Politik

Zu wenige Psycho­therapeuten­sitze: Hoch schreibt an Lauterbach

  • Montag, 21. November 2022

Mainz – Der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch hat sich in einem Brief an Bundesge­sundheitsminister Karl Lauterbach (beide SPD) für eine schnelle Aufstockung von Sitzen für Vertragspsycho­therapeuten stark gemacht. „Bei der psychotherapeutischen Bedarfsplanung gibt es echten Handlungsdruck“, sagte er.

Die langen Wartezeiten wirken sich Hoch zufolge besonders negativ auf psychisch erkrankte Kinder und Ju­gendliche aus, da sie zu einer Verschlimmerung und Chronifizierung vorhandener Störungen führen könnten. „Negative Folgen für den weiteren Lebens- und Bildungsweg der betroffenen jungen Menschen sind zu be­fürchten.“

Der SPD-Politiker fordert die Bundesregierung auf, bereits im Vorgriff auf die im Koalitionsvertrag festgelegte grundlegende Reform der psychotherapeutischen Bedarfsplanung aktiv zu werden und für mehr Therapie­plätze – insbesondere für Kinder und Jugendliche – zu sorgen.

Hoch sieht drei Möglichkeiten, die mit Gesetzesänderungen oder Entscheidungen des Gemeinsamen Bundes­ausschusses (G-BA) kurzfristig die Lebenssituation der Menschen verbessern könnten.

Ein Ansatzpunkt sei das Verhältnis der zugelassenen Psychotherapeutenkassensitze zur Einwohnerzahl, sagte Hoch. Nach den Vorgaben des G-BA komme in zentralen Orten ein Therapeut auf 3.173 Einwohner, im Umland dieser Großstädte kommt einer auf 6.390 Einwohner.

„Die Zahl ist viel höher, weil man davon ausgeht, dass auch Menschen aus den ländlichen Regionen zu einem Arzt beziehungsweise Psychotherapeuten in der Großstadt gehen“, erläuterte Hoch. „In den rein ländlichen Bereichen kommt ein Therapeut auf 5.754 Einwohner.“

Rheinland-Pfalz als ländlich geprägtes Bundesland habe vielerorts daher sehr wenige Kassensitze für Psycho­therapeuten. Wenn das Verhältnis in den Regionen auf einen Therapeuten pro 4.500 Einwohner erhöht wer­den könnte, entstünden rund 140 zusätzliche Sitze für Vertragspsychotherapeuten.

„Für die Wartezeiten wäre das schon eine ziemlich große Entlastung“, sagte Hoch. Im Gegensatz zu anderen medizinischen Berufen gebe es zudem keinen Fachkräftemangel. „Wir haben genügend ausgebildete Psycho­therapeuten und Psychotherapeutinnen, die aber keine Kassenzulassung haben.“

Aus Sicht der Landespsychotherapeutenkammer (LPK) fehlen mindestens 200 zusätzliche Kassensitze, um eine angemessene psychotherapeutische Versorgung gewährleisten zu können. Darunter müssten nach Ein­schätzung der Kassenärztlichen Vereinigung rund 40 bis 50 Sitze für Kinder-und Jugendlichenpsychothera­peu­ten sein, sagte eine LPK-Sprecherin.

Ebenfalls rund 140 Kassensitze könnten geschaffen werden, wenn die rechnerische Überversorgung weiter gefasst werde „und wir nicht bei 110 Prozent weitere Zulassungen sperren, sondern erst bei 140 Prozent“, er­klärte Hoch seinen zweiten Vorschlag. Dies würde zwar nicht nur den Vorteil in ländlichen Regionen bringen, sondern sich anders verteilen. „Aber in Rheinland-Pfalz sind die Wege auch nicht so weit.“

„Die dritte Möglichkeit wäre, wenn die psychiatrischen Krankenhäuser oder Fachabteilungen, die eine statio­näre psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung anbieten, für eine Übergangszeit eine sogenannte Insti­tutsermächtigung bekämen“, sagte Hoch.

„Dann könnten die Ärzte und Ärztinnen und die Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die im Kran­ken­haus tätig sind, auch ambulante psychotherapeutische Angebote machen, und wir würden darüber hinaus sogar noch die Krankenhausstandorte stärken.“

dpa

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