2,86 Millionen Menschen sind pflegebedürftig

Wiesbaden – Die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland steigt weiter: Im Dezember 2015 waren 2,86 Millionen Menschen auf Pflege angewiesen. Das sind rund 234.000 beziehungsweise knapp neun Prozent mehr als zwei Jahre zuvor, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden heute mit.
Etwa drei Viertel (2,08 Millionen) aller Pflegebedürftigen wurden zu Hause versorgt, die meisten davon allein von Angehörigen. Das betraf knapp 1,4 Millionen. Bei rund 692.000 der Menschen, die zu Hause gepflegt wurden, geschah das mithilfe ambulanter Pflegedienste. Gut ein Viertel (783.000) der Pflegebedürftigen lebten in Pflegeheimen.
Im Vergleich zu 2013 stieg die Zahl der in Heimen vollstationär betreuten Menschen eher unterdurchschnittlich um 2,5 Prozent oder 19.000 – im Vergleich zu 2001 sind es allerdings 192.000 mehr, was einem Anstieg um ein Drittel entspricht.
Deutlich zugenommen hat die Pflege zu Hause um 11,6 Prozent oder 215.000 zwischen 2013 und 2015, was auch auf die zahlreichen Reformen der Pflegeversicherung zurückzuführen ist. Im Schnitt betreute ein Pflegedienst 52 Pflegebedürftige. Von den rund 13.300 ambulanten Diensten waren etwa zwei Drittel in privater Trägerschaft.
Ein Drittel hatte einen freigemeinnützigen Träger, wozu etwa Diakonie und Caritas zählen. Insgesamt arbeiteten bei den Pflegediensten rund 356.000 Beschäftigte, die Mehrheit davon in Teilzeit. Das entspricht dem Statistikamt zufolge etwa 239.000 Vollzeitstellen.
Von den 2,9 Millionen Pflegebedürftigen wiesen etwa 1,2 Millionen eine erheblich eingeschränkte Alltagskompetenz auf. Dies betrifft vor allem Demenzkranke, Menschen mit geistigen Behinderungen oder psychischen Erkrankungen. Mit der Einführung eines neuen Begutachtungssystems bei der Einstufung in der Pflege zu Jahresbeginn wurde die Situation für diese Menschen weiter verbessert. Bei der Begutachtung sollen jetzt körperliche und geistige Defizite gleichermaßen berücksichtigt werden.
Mit zunehmendem Alter werden Menschen in der Regel eher pflegebedürftig. Wie die Statistik zeigt, waren 83 Prozent der Pflegebedürftigen im Jahr 2015 65 Jahre und älter, mehr als ein Drittel (37 Prozent) war mindestens 85 Jahre alt. Die meisten Pflegebedürftigen waren Frauen (64 Prozent).
Auffällig ist, dass Frauen etwa ab dem 80. Lebensjahr eine deutlich höhere Pflegequote aufweisen – also eher pflegebedürftig sind als Männer dieser Altersgruppe. So beträgt zum Beispiel bei den 85- bis unter 90-jährigen Frauen die Pflegequote 44 Prozent, bei den Männern gleichen Alters hingegen 31 Prozent. Grund dafür könne neben der unterschiedlichen gesundheitlichen Entwicklung auch die Tatsache sein, dass Frauen häufiger allein leben und bei Pflegebedarf schneller ein Antrag nötig ist. Pflegebedürftige Männer würden häufig zuerst von ihren Frauen versorgt.
Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, hält die Pflege trotz zahlreicher Reformen immer noch für eine „Baustelle“. Vor allem die Stärkung der Prävention müsse oberste Priorität bekommen. „Es ist belegt, dass sich durch Prävention und Rehabilitation bei vielen älteren Patienten die Pflegebedürftigkeit vermeiden oder hinausschieben lässt", erklärte Mascher. Sie forderte auch, dass Pflegebedürftigkeit nicht arm machen dürfe. Immer mehr Menschen könnten die Heimkosten nicht mehr bezahlen und bräuchten staatliche Unterstützung. Um dem vorzubeugen fordert der VdK eine jährliche automatische Anpassung der Pflegeversicherungsleistungen.
Der Sozialverband AWO forderte mehr Pflegepersonal. Der Pflegeberuf müsse attraktiver und die Finanzierung der Pflege gesichert werden. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz verwies darauf, dass die Unterstützung durch Partner und Familien in der Pflege nicht weiter wachse. „Nachbarschaften, Freundschaften und die Pflegehilfe aus Osteuropa gewinnen an Bedeutung“, erklärte Vorstand Eugen Brysch.
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