Ärzteschaft

Ambulante Notfallversorgung: Standardisierte Ersteinschätzung kann Notaufnahmen entlasten

  • Donnerstag, 27. April 2023

Berlin – Die Anzahl der Patientenkontakte an Notaufnahmen kann durch die Implementierung einer standar­disierten Ersteinschätzung in der ambulanten Notfallversorgung verringert werden. Dies zeigen gestern vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) vorgestellte Ergebnisse des Projektes DEMAND.

Im Rahmen des vom vom Innovationsfonds geförderten Projektes wurde der Einsatz der Anwendung SmED (Strukturierte medizinische Ersteinschätzung in Deutschland) bei der 116117 sowie an Gemeinsame-Tresen-Standorten zur Steuerung der Patientinnen und Patienten in eine adäquate Versorgungsebene erprobt. Elf der siebzehn Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) waren an dem Projekt beteiligt.

Zentrales Ergebnis der aufwändigen Systeminterventionsstudie: Über den Studienzeitraum sank die Anzahl der Notfälle an Notaufnahmen. Die SmED-Anwendung führte dabei weder zu einer erhöhten Sterblichkeit noch zu ungewollten Verlagerungseffekten in den stationären Bereich. Zudem ergaben Befragungen von Patienten eine hohe Zufriedenheit – auch die Bereitschaft der Patienten, einer der Empfehlungen zu folgen, war sehr hoch (85,4 Prozent).

Mit Blick auf anstehende Gesetzentwürfe zur Weiterentwicklung der ambulanten Akutversorgung und des Bereitschaftsdienstes machte Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorsitzender der Kassenärztlichen Bun­desvereinigung (KBV), deutlich, dass die strukturierte Ersteinschätzung einen festen Platz im Gesundheits­wesen haben muss.

Hilfesuchende in Akut- oder Notfallsituationen benötigten eine Steuerung in die angemessene Versorgung. Dies sei angesichts der Komplexität des Gesundheitswesens keine Einschränkung, sondern ein Service.

Wie das DEMAND-Projekt zeige, verfügten die KVen mit SmED über ein innovatives Instrument zu diesem Zweck. „Das ist aber keine Konkurrenz zum stationären Versorgungsangebot. Es ist vielmehr eine Ergänzung, die bislang gefehlt hat, damit die knappen Personalressourcen im Gesundheitswesen sachgerecht eingesetzt werden können“, so Hofmeister.

Der Stellenwert eines solchen Angebots müsse künftig deutlich erhöht werden. Wenn man ein umfassendes Steuerungssystem etabliere, müsse dieses dann auch verbindlich genutzt werden. Notwendig sei zudem eine nachhaltige Finanzierung der Vorhaltekosten der KVen und besonderer Aufwendungen in den Praxen für Akutbehandlungen, betonte der KBV-Vize.

Auch Ulrike von Arnim, Chefärztin der Rettungsstelle am Vivantes Klinikum Berlin Neukölln, plädierte für eine effizientere Patientensteuerung zur Entlastung der Notfallversorgung. Sie erlebe häufig, dass nicht ausrei­chend informierte Patienten im Zweifel in den Notaufnahmen Behandlungen nachfragten.

„Vielen fällt es angesichts der zunehmenden Komplexität schwer, gesundheitsbezogene Informationen zu verstehen und zu bewerten sowie daraus die richtigen Konsequenzen für ihr eigenes Handeln zu ziehen.“

Geringe Gesundheitskompetenz stelle ein gesamtgesellschaftliches Problem dar, dass man durch eine ver­besserte gesundheitliche Aufklärung nur langsam in den Griff bekommen werde. Umso wichtiger sei es, schon jetzt funktionierende Ersteinschätzungs- und Steuerungsinstrumente in den Versorgungsalltag zu integrieren.

aha

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