TI-Pauschale: Preisumstellung verärgert Ärzte

Berlin – Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen (KVN) wirft einem IT-Anbieter vor, seine Preise erhöht zu haben, um im Rahmen der umgestellten Finanzierung der Telematikinfrastruktur (TI) mehr Geld einzunehmen. Der wiederum – das Unternehmen Medatixx – weist die Anschuldigungen zurück und betont, er wolle seine Kunden nur davor bewahren, in Vorleistung gehen zu müssen.
Seit dem 1. Juli gilt die neue Finanzierungsvereinbarung für TI-Komponenten. Das bisherige Erstattungsmodell mit Einmalzahlungen wurde dabei durch eine monatliche Pauschale ersetzt, die laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) im Regelfall weiterhin alle Kosten des Anschlusses und des Betriebs der TI abdecken soll.
Wenig später hatte das Medatixx-Tochterunternehmen I-Motion seine Kunden angeschrieben und ihnen eine automatische Vertragsumstellung zum 1. August mitgeteilt: Statt einzelne Komponenten und Fachdienste über TI-Zugangsverträge zu erwerben, würden sie demnach ab dem 1. August auf ein „TI as a Service“ genanntes Modell umgestellt.
Anders als bisher bleiben die Anschlussgeräte, also die Konnektoren, dabei im Eigentum von I-Motion und werden zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Das Versprechen des Unternehmens: „Sie müssen sich nicht mehr mit ablaufenden Zertifikaten, Fachmodullizenzen und anderen technischen Details zur TI auseinandersetzen“, heißt es in dem Anschreiben, das auf den 10. Juli datiert ist und dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt.
Die Kunden hatten bis zum 28. Juli Zeit, schriftlich gegen die Vertragsänderung zu widersprechen. „Wir werden uns im Falle eines Widerspruchs hinsichtlich Ihrer künftigen TI-Leistungen gesondert bei Ihnen melden“, schreibt das Unternehmen. „Zu der Frage, wie Sie Ihren Erstattungsanspruch geltend machen können, wenden Sie sich bitte an Ihre KV.“
Darüber haben sich nach Angaben der KVN zahlreiche Mitglieder beschwert. „Die Einführung der neuen monatlichen Erstattungspauschalen im Rahmen der Nutzung der TI haben einige Anbieter dazu genutzt, entsprechende Dienstleistungen preislich zu erhöhen. Damit wird der gesamte Erstattungsbetrag von ihnen vereinnahmt“, erklärte KVN-Vorstandsmitglied Nicole Löhr, ohne den Unternehmensnamen zu nennen.
Die von I-Motion angebotene Monatspauschale beträgt im Rahmen der Umstellung 190 Euro netto bei einer Mindestvertragslaufzeit von 24 Monaten, bei einer Mindestvertragslaufzeit von 72 Monaten sind es 145 Euro netto.
„Unabhängig von der von Ihnen gewählten Mindestlaufzeit unseres Vertrages gilt: Sie erhalten von Ihrer KV die volle TI-Monatspauschale in Höhe von 237,78 Euro brutto / 199,81 Euro netto“, erklärte I-Motion seinen Kunden. Welche Preise unter den jeweils gleichen Konditionen im vorherigen Vertragsmodell abgerufen wurden, erklärte das Unternehmen auf Nachfrage nicht.
Löhr kritisiert das neue Modell als unberechtigte Preiserhöhung: „Es kann nicht sein, dass so manches Unternehmen auf der Seite der Praxissoftwarehersteller mehr Geld von den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten verlangt, um die notwendigen Wartungsarbeiten an den Konnektoren durchzuführen“, erklärte sie Ende vergangener Woche.
Es handele sich immerhin um einen gesetzlichen Auftrag, dessen Erfüllung nun nicht der Umsatzmaximierung einiger Anbieter auf Kosten der niedergelassenen Mitglieder dienen dürfe. Außerdem sehe sie keine Mehrleistung der Unternehmen, die die gestiegenen Kosten rechtfertigt. Auch sei die kurze Fristsetzung für die Vertragsumstellung während der Sommerferien nicht hinnehmbar.
Medatixx weist diese Vorwürfe zurück. Bereits im Februar und März habe das Unternehmen seine Kunden über das neue Angebot informiert. Im März habe es darüber hinaus im Rahmen der Digitalmesse DMEA ein Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern aller regionalen KVen gegeben, in dem Medatixx über bereits gewonnene Erfahrungen aus der Praxis berichtet und mit den KV-Vertretern diskutiert habe.
Auch der Vorwurf der Preiserhöhung sei demnach unberechtigt. „Da sich das TI-Angebot der I-Motion im Rahmen und – je nach der von der Praxis gewählten Mindestlaufzeit – deutlich unter den vom Gesetzgeber festgelegten Refinanzierungsbeträgen bewegt, verstehen wir uns nicht als Adressat des Vorwurfs der Umsatzmaximierung einiger Anbieter auf Kosten der Ärzte“, erklärt das Unternehmen dazu.
Das Modell „TI as a Service“ sei vielmehr eine Antwort auf die Anforderungen durch den gestiegenen Komplexitätsgrad beim Betreiben eines TI-Anschlusses und die Neuregelung der gesetzlichen Finanzierungsvereinbarung.
Neben der Erstbereitstellung einzelner Komponenten beinhalten alle gesetzlich verpflichtenden, bisher einzeln kostenpflichtigen Fachmodule und Fachdienstlizenzen, hinzu kämen Ausfallschutz, Firmwareupdates und Wartungsdienstleistungen. Das entspreche somit einer deutlichen Ausweitung des Leistungsinhaltes im Vergleich zum bisherigen Wartungsvertrag gemäß der bis zum 30. Juni 2023 geltenden Finanzierungsvereinbarung.
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