Vermischtes

Zunehmender Crackkonsum in Großstädten

  • Mittwoch, 24. April 2024
/DenisProduction.com, stock.adobe.com
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Berlin – Drogenhilfeeinrichtungen und Drogenkonsumräume sehen sich mit einer zunehmenden Zahl an Crackkonsumierenden konfrontiert, auf deren Besonderheiten sie reagieren müssen.

„Die Folgen von Crackkonsum sind gravierend. Die Menschen verelenden und verwahrlosen erkennbar. Auf­grund des fehlenden Hunger- und Durstgefühls bei Dauerkonsum sind sie auch in einem sehr schlechten Ernährungszustand“, sagte Burkhard Blienert, Beauftragter der Bundesregierung für Sucht und Drogenfragen, bei einem Besuch eines Drogenkonsumraums von Fixpunkt in Berlin-Neukölln.

Die Deutsche Aidshilfe hat deshalb in Kooperation mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Drogenkonsum­räume in Deutschland Empfehlungen zum Umgang mit Crackkonsumierenden „aus der Praxis für die Praxis“ erarbeitet.

Darin zu finden sind niedrigschwellige Maßnahmen für die Suchthilfe. Die Handreichung enthält sowohl Empfehlungen für die Infektionsprophylaxe als auch für Tagesruhebetten und Ernährung.

„Wir haben ein ernsthaftes Crackproblem in vielen Großstädten – darum müssen wir uns kümmern", erklärte der Drogenbeauftragte. Crack sei seit den 1990er-Jahren auf dem deutschen Drogenmarkt bekannt – lange Zeit aber vor allem lokal begrenzt auf Städte wie zum Beispiel Frankfurt am Main.

Inzwischen nehme der Crackkonsum aber auch in Städten in Nordrhein-Westfahlen wie Köln und im Ruhrge­biet zu sowie in Hamburg und Berlin. Für Europa sprach Blienert von einer Verdreifachung der Zahlen seit 2016.

Crack wird aus Kokain und Natron hergestellt. Die Droge wird in kleinen Pfeifen geraucht und wirkt in Se­kundenschnelle. Crack greift massiv in die Hirnchemie ein und gilt daher neben beispielsweise Methamphe­tamin, Heroin und Fentanyl als die Droge mit dem höchsten psychischen Abhängigkeitspotenzial.

„Crackkonsumierende nehmen die Droge über Stunden und Tage, ohne dass ein Sättigungsgefühl eintritt und ohne Schlaf, bis sie irgendwo meist im öffentlichen Raum einschlafen“, berichtete Dirk Schäffer von der Deutschen Aidshilfe.

Aufgrund des Nahrungs-, Flüssigkeits- und Schlafmangels würden Crackabhängige in extrem kurzer Zeit stark abbauen. In der Handreichung wird Drogenhilfeeinrichtungen und Drogenkonsumräumen deshalb empfohlen, den Betroffenen hochkalorische Nahrung und Getränke anzubieten. Außerdem sollten sie möglichst Schlaf­gelegenheiten für einige Stunden vorhalten.

„Dauerhafter Crackkonsum führt häufig auch zu psychischen Auffälligkeiten wie verstärkter Reizbarkeit, Be­einträchtigung des Realitätsbezugs, aber auch zu Depressionen und Ängsten“, erläuterte Schäffer. Die Mit­arbeitenden in der Suchthilfe müssten deshalb besser auf den Umgang mit den enormen psychischen Folgen des Crackkonsums vorbereitet werden.

Darüber hinaus sollten Drogenkonsumräume in Großstädten aller Bundesländer zur Verfügung stehen, forderte der Experte der Aidshilfe. „Niemandem gefällt es, dass Crack vor dem Hauptbahnhof oder auf dem Marktplatz geraucht wird, aber suchtkranke Menschen müssen sich irgendwo aufhalten dürfen.“ Durch Orte für den Konsum könnten die Konflikte und Belästigungen im öffentlichen Raum abnehmen.

Die Bundesregierung hat die Rechtsgrundlage dafür geschaffen, dass die Bundesländer durch Verordnungen die Einrichtung von Drogenkonsumräumen ermöglichen können. Derzeit existieren Erlaubnisverordnungen für den Betrieb von Drogenkonsumräumen aber nur in Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Saarland.

Astrid Leicht, Geschäftsführerin des Fixpunkt, Betreiber von drei Drogenkonsummobilen in Berlin, bezeichnete die Harm Reduction-Maßnahmen für Drogenkonsumierende in den Konsumräumen als „überlebenswichtig“. Sie wünscht sich darüber hinaus bessere und vielfältigere Zugänge zur Suchtmedizin und -therapie für die Betroffenen.

PB

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