Ärzteschaft

KBV-Chef fordert Entbudgetierung im ambulanten Bereich

  • Freitag, 2. März 2018
Andreas Gassen /Lopata
Andreas Gassen /Lopata

KBVForderung im Koalitionsvertrag

Berlin – Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (

von Union und SPD, die Sprech­stunden­zeiten der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte von 20 auf 25 Stunden auszuweiten.

) hat die Budgetierung im ambulanten Bereich angeprangert. Das Grundproblem der ambulanten Versorgung bleibe im Koalitionsvertrag ausgeklammert, sagte Andreas Gassen auf der heutigen KBV-Vertreterversammlung in Berlin. Stattdessen sollten die Ärzte sich vorschreiben lassen, wann und wie sie zu arbeiten hätten, erklärte Gassen mit Blick auf die

Gassen bezeichnete das als „unzumutbaren Eingriff“ in die Arbeitszeitgestaltung und Praxisführung von Freiberuflern. Es sei lächerlich zu fordern, dass die Ärzte noch mehr Leistungen anbieten sollten, wenn schon heute zehn bis 20 Prozent dieser Leistungen nicht vergütet würden. Außerdem sei die Mindestsprechstundenzeit im Bundesmantel­vertrag Ärzte zwischen KBV und GKV-Spitzenverband vereinbart worden. An ihr orientierten sich unter anderem der EBM und der kalkulatorische Arztlohn.

„Ein Eingriff in diese Konstruktion hat enorme Auswirkungen an vielen Stellen der Versorgung“, sagte Gassen. Bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 52 Stunden pro Woche stelle sich außerdem die Frage, wo die Vertragsärzte die zusätzlichen fünf Stunden hernehmen sollten. „Die Politiker haben keine Ahnung von der Arbeitsbelastung der Ärzte“, erklärte Gassen. Die Zeit neben der Sprechstunde verbrächten diese nicht auf dem Golfplatz, sondern bei Hausbesuchen, mit ambulanten Operationen oder der Praxisverwaltung.

Der KBV-Chef kritisierte heftig, dass führende Gesundheitspolitiker im Zuge der Koalitionsverhandlungen behauptet hätten, schwer kranke Kassenpatienten würden in Deutschland nicht ordentlich behandelt. „Solche Äußerungen sind ein Schlag ins Gesicht aller, die sich nach bestem Wissen und Gewissen im Gesundheitswesen engagieren“, betonte Gassen.

Tatsächlich die Versorgung gefährden würden diejenigen, die durch die Budgetierung Gelder für Behandlungen vorenthielten: „Wenn ich im Restaurant esse, bezahle ich am Ende auch die komplette Zeche – nur im Gesundheits­wesen ist das nicht so. Hier prellen die gesetzlichen Krankenkassen die Zeche regelhaft“, so der KBV-Chef.

Er forderte, als ersten und wichtigsten Schritt die ärztlichen Grundleistungen aus der Budgetierung herauszunehmen. Gassen zufolge liegen die jährlichen Ausgaben im Gesundheitssystem bei 375 Milliarden. 28 Milliarden betrage das aktuelle Finanz­polster der gesetzlichen Krankenversicherung. „Mit nur 450 Millionen pro Jahr könnten die Grundleistungen ausbudgetiert werden. Worauf warten wir noch?“, fragte er. Gassen kündigte an, das Thema nach der Regierungsbildung „forciert“ anzugehen. Als positiv wertete er, dass in der Politik dafür erste Signale des Verständnisses aufkeimten.

Den Koalitionsvertrag könne er noch nicht im Detail kommentieren, erklärte der KBV-Vorstandsvorsitzende. Denn er bleibe in vielen Punkten schwammig und vage. Zunächst gelte es, das SPD-Mitgliedervotum über das Zustandekommen einer Großen Koalition abzuwarten.

Gassens Fazit aus den langwierigen Koalitionsverhandlungen lautete: „Die Debatte hat – was die Gesundheitspolitik betrifft – wieder einmal gezeigt, dass komplexen Sachverhalten vermeintlich einfache Lösungen übergestülpt werden.“ Neben dem Ziel der Entbudgetierung nannte er weitere Handlungsfelder, auf die sich KBV und Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) jetzt konzentrieren müssten. Dazu gehören die Versorgung von Notfällen im Bereitschaftsdienst, die intersektorale Versorgung, die Digitalisierung sowie die Reform des Laborwesens.

hil/HK

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