Politik

Streit um Prioritäten im Bundeshaushalt, Lindner mahnt Verzicht an

  • Dienstag, 11. April 2023
/picture alliance, Bernd von Jutrczenka
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Berlin – Im Streit um den nächsten Bundeshaushalt und die Finanzierung der Kindergrundsicherung hat Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) für einen Sparkurs geworben. Unter Verweis auf Milliarden­lücken stimmte er die Ampelkoalition auf Einschnitte und unbequeme Entscheidungen ein.

Die Koalitionspartner SPD und Grüne reagierten reserviert. Der Städte- und Gemeindebund (DStGB) rief die Regierung zu einer stärkeren Priorisierung ihrer Ausgaben auf.

„Die Politik muss wieder lernen, mit dem Geld auszukommen, das die Bürgerinnen und Bürger erwirtschaften“, sagte Lindner sagte der Rheinischen Post. Über jede einzelne Ausgabe werde nun „auf ihre Begründung und ihre Höhe hin“ beraten. „Da werden auch einige liebgewonnene Gewohnheiten auf den Prüfstand gestellt werden müssen.“

Wegen Unstimmigkeiten in der Koalition wurden in diesem Jahr bisher nicht wie sonst üblich Eckwerte für den Haushalt 2024 beschlossen. Der Regierungsentwurf soll nun nach der Steuerschätzung für Mai am 21. Juni vom Kabinett gebilligt werden. Danach ist der Bundestag am Zug, der den Haushalt Anfang Dezember beschließen will.

Lindner umriss die Dimension der Lücke: „Wir werden, Stand jetzt, im kommenden Jahr bei Einnahmen von 424 Milliarden ein Defizit von 14 bis 18 Milliarden Euro haben. Diese Haushaltslücke muss erwirtschaftet werden durch Verzicht.“

Wenn man dann noch zusätzliche Ausgabenschwerpunkte setzen wolle, zum Beispiel bei Verteidigung oder Bildung, dann müsse man umso mehr woanders kürzen. Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst seien auch noch zu berücksichtigen.

„Wofür in Deutschland das Geld ausgegeben wird, entscheidet am Ende der Deutsche Bundestag und nicht der Bundesfinanzminister. Wir erwarten von ihm einen ausgewogenen Entwurf als Diskussionsgrundlage“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dennis Rohde.

Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch sagte: „Es ist gut, dass der Finanzminister nun bereit ist, ergebnis­offen über alles zu sprechen. Dabei muss alles auf den Tisch, nichts darf vorab ausgeklammert werden. Prio­rität müssen unsere Kinder und sozialer Klimaschutz haben.“

Was weg könne, seien klimaschädliche Subventionen für fossile Energien. Gute Haushaltspolitik heiße, Prio­ritäten zu setzen. Der finanzpolitische Sprecher der Linke-Fraktion, Christian Görke, sprach sich dafür aus, Steuern für Superreiche zu erhöhen.

Der Städte- und Gemeindebund forderte die Bundesregierung dazu auf, den Koalitionsvertrag zu überarbeiten, um angesichts veränderter Umstände stärker zu priorisieren. „Nachdem der Staat Milliarden für die Gas- und Strompreisbremse investiert hat und die Staatsverschuldung mit über 2,3 Billionen Euro einen Höchststand erreicht hat, wird nicht alles, was wünschenswert ist, auch realisierbar sein“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Sparüberlegungen gibt es einem Bericht des Nachrichtenportals t-online zufolge im Bereich Bauen: Neubau­projekte des Bundes, etwa Pläne für Erweiterungen von Ministerien, die dem Bericht nach einen Umfang von 2,1 Milliarden Euro haben sollen, will das Finanzministerium überprüfen, wie es dem Portal mitteilte.

Umstritten in der Finanzplanung für die nächsten Jahre ist in der Koalition aber vor allem die Kindergrund­sicherung. Lindner bekräftigte, dass es aus seiner Sicht nicht in erster Linie um zusätzliche Milliardenaus­gaben, sondern eine bessere Verteilung geht. So seien das Kindergeld, der Kinderzuschlag und auch der Regelsatz des Bürgergelds schon deutlich erhöht worden, sagte er der Zeitung.

Zu Schätzungen von Familienministerin Lisa Paus (Grüne), die mögliche Kosten von zwölf Milliarden Euro genannt hatte, sagte Lindner: „Ich kenne deren Grundlage nicht. Meine Experten schätzen, dass durch die Automatisierung zwei bis drei Milliarden Euro an zusätzlichen Hilfen für Familien ausgezahlt werden.“

Nach Schätzungen des Familienministeriums erreicht etwa der Kinderzuschlag für Familien mit geringen Einkommen bisher nur etwa jedes dritte anspruchsberechtigte Kind. Vermutet wird, dass viele keinen Antrag stellen, weil sie von ihrem Anspruch nichts wissen oder die Beantragung zu kompliziert ist.

Der Kinderzuschlag soll wie diverse andere staatliche Leistungen ab 2025 in der neuen Kindergrundsiche­rung aufgehen. Eine einfache Antragsstellung über ein neues Portal soll sicherstellen, dass alle Anspruchsbe­rechtigten auch das ihnen zustehende Geld erhalten. Seit Wochen streiten Grüne und FDP aber darüber, wie viel das Vorhaben kosten soll.

dpa

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