Ärzteschaft

KBV-Vize Hofmeister plädiert für stärkere Patientensteuerung

  • Montag, 15. Mai 2023
Stephan Hofmeister, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) /Gebhardt
Stephan Hofmeister, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) /Gebhardt

Essen – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will bundesweit Gesundheitskioske etablieren. Der stell­vertre­tende Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Stephan Hofmeister, hat dem heute erneut eine Absage erteilt.

Es sei richtig und sinnvoll die Versicherten auf ihrem Weg durch das Versorgungssystem besser zu leiten, sagte Hof­meister in seiner Rede vor den Mitgliedern der KBV-Vertreterversammlung. Dafür brauche es aber keine Gesund­heits­kioske. „Hier sind wir als KBV und als Kassenärztliche Vereinigungen gefragt. Und wir haben längst geliefert“, sagte Hofmeister.

Er wies darauf hin, dass es viele hervorragende Projekte und Angebote im und aus dem KV-System gebe, die das unter Beweis stellten. So habe man im Bereich der Akutversorgung in den Regionen und oft in guter Zusammen­arbeit mit den Krankenhäusern vor Ort sowie teilweise auch mit dem Rettungsdienst, die notwendigen Strukturen geschaffen, um Patienten schnell und gezielt die Versorgung zukommen zu lassen, die sie benötigen.

Gleichzeitig seien auch die Notaufnahmen von nicht lebensbedrohlichen Fällen entlastet worden. Dabei kämen ins­besondere auch die neuen digitalen Möglichkeiten, etwa in Form einer softwaregestützten medizinischen Erstein­schätzung oder telemedizinischer Angebote, zum Einsatz.

Hofmeister betonte, man erwarte „schnellstmöglich“ die Verabschiedung der Richtlinie des Gemeinsamen Bundes­ausschusses (G-BA) zum Ersteinschätzungsverfahren. Nur mit der dann möglichen nachhaltigen Finanzierung könne man das System zu skalieren.

Bislang fehle eine gesetzlich geregelte, strukturelle Finanzierung. In der Folge würden Vertragsärzte und Vertrags­psychotherapeuten einen gesellschaftlichen Bedarf abdecken, dessen Lösung eigentlich Teil der Daseinsvorsorge sei. Diese Kosten müssten den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) erstattet werden.

Pläne für Notfallreform in der Kritik

Deutliche Kritik übte Hofmeister auch an den Plänen der Regierungskommission für die Notfallversorgung. Die Um­setzung der Kommissionsvorschläge würde zum einen zwar bedeuten, dass die Zahl der Bereitschaftsdienstpraxen in der Fläche bis zur Hälfte reduziert werden könnte, da diese ja nur noch an bestimmten Kliniken angesiedelt wären.

Um aber die erweiterten Öffnungszeiten in den Integrierten Notfallzentren (INZ) zu ermöglichen, müssten aber rund 600 Vertragsarztpraxen täg­lich geschlossen werden. Dies wiederum hätte zur Folge, dass rund vier Millionen Patien­tenkontakte jährlich in der Regelversorgung wegfielen, so Hofmeister.

Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) rechne als Resultat mit einer Million zusätzlicher Besuche in den Notaufnahmen. „Statt also die ambulante Regelversorgung zu stärken und die Notaufnahmen zu entlasten, hätte man am Ende das Gegenteil erreicht.“

Dass Politik durchaus lern- und handlungsfähig sein kann, zeige die kinder- und jugendärztliche Versorgung. Hier sei bei der Entbudgetierung der vertragsärztlichen Vergütung ein Anfang gemacht worden. Die Entbudgetierung aller ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen stelle das „beste und wirkungsvollste“ Instrument dar, um die ambulante ärztliche Versorgung von morgen sicherzustellen. Man erwarte nun den von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zugesagten nächsten Schritt auf diesem Weg – in Form der Endbudgetierung der Hausärzte.

Weiterbildung sicherstellen

Zukunftsfragen müssten auch im Bereich der ärztlichen Weiterbildung angegangen werden, warnte Hofmeister. Die Krankenhäuser seien schon heute faktisch nicht mehr in der Lage, alle notwendigen Inhalte der ärztlichen Weiterbil­dung in allen Fachgruppen zu vermitteln, da viele der entsprechenden Prozeduren gar nicht mehr stationär stattfän­den.

Durch die zunehmende Ambulantisierung wachse zudem in allen Fachgebieten der Bedarf an ambulanter Weiterbil­dung. Deren Ausgestaltung müsse sich an den unterschiedlichen Bedarfen im hausärztlichen, fachärztlichen und psychotherapeutischen Bereich orientieren.

Mit großer Skepsis thematisierte Hofmeister die Pläne für einen europäischen Gesundheitsdatenraum. Die diesbe­züglichen Vorstellungen der EU-Kommission seien „beängstigend“. Insbesondere die potenziellen Auswirkungen der geplanten Verfügbarkeit und kommerziellen Nutzung von Gesundheitsdaten auf das Arzt-Patienten-Verhältnis würden bislang kaum gesehen.

aha/bee

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