Finanzierungsgrundlage für Telematikinfrastruktur angepasst

Berlin – Praxen müssen erst ab dem 1. März 2024 in der Lage sein, elektronische Arztbriefe (eArztbriefe) zu versenden, um die volle Telematikinfrastruktur(TI)-Pauschale zu erhalten. Das hat die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit Verweis auf das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) mitgeteilt. Bisher sollte das zum 1. Juli dieses Jahres greifen.
Das Ministerium folgt damit einem Appell der KBV. Diese hatte die Verschiebung der Frist verlangt, weil noch nicht alle Softwarehäuser das geforderte eArztbrief-Modul bereitstellen. Die Änderung gliedert sich der KBV zufolge in weitere Anpassungen der zum 1. Juli in Kraft getretenen Festlegung zur Finanzierung der Telematikinfrastruktur ein. Die vom BMG vorgenommenen Änderungen zur TI-Pauschale gelten rückwirkend ab 1. Juli.
Vorweg: Bei den Hauptkritikpunkten der KBV an der nicht ausreichenden Erstattung und der sanktionsmäßigen Kürzung der Pauschale hat sich nichts geändert. Die Höhe der TI-Pauschale ist abhängig vom Zeitpunkt der Erstausstattung und vom Zeitpunkt des Konnektorentauschs. Bei Fehlen von Anwendungen und Komponenten wird die Pauschale gekürzt. Trotzdem ist das Ministerium an einigen Stellen der Kritik der KBV und Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) gefolgt.
Eine Anpassung betrifft laut KBV die Nachweispflichten. Die KVen können für Fachgruppen Ausnahmen vorsehen, die im Regelfall einzelne Anwendungen in ihrem Versorgungskontext nicht nutzen. Solche Ausnahmen sind jetzt auch für die Gruppe der Psychologischen Psychotherapeuten möglich, die weder Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen noch Arzneimittelverordnungen ausstellen darf.
Die KVen könnten festlegen, dass Psychologische Psychotherapeuten für diese Anwendungen keine Technik vorhalten müssten, teilte die KBV mit. Bislang wäre ihnen bei fehlendem Nachweis der Technik die Pauschale gekürzt worden.
Ausnahmen sind daneben beispielsweise bei Fachärzten wie Anästhesisten erlaubt, die an unterschiedlichen OP-Standorten tätig sind. Auch sie können keine AU-Bescheinigungen und keine Verordnungen ausstellen, sofern sie nur mit einem mobilen Kartenterminal im Einsatz sind.
Darüber hinaus soll es Erleichterungen bei den Nachweispflichten für Vertragsarztpraxen geben, die im Zusammenhang mit der Umstellung auf die TI-Pauschale ihr Praxisverwaltungssystem wechseln. Sie müssten einen Großteil der Nachweise erst ab dem zweiten Quartal 2024 darlegen, so die KBV.
Angepasst hat das BMG die TI-Pauschale für große Praxen. Praxen und Medizinische Versorgungszentren (MVZ) mit mehr als neun Ärzten/Psychotherapeuten erhalten eine höhere TI-Pauschale. Dies sei deshalb relevant, weil die Ausstattung der Praxen mit stationären Kartenterminals und elektronischen Heilberufsausweisen (eHBA) von der Anzahl der Ärzte abhängig sei, so die KBV.
Nach der alten Regelung hätten diese großen Praxen die gleiche Pauschale erhalten wie Praxen mit sieben bis neun Ärzten. Jetzt steige die Pauschale stufenweise um einen festen Betrag an, sobald bis zu drei Ärzte oder Psychotherapeuten mehr in der Praxis oder dem MVZ tätig seien, hieß es.
So wird die TI-Pauschale für Praxen, deren Erstausstattung vor 2021 erfolgte und die den Konnektor noch nicht getauscht hat, um 28,60 Euro auf 352,50 Euro erhöht, wenn dort zehn bis zwölf Ärzte arbeiten. Bei 13 Ärzten beispielsweise kommen weitere 28,60 Euro dazu.
Zudem wurde bei der für die TI-Pauschale relevanten Anzahl der Ärzte und Psychotherapeuten in einer Praxis der Bezug auf die kumulierten Vollzeitäquivalente gestrichen. Maßgeblich ist die Größe der Praxis am letzten Tag des Quartals. Dabei ist es egal, ob jemand Vollzeit oder verkürzt arbeitet, entscheidend ist die Zahl der Köpfe.
Darüber hinaus hat das BMG die Frist verschoben, bis zu der Ärzte und Psychotherapeuten die bis einschließlich zum 30. Juni 2023 entstandenen Ansprüche auf die alten TI-Finanzierungspauschalen gelten machen können. Dies ist jetzt bis 30. Juni 2024 möglich (alt: 31. Dezember 2023).
Die KBV hatte sofort nach Bekanntwerden der neuen Finanzierungsregelung Ende Juni klragestellt, dass diese keine geeignete und ausreichende finanzielle Grundlage für die Anbindung der Praxen an die TI darstellt und grundlegende Änderungen gefordert.
„Die Überarbeitung war dringend notwendig, ansonsten hätten viele Praxen völlig unverschuldet eine noch niedrigere Pauschale erhalten oder wären leer ausgegangen“, sagte KBV-Vorstandsmitglied Sibylle Steiner. Auch die Abrechnung und Auszahlung der TI-Pauschale wären nicht ohne weiteres möglich gewesen.
Verärgert zeigte sie sich, dass das BMG grundsätzlich an den überproportionalen Kürzungen festhält, wenn Praxen noch nicht jede geforderte Anwendung oder Komponente vorhalten. So erhielten Ärzte und Psychotherapeuten nur die halbe monatliche TI-Pauschale, wenn eine einzelne TI-Anwendung durch die Arztpraxis nicht unterstützt wird, also sie beispielsweise noch keinen KIM-Dienst haben.
Steiner: „Diese Sanktionen müssen weg.“ Zudem bekräftigte sie ihre Forderung nach einer kostendeckenden Finanzierung. Diese sei mit der TI-Pauschale nicht gewährleistet.
Zur Erinnerung: Die Umstellung der TI-Finanzierung auf eine Monatspauschale ist zum 1. Juli erfolgt. Praxen erhalten danach monatlich einen festen Betrag, der laut Ministerium die Ausstattungs- und Betriebskosten der Telematikinfrastruktur ausgleichen soll.
Die Auszahlung erfolgt nur, wenn die technischen Voraussetzungen für die Nutzung aller gesetzlich geforderten Anwendungen in der Praxis vorliegen. Anderenfalls wird die Pauschale gekürzt beziehungsweise nicht ausgezahlt.
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