdessen brauche es Soforthilfeprogramme für die Kliniken in Form eines Inflationsausgleichs, wiederholte er die oft genannte Forderung der DKG.
Mit Umstrukturierungen bereits vor Reform beginnen
Krankenhäuser könnten bereits heute mit entsprechenden Umstrukturierungen beginnen und müssten nicht auf das Reformgesetz warten, betonte Irmtraut Gürkan, Mitglied der Regierungskommission Krankenhaus.
Ihrer Erfahrung nach werden diese Fragen auch schon vor Ort intensiv diskutiert. Viele Krankenhäuser stellten auf Ebene der Träger oder Geschäftsführung schon entsprechende Überlegungen an. Vor Ort wisse man am besten, was in Angriff genommen werden müsse, um zukunftsfähig zu bleiben, so Gürkan.
Die bayerische Ministerin Gerlach wünscht sich dennoch mehr Planungssicherheit, einen echten Austausch und ein „verlässliches Miteinander“ zwischen Bund und Ländern. Sie befürchtet zudem, dass die derzeit 65 geplanten Leistungsgruppen perspektivisch durch Rechtsverordnungen auf mehr als 100 Leistungsgruppen ansteigen werden.
„Wahrscheinlich werden wir in einem Jahr wieder vor die Situation gestellt, neu planen zu müssen“, bemängelte Gerlach. Für sie sei ein Schulterschluss aller Beteiligten für das Gelingen der Krankenhausreform notwendig.
Auch der Marburger Bund (MB) betonte heute per Mitteilung, dass sich die Reform daran messen lassen müsse, ob die mit ihr verfolgten Ziele auch erreicht werden. Daran bestehen nach dem vorliegenden Gesetzentwurf aber „erhebliche Zweifel“, betonte die erste Vorsitzende des MB, Susanne Johna.
Grundsätzlich sei es gut, dass die bestehenden Potenziale einer sektorenübergreifenden Versorgung stärker ausgeschöpft werden sollen. „Es bleibt aber unklar, welches Aufgabenspektrum den neuen sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen in ihrer Rolle als Krankenhäuser der untersten Versorgungsstufe konkret zufallen wird“, so Johna. Diese Häuser dürften aufgrund des Personalmangels aber nicht in direkter Konkurrenz zu bereits bestehenden Versorgungsangeboten stehen.
Johna sprach sich ebenfalls für eine zügige Auswirkungsanalyse aus. Dass die gemeinsame Selbstverwaltung laut Referentenentwurf erst zum 31. Dezember 2029 einen ersten Bericht zur Evaluation des Gesetzes vorlegen solle, der auch die Auswirkungen der Maßnahmen auf die Versorgungssituation der Patienten in den Blick nimmt, sei deutlich zu spät.
Fraglich sei zudem, wie viele Krankenhäuser die Umsetzung der Reform erleben werden. „Der aktuelle kalte Strukturwandel wird ja zunächst ungebremst weitergehen, da Gelder aus dem Transformationsfonds laut Entwurf erst ab 2026 fließen sollen“, so Johna. Sie begrüßte hingegen, dass die Tarifkostensteigerungen für alle Beschäftigtengruppen rückwirkend für 2024 refinanziert werden sollen.
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