Verbände setzen Signal gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalismus

Berlin – Immer mehr Verbände im Gesundheitswesen treten für die Achtung der Menschenrechte ein und warnen vor Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung.
„Wissenschaftliche medizinische Forschung und Lehre profitieren seit je her vom internationalen Austausch und leben von menschlicher Vielfalt. Die AWMF bekennt sich geschlossen zu Toleranz und Vielfalt“, sagte der Präsident der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), Rolf-Detlef Treede.
Angehörige von Heilberufen seien der uneingeschränkten Humanität verpflichtet. Faktoren wie ethnische Herkunft, Staatsangehörigkeit, Glaube, Behinderungen, Geschlecht oder sexuelle Orientierung dürften ihre Arbeit in der Gesundheitsversorgung, Forschung und Lehre nicht beeinträchtigen, hieß es aus der AWMF.
Ebenso äußerte sich die Abgeordnetenversammlung der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein (KVSH): „Als demokratisch gewählte Vertreterinnen und Vertreter der Abgeordnetenversammlung der KV Schleswig-Holstein engagieren wir uns für unsere freiheitliche Demokratie im Geiste von Toleranz, Vielfalt, Respekt und Kompromissfähigkeit“, heißt es in einer Erklärung.
Die Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen (kvt) hat sich dem Bündnis „Weltoffenes Thüringen“ angeschlossen. „Als Ärzte und Psychotherapeuten gehört es zu unserem beruflichen Ethos allen Menschen, egal welcher Herkunft oder privater Orientierung, zu helfen. So vielfältig unsere Patienten sind, so vielfältig ist auch unsere Berufsgruppe“, hieß es aus der KV. Dem Bündnis haben sich bislang 5.700 Organisationen, Unternehmen, Verbände, Hochschulen und Einzelpersonen angeschlossen.
Auch der Hausärzteverband Hessen (HÄVH) positioniert sich gegen Rechtsextremismus und ruft dazu auf, sich für die Achtung der Menschenwürde, für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit einzusetzen. „Vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse in Deutschland rufen wir eindringlich dazu auf, die freiheitliche Gesellschaft gegen demokratiefeindliche Kräfte zu verteidigen und sich jeglichen radikalen, ausgrenzenden Tendenzen entgegenzustellen“, heißt es in einem offenen Brief des Vorstands des HÄVH.
Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband und seine Landesverbände würden sich „klar zu Toleranz, Menschlichkeit und Vielfalt“ bekennen und für den Schutz unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung eintreten, hieß es. In hausärztlichen Praxen würden Menschen unabhängig von Herkunft, Glaube, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, sexueller Orientierung oder jeglicher anderer Faktoren hochwertig versorgt.
„Nicht schweigen, sondern Haltung zeigen“, hatte vor einigen Tagen bereits die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) gefordert. „Die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen versorgen mit ihren Teams der Medizinischen Fachangestellten täglich Millionen von Menschen, unabhängig irgendwelcher ethnischer oder sonstiger Zugehörigkeiten“, betonte der KBV-Vorstand.
Die AOK Bayern betonte, sie stehe als größte Krankenkasse in Bayern für die Grundsätze einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Außerdem sprächen sich der Verwaltungsrat der AOK Bayern wie auch der Vorstand für Toleranz, Vielfalt, Solidarität und Weltoffenheit aus. Vor dem Hintergrund des aktuell gesellschaftspolitisch aufgeheizten Klimas erteilt die Gesundheitskasse jeder Form von Hass, Hetze, Rechtsradikalismus und Diskriminierung eine klare Absage.
„Wir wenden uns gegen Extremismus jeder Couleur. Das, was aktuell von rechtsextremen Kreisen diskutiert wird, ist unvereinbar mit einer freien und offenen Gesellschaft auf dem Boden unserer demokratischen Grundordnung“, hieß es auch von der KV Hessen.
Und es sei unvereinbar mit dem, was sowohl in den Praxen als auch in der Verwaltung der KV Hessen Tag für Tag gelebt und als Bereicherung erlebt werde. „Hier geht es nicht um ethnische Herkunft, religiöse Zugehörigkeit oder sexuelle Orientierung, um nur einige Themen zu nennen.“
Auch die Vertreterversammlung und der Vorstand der KV Saarland treten entschieden allen rassistischen und fremdenfeindlichen Äußerungen entgegen. Das Genfer Gelöbnis, die zeitgemäße Anpassung des Hippokratischen Eides, werde in medizinethischen Fragen als Richtlinie für ärztliches Handeln angeführt, hieß es.
Darin stehe: „Ich werde nicht zulassen, dass Erwägungen von Alter, Krankheit oder Behinderung, Glaube, ethnischer Herkunft, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, politischer Zugehörigkeit, Rasse, sexueller Orientierung, sozialer Stellung oder jeglicher anderer Faktoren zwischen meine Pflichten und meine Patientin oder meinen Patienten treten“.
Die Sächsische Landesärztekammer lehnt jede Form von Extremismus ab und unterstützt die demokratischen Kräfte in der Zivilgesellschaft. Mit Sorge betrachtet die Ärzteschaft die teilweise Infragestellung von demokratischen Werten und Rechtsstaatsprinzipien. Menschenwürde und Mitmenschlichkeit sind für Ärztinnen und Ärzte zentrale Prinzipien der ärztlichen Ethik und nicht verhandelbar.
Ohne Kolleginnen und Kollegen aus dem Ausland oder mit Migrationshintergrund sei eine wohnortnahe Versorgung nicht mehr denkbar, betonten Andreas Gassen, Stephan Hofmeister und Sibylle Steiner.
Auch Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), betonte Mitte Januar, dass Pluralismus, Toleranz und Kompromissfähigkeit Wesenselemente einer freiheitlichen Demokratie seien. Ärztinnen und Ärzte verurteilten „alle extremistischen politischen Bestrebungen, die diese Wesenselemente auch nur ansatzweise infrage stellen“, sagte der Ärztepräsident.
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