Streichung der Neupatientenregelung führt zu Vertrauensverlust

Berlin – Die Streichung der Neupatientenregelung, die Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) mit dem Kabinettsbeschluss für ein Sparpaket zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung GKV) auf den Weg gebracht hat, zerstört das Vertrauen der Ärzte in die Politik.
Das haben Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) in einem Brandbrief an den Minister klargemacht. Das Schreiben liegt dem Deutschen Ärzteblatt vor.
Die „Rolle rückwärts“ betrachte man als „Bruch ihres Versprechens“, es werde keine Leistungskürzungen geben, schreiben KVen und KBV an Lauterbach. „Auf unser Vertrauen in die politische Verlässlichkeit wird dieser Vorgang jedenfalls langfristige Auswirkungen haben“.
Die Ärztevertreter werfen Lauterbach vor auf der einen Seite angekündigt zu haben, dass es keine Leistungskürzungen geben soll. Andererseits habe er im gleichen Atemzug erklärt, die extrabudgetäre Vergütung für Neupatienten, die mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) eingeführt worden war, zu streichen. Die KBV findet, dass das genau Leistungskürzungen für Patienten gleichkommt.
Die Regelung sei eingeführt worden, damit Patienten, die keinen festen Hausarzt, Kardiologen oder Orthopäden hätten, einen schnellen unkomplizierten Zugang zur medizinischen Versorgung erhalten, schreibt die KBV. Von der Regelung hätten viele kranke Menschen profitiert.
Das zeige auch eine Auswertung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi). Demnach wurden im vierten Quartal 2021 mehr Neupatienten behandelt als im vierten Quartal 2019. Die Anzahl der Neupatienten erhöhte sich demnach im Schnitt um zwölf Prozent, 20 Millionen Neupatienten wurden damit im vierten Quartal 2021 behandelt. Lauterbach hatte hingegen betont, es gebe keine belastbaren Daten, die das zeigen könnten.
Die Körperschaft warnt in dem Brief davor, dass mit der Streichung auch die vielen offenen Sprechstundenangebote von Ärzten ein „jähes Ende“ finden würden. Viele Ärztinnen und Ärzte hätten nicht zuletzt personell investiert und ihre Sprechstundenzeiten ausgebaut.
Wenn diese Instrumente wegfielen, sähen sich viele Praxen außerstande, ihr „teils erheblich ausgeweitetes Leistungsangebot aufrechtzuerhalten“. Man müsse nun darauf hinwiesen, dass „Arbeitskraft und Ressourcen der Niedergelassenen und ihrer Praxistemas endlich“ seien.
KBVen und KVen appellieren an den Minister, die Neupatientenregelung beizubehalten und nicht zu streichen. Schätzungen zufolge bringt die Neupatientenregelung den Ärzten 300 bis 400 Millionen Euro an Einnahmen pro Jahr.
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