Ärzteschaft

Wie mehr Menschen vor einem lebensbedrohlichen Herz-Kreislauf­-Stillstand geschützt werden könnten

  • Dienstag, 12. Dezember 2023
/chalabala, stock.adobe.com
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Nürnberg – Maßnahmen, die für eine höhere Quote geretteter Menschen nach Herz-Kreislauf-Stillstand sorgen sollen, hat eine interdisziplinäre Expertengruppe entwickelt. Die Arbeit erfolgte unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI), des Berufsverbandes deutscher Anästhesistinnen und Anästhesisten (BDA) und des deutschen Reanimationsregisters. Die Thesen sind in der Zeitschrift Anästhesiologie und Intensivmedizin erschienen.

In Deutschland erleiden laut den Gesellschaften jedes Jahr rund 113.000 Menschen einen Herz-Kreislauf-Stillstand, ein Drittel von ihnen ist im erwerbstätigen Alter. In rund 60.000 Fällen wird mit Wiederbelebungsmaßnahmen begonnen. 33 Prozent von diesen Patientinnen und Patienten erreichen lebend das Krankenhaus, elf Prozent verlassen es lebend.

Die Gesellschaften erweitern für ihren Maßnahmenplan zunächst Begrifflichkeiten: Statt von der „Rettungskette“ sprechen sie von einer „Überlebenskette“. Diese schließt Hausärztinnen und -ärzten ein, weil sie durch Prävention und Identifikation von Risiken möglicherweise einen plötzlichen Herzstillstand verhindern können. Zum anderen betreuen sie die Patientinnen und Patienten nach einem überlebten Herz-Kreislauf-Stillstand weiter und haben somit eine entscheidende Rolle, das Risiko eines weiteren zu verhindern.

Die Politik muss laut den Gesellschaften die Infrastrukturen dafür schaffen, dass die Fähigkeiten zum Leben retten bereits in der Schule vermittelt werden und in allen Lebensphasen und -bereichen auch im Erwachsenenalter unterstützt und aufrechterhalten werden. Das Thema sollte daher in einem nationalen Gesundheitsziel festgeschrieben werden.

Wichtig sei außerdem die postmortale Aufarbeitung eines plötzlichen Herztodes, aber auch die klinische Aufarbeitung eines überlebten Herz-Kreislauf-Stillstands – unter anderem, um eine genetische Erkrankung zu erkennen und Familienangehörige in besondere Präventionsprogramme aufzunehmen. „Gegenwärtig finden die erforderlichen Untersuchungen nach plötzlichem Herz-Kreislauf-Stillstand und erfolgloser Reanimation nur fragmentiert statt, da kein systematischer Prozess für die regelhafte Durchführung in Deutschland etabliert ist“, kritisiert die Autorengruppe.

Sie fordern ebenso, dass die bislang getrennten Welten der Reanimationsversorgung – etwa die Leitstelle am Beginn der Überlebenskette und die Kliniken an deren Ende – zu einer Handlungseinheit zusammenwachsen müssten. Interaktion müsse gefördert, eine offene Kommunikation gewährleistet und Feedbackmechanismen strukturiert werden. All dies sei strukturell in Deutschland bislang nicht implementiert.

Die Gesellschaften hatten zehn Thesen für eine höhere Quote geretteter Menschen nach Herz-Kreislauf-Stillstand bereits vor rund zehn Jahren in den sogenannten Bad Boller Reanimationsgesprächen entwickelt. Dessen Ergebnisse hat die Gruppe jetzt weiterentwickelt.

Eine der durch die Formulierung der zehn Thesen 2014 inzwischen implementierten Errungenschaften ist laut den Gesellschaften der Aufbau von speziellen Cardiac Arrest Centern in Kliniken, die eine spezialisierte Krankenhausbehandlung während und nach der Wiederbelebung gewährleisten. In ihrem Thesen-Update betonen die Experten nochmals deren Bedeutung. „Die Behandlung in einem Cardiac Arrest Center ist durch die fachliche Kompetenz, die apparative Ausstattung und die enge interdisziplinäre Kooperation mit einer besseren Überlebensrate sowie einem besseren neurologischen Behandlungsergebnis verbunden“, erläutern sie.

hil

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