Politik

Zeitplan zur Cannabisfreigabe droht zu scheitern

  • Freitag, 19. Januar 2024
Cannabis
/picture alliance, Sebastian Gollnow

Berlin – Der von der Bundesregierung angekündigte Zeitplan zur kontrollierten Freigabe von Cannabis als Genussmittel droht zu scheitern. Da der Bundestag den Entwurf für ein Cannabisgesetz (CanG) in dieser Woche nicht final beraten hat, bleibt nur eine geringe Wahrscheinlichkeit zur fristgerechten Umsetzung.

Der interne Streit der SPD-Bundestagsfraktion um den Entwurf hält an. Wider Erwarten war deshalb die 2./3. Lesung des CanG-Entwurfs in dieser Woche nicht auf der Tagesordnung des Bundestags erschienen.

Diese wäre aber notwendig gewesen, damit sich der Bundesrat in seiner Sitzung am 2. Februar abschließend mit dem Gesetzentwurf befassen kann. Das nächste Mal tritt die Länderkammer erst wieder am 22. März zusammen.

Zwar gäbe es dann Ende Februar sowie direkt vor der Bundesratssitzung insgesamt noch drei Sitzungswochen des Bundestages, in denen er das Gesetz verabschieden könnte. Allerdings wäre ein Inkrafttreten zum 1. April dann höchstens formal möglich, da die verbliebene Zeit für die Umsetzung der Regularien durch die Länder – die dafür zuständig sind – nicht ausreichen würde.

Eine theoretische Möglichkeit besteht dennoch, nämlich die Haushaltswoche vom 29. Januar bis zum 2. Februar. Dazu müsste das CanG als Fachthema auf die Tagesordnung der Haushaltsberatungen gesetzt werden, um am 2. Februar kurzfristig in den Bundesrat gehen zu können.

Verfahrenstechnisch wäre das möglich. Allerding ist es durchaus unüblich, dass in einer Haushaltswoche Fach­themen diskutiert werden. Hinzu kommt, dass angesichts der Haushaltskrise nach dem Urteil des Bundesver­fassungsgerichts zum zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 erhöhter Beratungsbedarf bestehen dürfte. Für das CanG müsste eine demnach erhebliche Ausnahme gemacht werden.

Ursprünglich war die abschließende Befassung des Bundestages mit dem Gesetz bereits im Oktober vorgese­hen, war damals jedoch ebenfalls überraschend von der Tagesordnung genommen worden. Die Bundesre­gierung hatte das mit dem kurz zuvor geschehenen Terrorangriff der Hamas auf Israel begründet.

Wie sich später – und nach mehreren weiteren Verschiebungen – herausstellte, ist der Grund für die Verzöge­rungen jedoch die wachsende Uneinigkeit innerhalb der SPD-Bundestagfraktion bei dem Thema. Wie die Süddeutsche Zeitung zuerst berichtete, soll rund die Hälfte der Fraktion gegen den Entwurf sein.

Der Widerstand geht dabei insbesondere von SPD-Innenpolitikern aus, die vom jetzigen Entwurf zusätzliche Belastungen für Polizei und Justiz befürchten.

Großen Widerstand gibt es weiterhin auch in CDU und CSU. Die gesundheitspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Unionsfraktionen in Bund und Ländern verabschiedeten gestern einstimmig eine gemeinsame Erklärung, in der sie die Pläne der Ampelkoalition als „erhöhte Gefährdung für die ganze Gesellschaft“ zu­rückweisen.

„Viele Ärztefachverbände haben schon zu Beginn der Debatte vor den negativen Auswirkungen einer Legali­sierung gewarnt, vor allem auch mit Blick auf den Kinder- und Jugendschutz“, heißt es darin. Auch die Aus­wir­kungen auf den Straßenverkehr seien noch völlig ungeklärt – was auch die SPD-Innenfachleute als weiteres Argument gegen die kontrollierte Freigabe anführen.

Befürworter der Reform innerhalb der SPD halten dennoch weiter daran fest, dass die Unstimmigkeiten ausge­räumt werden und das Gesetz zeitnah verabschiedet werden kann.

Die Fraktionsspitze sei nicht gegen eine Entkriminalisierung von Cannabis, hatte Innen- und Rechtspolitikerin Carmen Wegge noch im Dezember beteuert. Der Gesetzentwurf werde im Bundestag „zeitnah im nächsten Jahr aufgesetzt und darauf kann man sich verlassen“, erklärte sie im Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter).

lau/bee

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