Viele Senioren wollen Telemedizin nutzen

Berlin – Bei Senioren gibt es eine große Bereitschaft, digitale Gesundheitsangebote zu nutzen. Die Zahl der über 65-Jährigen, die Apps, Videotelefonie oder Online-Terminvereinbarung bereits in Anspruch nimmt, wächst. Jeder dritte wünscht sich mehr telemedizinische Angebote. Das ergaben zwei repräsentative Untersuchungen des Digitalverbandes Bitkom.
Die Coronapandemie habe dazu beigetragen, dass ältere Menschen sich mehr mit digitalen Technologien beschäftigten und diese auch häufiger nutzten, sagte Bitkom-Präsident Achim Berg bei der Vorstellung der Ergebnisse. Insgesamt seien die Berührungsängste jedoch immer noch groß.
Auf breites Interesse stößt den Angaben zufolge bereits jetzt die elektronische Patientenakte. Demnach wollen 53 Prozent der Über-65-Jährigen von dem Angebot Gebrauch machen, sobald es etabliert ist. 40 Prozent können sich laut Studie vorstellen, E-Rezepte zu nutzen.
Auch bereits verfügbare Angebote sind für Ältere offenbar interessant, werden allerdings noch nicht so häufig genutzt. Demnach würden 50 Prozent der Befragten das Angebot einer telemedizinischen Überwachung des eigenen Gesundheitszustands grundsätzlich in Anspruch nehmen. Tatsächlich nutzen das Angebot bis jetzt nur sechs Prozent der Befragten. Das sind allerdings schon doppelt so viel wie noch im Januar.
Direkter Vergleich möglich
Für die Studie ließ der Bitkom jeweils im Januar und im Juni dieses Jahres mehr als 1.000 repräsentativ ausgewählte Senioren über 65 telefonisch befragen. So sei auch ein direkter Vergleich der Angaben vor und während der Coronapandemie möglich, erklärte Berg.
So ließe sich auch die gestiegene Nutzung von Kommunikation mit Ärzten über Chat und Messenger erklären. Von zuvor 16 Prozent stieg die Anzahl der Nutzer auf 19 Prozent. Grundsätzlich würden den Angaben zufolge 46 Prozent der über 65-Jährigen die Funktion nutzen.
Großen Zuspruch gibt es laut Studie auch für Online-Vergleichs- und Bewertungsportale für Ärzte – 54 Prozent haben Interesse an der Nutzung, 25 Prozent informierten sich hier im Juni bereits. 53 Prozent der Befragten interessieren sich zudem für SMS- oder E-Mail-Erinnerungen an Arzttermine. 38 Prozent nutzten dieses Angebot im Juni bereits.
Bei Männern und Frauen ergaben sich weder bei der Nutzung noch bei dem Interesse an digitalen Gesundheitsangeboten große Unterschiede. Dass insgesamt zwar viele Befragte angaben, Interesse an digitalen Gesundheitsangeboten zu haben, jedoch deutlich weniger die bereits verfügbaren Funktionen nutzen, führt Berg auch auf mangelnde Kenntnisse vieler Senioren zurück.
„Es gehört zu den wichtigsten Aufgaben der Digitalpolitik, gerade auch älteren Menschen den Zugang zur digitalen Welt zu erleichtern“, so Berg. Digitale Streetworker könnten demnach dabei helfen, ältere Menschen in die Onlinewelt zu begleiten. Das Konzept gibt es unter anderem auch in der Jugendarbeit, wo Sozialarbeiter Jugendliche beispielsweise auf Sozialen Medien ansprechen, um diese über verschiedene Themen aufzuklären.
In Kommunen sollten zudem Erfahrungs- und Erprobungsräumen eingerichtet werden, wo Medien und digitale Technologien niedrigschwellig ausprobiert werden könnten, ergänzte Berg. 59 Prozent der über 65-Jährigen wünschen sich laut Befragung mehr Hilfsangebote für Menschen, die nicht mit dem Internet großgeworden sind.
Die Berührungsängste vieler Senioren spiegeln sich auch in den übrigen Daten aus der Befragung. Nur knapp die Hälfte nutzt das Internet laut Analyse überhaupt regelmäßig. Die Nicht-Nutzer gaben mehrheitlich an, das Netz nicht zu brauchen, nicht über die technischen Möglichkeiten zu verfügen oder sich nicht mit dem Internet auszukennen.
Bei den Senioren, die angaben, regelmäßig im Netz zu surfen, haben im Laufe der Coronaepidemie laut Umfrage vor allem Videotelefonie, Onlinekäufe von Lebensmitteln sowie das Nachlesen von Neuigkeiten auf Onlineplattformen an Popularität gewonnen.
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