KBV-Vize Hofmeister plädiert für stärkere Patientensteuerung

Essen – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will bundesweit Gesundheitskioske etablieren. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Stephan Hofmeister, hat dem heute erneut eine Absage erteilt.
Es sei richtig und sinnvoll die Versicherten auf ihrem Weg durch das Versorgungssystem besser zu leiten, sagte Hofmeister in seiner Rede vor den Mitgliedern der KBV-Vertreterversammlung. Dafür brauche es aber keine Gesundheitskioske. „Hier sind wir als KBV und als Kassenärztliche Vereinigungen gefragt. Und wir haben längst geliefert“, sagte Hofmeister.
Er wies darauf hin, dass es viele hervorragende Projekte und Angebote im und aus dem KV-System gebe, die das unter Beweis stellten. So habe man im Bereich der Akutversorgung in den Regionen und oft in guter Zusammenarbeit mit den Krankenhäusern vor Ort sowie teilweise auch mit dem Rettungsdienst, die notwendigen Strukturen geschaffen, um Patienten schnell und gezielt die Versorgung zukommen zu lassen, die sie benötigen.
Gleichzeitig seien auch die Notaufnahmen von nicht lebensbedrohlichen Fällen entlastet worden. Dabei kämen insbesondere auch die neuen digitalen Möglichkeiten, etwa in Form einer softwaregestützten medizinischen Ersteinschätzung oder telemedizinischer Angebote, zum Einsatz.
Hofmeister betonte, man erwarte „schnellstmöglich“ die Verabschiedung der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zum Ersteinschätzungsverfahren. Nur mit der dann möglichen nachhaltigen Finanzierung könne man das System zu skalieren.
Bislang fehle eine gesetzlich geregelte, strukturelle Finanzierung. In der Folge würden Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten einen gesellschaftlichen Bedarf abdecken, dessen Lösung eigentlich Teil der Daseinsvorsorge sei. Diese Kosten müssten den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) erstattet werden.
Pläne für Notfallreform in der Kritik
Deutliche Kritik übte Hofmeister auch an den Plänen der Regierungskommission für die Notfallversorgung. Die Umsetzung der Kommissionsvorschläge würde zum einen zwar bedeuten, dass die Zahl der Bereitschaftsdienstpraxen in der Fläche bis zur Hälfte reduziert werden könnte, da diese ja nur noch an bestimmten Kliniken angesiedelt wären.
Um aber die erweiterten Öffnungszeiten in den Integrierten Notfallzentren (INZ) zu ermöglichen, müssten aber rund 600 Vertragsarztpraxen täglich geschlossen werden. Dies wiederum hätte zur Folge, dass rund vier Millionen Patientenkontakte jährlich in der Regelversorgung wegfielen, so Hofmeister.
Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) rechne als Resultat mit einer Million zusätzlicher Besuche in den Notaufnahmen. „Statt also die ambulante Regelversorgung zu stärken und die Notaufnahmen zu entlasten, hätte man am Ende das Gegenteil erreicht.“
Dass Politik durchaus lern- und handlungsfähig sein kann, zeige die kinder- und jugendärztliche Versorgung. Hier sei bei der Entbudgetierung der vertragsärztlichen Vergütung ein Anfang gemacht worden. Die Entbudgetierung aller ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen stelle das „beste und wirkungsvollste“ Instrument dar, um die ambulante ärztliche Versorgung von morgen sicherzustellen. Man erwarte nun den von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zugesagten nächsten Schritt auf diesem Weg – in Form der Endbudgetierung der Hausärzte.
Weiterbildung sicherstellen
Zukunftsfragen müssten auch im Bereich der ärztlichen Weiterbildung angegangen werden, warnte Hofmeister. Die Krankenhäuser seien schon heute faktisch nicht mehr in der Lage, alle notwendigen Inhalte der ärztlichen Weiterbildung in allen Fachgruppen zu vermitteln, da viele der entsprechenden Prozeduren gar nicht mehr stationär stattfänden.
Durch die zunehmende Ambulantisierung wachse zudem in allen Fachgebieten der Bedarf an ambulanter Weiterbildung. Deren Ausgestaltung müsse sich an den unterschiedlichen Bedarfen im hausärztlichen, fachärztlichen und psychotherapeutischen Bereich orientieren.
Mit großer Skepsis thematisierte Hofmeister die Pläne für einen europäischen Gesundheitsdatenraum. Die diesbezüglichen Vorstellungen der EU-Kommission seien „beängstigend“. Insbesondere die potenziellen Auswirkungen der geplanten Verfügbarkeit und kommerziellen Nutzung von Gesundheitsdaten auf das Arzt-Patienten-Verhältnis würden bislang kaum gesehen.
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