Sozialgerichte in Nordrhein-Westfalen von Krankenkassenklagen überschwemmt

Essen – Im Zuge der bundesweiten Klagewelle von Krankenkassen gegen Kliniken wegen möglicherweise fehlerhaften Krankenhausabrechnungen sind bei den acht Sozialgerichten in Nordrhein-Westfalen (NRW) bis zum 23. November bereits gut 10.000 Klagen eingegangen.
„In den Klagen sind häufig verschiedene Fälle zusammengefasst worden“, sagte LSG-Sprecher Uwe Hansmann. So gebe es etwa in Köln eine Klage mit einer Gesamtforderung von 1,3 Millionen Euro, in der 590 einzelne Behandlungsfälle geltend gemacht würden. Jeder Behandlungsfall sei gesondert zu prüfen. Daher müsse man bei den bis zum 23. November eingegangenen Klagen mit bis zu 50.000 Einzelansprüchen rechnen, sagte ein Sprecher des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen.
Er betonte, die Klagewelle führe dazu, dass bei den Mitarbeitern in der Erfassung und in der Geschäftsstelle bis hin zu den Richtern eine deutliche Belastung bestehe. Es sei davon auszugehen, dass das mit dem vorhandenen Personal nicht bewerkstelligt werden könne.
Mit dem Justizministerium in NRW sei man bereits im Gespräch über Abhilfemaßnahmen. Ministeriumssprecher Ralf Herrenbrück sagte, das Justizministerium prüfe derzeit gemeinsam mit dem Landessozialgericht die Möglichkeiten, dieser Überbeanspruchung der Sozialgerichte möglichst zeitnah zu begegnen.
Jedes einzelne Verfahren dauere in der Regel ein bis zwei Jahre, sagte der Gerichtssprecher. Grund sei unter anderem, dass meistens Sachverständigengutachten eingeholt würden, deren Anfertigung oft mehrere Monate dauere. Gehe das Verfahren dann in die zweite Instanz, könnten noch mal eineinhalb bis zwei Jahre hinzukommen.
Bei den Klagen geht um möglicherweise falsch berechnete Behandlungskosten, die Krankenkassen vorsorglich von den Kliniken zurückfordern. Hintergrund ist, dass der Bundestag Anfang November beschlossen hatte, die Verjährungsfrist dafür von vier auf zwei Jahre zu verkürzen. Um keine möglichen Ansprüche zu verlieren, reichten Kassen daraufhin kurzfristig tausende Klagen bei Sozialgerichten ein.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) rechnet bundesweit mit mehr als 200.000 Klagen und Rückforderungen von bis zu einer halben Milliarde Euro.
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