Hackathon: Viele Ideen, Probleme in der Umsetzung

Berlin – Beim Healthcare Hackathon des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein Ende vergangener Woche tüftelten viele Programmierer gemeinsam mit medizinischem Personal an Problemstellungen aus dem Gesundheitsbereich.
Das Ziel: Die Versorgung mithilfe von digitalen oder durch Künstliche Intelligenz (KI) gesteuerte Prozesse verbessern. Auch das ärztliche und pflegerische Personal soll durch digitale Anwendungen entlastet werden.
Insbesondere Dokumentationsaufgaben, wie Pflegedokumentationen oder -übergaben aber auch Arztbriefe oder Patientenbriefe könnten mithilfe von KI-Instrumenten deutlich Zeit einsparen, die wiederum am Patientenbett dringend benötigt wird. An diesen Fragestellungen arbeiteten mehrere Teams.
Andere beschäftigten sich mit der Frage der Prävention, etwa wie Delire im Krankenhaus durch Risikoscores von Patientinnen und Patienten frühzeitiger erkannt werden können. Weitere Hacker arbeiteten zum Teil in Kooperation mit israelischen Expertinnen und Experten an KI-Algorithmen, die ärztlichem Personal helfen, die Bildgebung schneller analysieren zu können.
Für die Digitalisierung im Gesundheitswesen sind bislang vor allem Förderungen des Krankenhauszukunftsfonds (KHZF) vorgesehen. Mit diesem sei aber eine Gelegenheit verspielt worden, da gesetzlich keine ausreichenden Leitplanken für die Verwendung der über drei Milliarden Euro gezogen worden seien, kritisierte Jens Scholz, Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) und Vorsitzender des Verbands der Universitätsklinika Deutschlands (VUD) bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen des Hackathons.
„Das ist aus meiner Sicht verschwendetes Geld. Manche Häuser haben davon nur WLAN eingeführt.“ Der Gesetzgeber müsse bei solchen Förderungen genauere Vorgaben machen, forderte Scholz.
Anwendungen verändern sich sehr schnell
„Leitplanken sind ein zweischneidiges Schwert“, erwiderte darauf Malte Schmieding, Referent für neue Technologien und Datennutzung im Bundesgesundheitsministerium (BMG). Allein das vergangene Jahr habe mit dem rasanten Aufstieg von ChatGPT und anderen Anwendungen auf Grundlage von KI gezeigt, wie schnell solche technischen Vorgaben mittlerweile überholt sein können und dann sogar kontraproduktiv sein könnten.
„Die Lösung kann ja nicht sein, dass wir von oben vorgeben, was eingeführt werden soll und wie das zu machen ist“, unterstrich Schmieding. In der Debatte über die Verantwortung des BMG bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens werde oft übersehen, welche Kompetenzen das Ministerium überhaupt hat und welche nicht, beispielsweise bei Datenschutzfragen.
„Wir sehen viele Probleme mit der Datenschutzgrundverordnung, aber sind da nicht zuständig. Datenschutz ist Ländersache“, betonte er. „Wir können da nicht durchregieren.“ Stattdessen versuche das BMG durch seine Gesetze die Grundlagen für einen technischen Fortschritt im Gesundheitswesen und der Wissenschaft zu schaffen.
„Einer der Punkte, an denen es scheitert, ist die Datenverfügbarkeit, und zwar sehr früh in der Pipeline“, hatte er zuvor erklärt. So sei es ein Ziel des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes (GDNG) gewesen, dahingehend Prozesse zu streamlinen – vor allem beim Datenschutz – sowie die notwendige Infrastruktur aufzubauen, insbesondere mit dem Forschungsdatenzentrum (FDZ) als „One-Stop-Shop“ für den Bezug von Gesundheitsdaten.
Weiterentwicklung wird individueller
Das BMG versuche vielmehr, auszuloten, was wirklich gebraucht wird und welche Entwicklungen Sackgassen sind. Da Deutschland kein staatliches Gesundheitswesen hat, könne das Ministerium aber auch nicht für alle Akteure und Sektoren passende Lösungen finden und vorschreiben.
Die Weiterentwicklung von KI-Anwendungen werde sich ohnehin in die Richtung individuellerer und spezifischerer Programme bewegen, erklärte Thomas Gau, Chief Technology Officer bei IBM Consulting. Der Wissenszugang von Large Language Models (LLM) wie ChatGPT basiere bisher nur auf öffentlich zugänglichem – im Wesentlichen also Allgemeinwissen.
Der Zugang zu spezifischem Wissen – also beispielsweise zu medizinischem Fachwissen, das technisch gesehen meist in Fachverlagen, Instituten und anderen Organisationen gebündelt ist – sei demgegenüber aber sehr kostenintensiv. Bisher sei deshalb maximal ein Prozent des spezifischen Wissens in den bisherigen Modellen enthalten.
Er gehe davon aus, dass sich der Markt für LLMs und andere komplexe KI-Anwendungen in Zukunft ausdifferenzieren wird. „Firmen werden basierend auf Basismodellen eigene Entwicklungen aufsetzen“, prognostizierte er. „Jedes Krankenhaus und jede Einrichtung wird dann eigene Modelle mit ihren Daten trainieren können.“ Damit werde künftig eine Nutzung für viel spezifischere Bedürfnisse möglich sein.
Er hoffe, dass diese Anwendungen schon in wenigen Jahren so alltäglich geworden sein werden, dass es keiner allgemeinen Diskussion über KI mehr bedürfe, erklärte auch Schmieding. Es werde hoffentlich irgendwann Normalität sein, dass es Krankenhausinformationssysteme (KIS) gibt, die ohne Tastatur bedient werden können, oder dass Ärztinnen und Ärzte mit Leitlinien chatten, statt Informationen händisch aus ihnen herauszusuchen.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: