Startschuss zur Umsetzung der Nationalen Demenzstrategie

Berlin – In Berlin haben heute Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) und Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) sowie 57 Verbände die Nationale Demenzstrategie unterzeichnet. Zu diesen zählen unter anderem auch die Bundesärztekammer (BÄK) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Mit der Unterschrift verpflichten sie sich zur Einhaltung von 160 Maßnahmen, die in den nächsten Jahren umgesetzt werden sollen.
Das Ziel der Strategie ist insbesondere, die Bevölkerung über die Demenz zu informieren und die Krankheit dadurch stärker zu entstigmatisieren. „Es geht darum, Demenzkranken respektvoll und hilfsbereit zu begegnen“, erklärte Spahn. „Ein breites gesellschaftliches Bündnis ist ein wichtiger Schritt, dieses neue Bewusstsein zu schaffen.“
Spezielle Schulung notwendig
Giffey betonte: „An Demenz erkrankte Menschen können noch sehr lange aktiver Teil der Gesellschaft bleiben, wenn die Gesellschaft sich darauf einstellt. Das bedeutet: Busfahrerinnen, Schaffner, Ärzte oder Mitarbeiter von Behörden müssen speziell geschult werden, genauso wie sich Sportvereine oder Kirchenchöre auf Menschen mit Demenz vorbereiten müssen.“
Um das zu schaffen, brauche es Teamgeist für Menschen mit Demenz. „Darum starten wir die Umsetzung der Nationalen Demenzstrategie mit einem breiten gesellschaftlichen Bündnis. Mit der Strategie wollen wir bundesweit mehr Vor-Ort-Netzwerke aus Kommunen, Vereinen, Kirchen oder Unternehmen schaffen, Familien von Menschen mit Demenz unterstützen und mit einem breiten Bündnis die Gesellschaft darauf einstellen, für Menschen mit Demenz da zu sein.“
Die Nationale Demenzstrategie wurde in den vergangenen zwei Jahren von Bund, Ländern und Kommunen gemeinsam mit der Deutschen Alzheimer Gesellschaft sowie weiteren Verbänden des Gesundheitswesens, der Sozialversicherungsträgern, der Zivilgesellschaft und der Wissenschaft erarbeitet. Spahn wies darauf hin, dass die Zahl der Demenzkranken vor zwei Jahren noch bei etwa einer Million gelegen habe. „Heute liegt sie bei 1,6 Millionen“, so der Minister. Das zeige, wie schnell sich diese Erkrankung in einer älter werdenden Gesellschaft verbreite.
Hausärzte für rechtliche Fragen sensibilisieren
Verschiedene Maßnahmen richten sich auch an die Ärzteschaft. „Hausärztinnen und Hausärzte nehmen in der Versorgung von Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen eine zentrale Rolle ein und werden bei Problemen häufig als Erste kontaktiert“, heißt es zum Beispiel in der Demenzstrategie. „Sie sollten daher für rechtliche Fragen im Zusammenhang mit Demenz sensibilisiert sein und darüber hinaus über einen Überblick über lokale Möglichkeiten der Rechtsberatung für Betroffene und Angehörige verfügen.“
Spahn forderte, dass der Umgang mit Demenzkranken zum Beispiel in Hausarztpraxen geübt werden müsse, um Sicherheit zu gewinnen. „Ich bin den Verbänden der Hausärzte sehr dankbar, dass sie das zu ihrem Thema machen und entsprechende Fortbildungen und Schulungen anbieten“, sagte er.
Die BÄK empfiehlt den Landesärztekammern im Rahmen der Demenzstrategie, ärztliche Demenzbeauftragte einzusetzen, die den Kammerangehörigen für Fragen zur Versorgung demenziell erkrankter Patienten und für Maßnahmen der Fortbildung zu Demenz zur Verfügung stehen. Bis Ende 2022 wird die BÄK eine Empfehlung an die Landesärztekammern aussprechen.
Demenzsensible Versorgung im Krankenhaus
Unter der Überschrift „Demenzsensible Versorgung im Krankenhaus“ heißt es: „Ein Ziel der Nationalen Demenzstrategie ist es, Einweisungen von Menschen mit Demenz ins Krankenhaus zu reduzieren, soweit sie vermeidbar sind, sowie notwendige Krankenhausbehandlungen von Menschen mit Demenz demenzsensibel zu gestalten.“
Konkret will die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) dabei zum Beispiel darauf hinwirken, „dass die organisatorischen Abläufe der medizinischen und pflegerischen Versorgung in Krankenhäusern den besonderen Bedürfnissen demenzerkrankter Patienten angepasst werden. Dazu gehören zum Beispiel Untersuchungen ohne Ortswechsel (auf Station), Berücksichtigung möglichst kurzer Nahrungs- und Flüssigkeitskarenzzeiten bei der OP-Planung, Begleitung auf Wegen innerhalb des Krankenhauses und Vermeidung von Wartezeiten.“
Zudem will die DKG darauf hinwirken, „dass validierte Screening-Verfahren für Demenz und für Delir im Krankenhaus implementiert und die Durchführung durch geschulte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfolgt“. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) und die Deutsche Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie (DGGPP) wollen entsprechende Empfehlungen für die Krankenhäuser entwickeln und dabei die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie (DGG), die Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie (DGGG) und die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) einbeziehen.
Das Verfahren soll bis Ende 2022 entwickelt sein. Bis Ende 2024 wird die Implementierung durch die Landeskrankenhausgesellschaften überprüft.
Zu den Partnern der Initiative zählen auch die Deutsche Bahn, die Berliner Verkehrsbetriebe und die Regensburger Stadtwerke. Ziel ist es dabei, den öffentlichen Verkehr demenzfreundlicher zu machen, indem die Mitarbeiter der Unternehmen im Umgang mit Demenzerkrankten geschult werden. Der Deutsche Olympische Sportbund will in die knapp 90.000 Sportverein in Deutschland hineinwirken, um deren Strukturen demenzfreundlicher zu machen.
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