Versorgungssituation in der häuslichen Intensivpflege ausbaufähig

Köln – Im Bereich außerklinischen Intensivpflege besteht Optimierungspotenzial zur Stärkung der Angehörigen/Familien-Situation, der versorgenden Dienste und Einrichtungen sowie der ärztlichen Versorgungsmöglichkeiten. Das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung (DIP) hat mit dem 10. Pflege-Thermometer für das Jahr 2022 die bislang größte Befragung im Bereich der häuslichen Intensivversorgung durchgeführt.
In der Studie wurden 299 Menschen mit häuslichem Intensivversorgungsbedarf und ihre Familien eingeschlossen sowie 303 Pflegende befragt. Zudem wurden 94 Leitungen von ambulanten Diensten, Wohngemeinschaften oder stationären Einrichtungen eingeschlossen.
Erfragt wurden Aspekte zur Betreuung, Teilhabe und Lebenswirklichkeit von Menschen mit häuslichem Bedarf an intensivpflegerischer Versorgung sowie die Perspektive von Pflegenden und Einrichtungsleitungen.
In der Patientengruppe haben 24,1 % die online-gestützte Befragung selbstständig ausgefüllt. Etwa 90,3 % wohnen in Privathaushalten, überwiegend mit An- und Zugehörigen (72,6 %), nur etwa jeder 5. (19,6 %) lebte allein.
Insgesamt waren 90,0 % der Teilnehmenden mit der aktuellen Wohnsituation zufrieden und hätten keinerlei Änderungswünsche. Fast 80 % haben mindestens einmal in der Woche persönlichen Kontakt mit Freunden oder Angehörigen, die nicht im Haushalt leben und nur 1,6 % gaben an, sie hätten ausschließlich therapiebedingte Kontakte.
Neben technischer Unterstützung im Bereich medizinischer Versorgung (89,4 %) kommen auch Hilfsmittel zur Förderung der Mobilität (92,1 %) zum Einsatz. 93,6 % der Befragten empfanden die generelle Teilhabe an Entscheidungen als wichtig oder sehr wichtig, z.B. über die Bestimmung des Ortes, an dem die Versorgung stattfindet.
„Im Zentrum aller Bemühungen steht die Ermöglichung einer guten Lebensqualität bei Sicherung der Selbst- und Mitbestimmung in Fragen der Versorgung und Therapie“, erläuterte Projektleiter des 10. Pflege-Thermometers Michael Isfort vom Institut für Pflegewissenschaft und Versorgungsforschung an der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen (KatHO NRW) in Köln.
„Das geht weit über die Sicherstellung der medizinischen oder pflegerischen Versorgung hinaus und bedeutet z.B. soziale Teilhabe und Mobilität zu unterstützen. Der Wunsch, in der eigenen Häuslichkeit zu leben, hat dabei für die betroffenen Menschen Priorität.“
Nur 6,8 % der Befragten nutzten telemonitorische Lösungen/Telemedizin (z. B. Endgeräte zur Videoberatung, Datenübertragung von Therapieverläufen), jedoch erachteten etwa 44,0 % der Patienten diese als potenziell hilfreich für die Versorgungssicherung.
50,0 % der Menschen mit Intensivversorgungsbedarf wurden neben dem Hausarzt von 2-4 weiteren Fachärzten betreut. Ein Großteil der Befragten gab an, sofort oder innerhalb einer angemessenen Wartezeit einen Termin für notwendige Regel- und Kontrolluntersuchungen im Hausarztbereich (92,6 %) bzw. im Facharztbereich (81,5 %) zu erhalten.
Knapp die Hälfte der Menschen mit Intensivversorgungsbedarf (49,2 %) gab an, dass Ihre An- und Zugehörigen in allen Teilbereichen der Versorgung aktiv Aufgaben übernehmen. Lediglich 8,7 % gaben an, keine Angehörigen in die Versorgung einzubeziehen. „Insbesondere die Angehörigen müssen zukünftig besser unterstützt werden.
Viele Familien übernehmen in vielen Bereichen der Versorgung Aufgaben. So müssen sie immer häufiger unbesetzte Versorgungszeiten von Diensten ausgleichen und es wird für sie zugleich schwieriger, Dienste zu wechseln oder eigenes Pflegepersonal zu organisieren“, betonte Isfort.
Die ambulante häusliche Intensivversorgung ist aus der Sicht von beschäftigten Pflegenden ein Einsatzbereich, den sie sehr bewusst ausgewählt haben, zum Beispiel weil sich die speziellen Arbeitszeitmodelle (z. B. 12- oder 24-Stunden-Dienste) gut mit der individuellen Lebenssituation verbinden konnten (67 %).
Wichtige Merkmale für die Attraktivität eines Arbeitgebers waren unbefristete Arbeitsverhältnisse (58,4%), Verlässlichkeit des Dienstplans (53,8 %) und eine angemessene Entlohnung (50,2 %).
Als einen möglichen Lösungsansatz zur Verbesserung der ärztlichen Versorgungsmöglichkeiten könnte der Ausbau von Digitalisierung und Telemedizin, der bislang nur in geringem Umfang Anwendung findet, beitragen schlussfolgern die Studienautoren.
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