Politik

Ministerien prüfen weiter Poolärzteurteil

  • Dienstag, 7. Mai 2024
/picture alliance, Jens Büttner
/dpa

Berlin – Ein Vierteljahr nach Veröffentlichung der Urteilsbegründung im sogenannten Poolärzteurteil des Bundessozialger­ichts (BSG) prüfen Bundesgesundheits- und Bundesarbeitsministerium (BMG und BMAS) nach eigenen Angaben weiterhin mögliche Konsequenzen. Das teilten beide Häuser auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblattes mit.

Im Vorfeld des 128. Deutschen Ärztetages hatte es auf der Vertreterversammlung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Kritik aus den Kassenärztlichen Vereinigungen gegeben, die Situation „aussitzen zu wollen“.

Monika Schliffke, Vorstandsvorsitzende der KV Schleswig-Holstein (KVSH), beklagte, dass seit Vorlage der Begründung des Urteils des Bundessozialgerichts im Februar keine Bewegung in der Sache sei. Schleswig-Holstein hatte nach dem Urteil seinen Notdienst erheblich eingeschränkt. „Für uns ist das eine große Sache für die Zukunft des Notdienstes“, so Schliffke.

Doch nicht nur das: Schliffke fürchtet, dass das Urteil auch Auswirkungen auf alle Vertragsärzte haben könnte. „Wir haben bisher nur vernommen, dass weiter diskutiert wird und wir uns weiter gedulden sollen.“ Daher habe sich die KV im Norden nun dazu entschieden, für alle bis zu 1.800 Ärztinnen und Ärzte im Notdienst ein separates Statusfeststellungsverfahren mit Freistellungs­anträgen bei der Deutschen Rentenversicherung auf den Weg zu bringen. „Wir wollen so von der Deutschen Rentenversicherung für jeden einzelnen eine Feststellung haben“, so Schliffke.

Für den KBV-Vorstand bestätigte Stephan Hofmeister, dass es viele Gespräche gegeben habe, aber noch kein Ergebnis. „Der Sachstand ist weiter offen“, betonte der KBV-Vize. BMG und BMAS beteuern, weiterhin „in einem intensiven Dialog“ mit den Spitzenorganisationen und -verbänden der Ärzteschaft, insbesondere einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu stehen.

„Seitdem haben diverse, sehr konstruktive Fachgespräche auf Staatssekretärs- und auf Fachebene stattgefunden“, erklärte eine BMG-Sprecherin auf Anfrage. „Ziel der Gespräche war und ist es, das Thema umfassend zu beleuchten, insbesondere die Hinter­gründe der Forderung nach einer Beitragsbefreiung von Poolärztinnen und -ärzten analog zur Beitragsbefreiung von im Rettungs­dient nebenberuflich tätigen Notärztinnen und -ärzten zu ermitteln, ein gemeinsames Verständnis zu schaffen und hieraus denkbare Handlungsoptionen abzuleiten.“

Dabei sei es insbesondere auch um die Frage gegangen, inwiefern die Sozialversicherungspflicht ein Hindernis darstellen könne, freiwillig am Notdienst teilzunehmen. „In den Gesprächen wurde deutlich, dass das Thema komplex und die Organisation des vertragsärztlichen Notdienstes vielgestaltig ist“, unterstreicht das BMG weiter.

Insbesondere liege die besondere Herausforderung auch darin, sowohl die Situation des Notdienstes zu adressieren als auch die Bedeutung der Sozialversicherungspflicht von Beschäftigten zu würdigen. BMG und BMAS würden das BSG-Urteil insbesondere mit Blick darauf analysieren, welche Umstände für das Gericht ausschlaggebend für die Feststellung einer abhängigen Beschäfti­gung waren und welche Merkmale Indizien für Selbstständigkeit sind.

„Der zeitliche Aspekt“ sei dabei beiden Häusern bekannt, „sodass ein zeitnaher Abschluss der Prüfung des BSG-Urteils und der Analyse auf mögliche Handlungsoptionen angestrebt wird“.

Die Verkündung des Urteils im Oktober vergangenen Jahres führte in mehreren Regionen umgehend zu Einschränkungen im Notdienst, da mehrere KVen – darunter jene in Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und dem Saarland – aufgrund der rechtlichen Unsicherheit auf den Einsatz von Poolärztinnen und -ärzten zu verzichten begannen. Die KV Baden-Württemberg hat sogar mehrere Notdienstpraxen komplett geschlossen.

lau/bee

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