Angehörige sollten Sterbende in Pflegeheimen begleiten können
Berlin – Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, verlangt, dass Angehörige sterbende Heimbewohner begleiten können müssen. „Da ist die Menschenwürde berührt. Es muss doch möglich sein, dass Familienmitglieder die Hand ihres sterbenden Vaters halten können, und wenn sie dabei Handschuhe tragen“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
Er wandte sich gegen pauschale Besuchsverbote, die die Betroffenen allein ließen. „Ich kann nicht zustimmen, dass man das Verbot in dieser wichtigen Phase so strikt durchsetzt. Das spricht gegen den gesunden Menschenverstand. Wenn sterbende Pflegebedürftige es wollen, dass Angehörige da sein können, dann muss man das möglich machen.“
Westerfellhaus widersprach auch dem CDU-Gesundheitspolitiker Erwin Rüddel, der gefordert hatte, Heime komplett abzuriegeln und auch Spaziergänge der Bewohner vorübergehend zu verbieten.
„Nur weil Pflegebedürftige eine besonders gefährdete Personengruppe sind, kann ich sie nicht einfach entrechten und wegsperren“, sagte der Pflegebevollmächtigte. Alle Bürger seien aufgefordert, soziale Kontakte zu unterlassen, die nicht notwendig sind. „Aber man kann ihnen nicht einfach Rechte absprechen, die man anderen gewährt.“
Wenn ein Angehöriger eine kreative Lösung finde und mit seinem alten Vater eine Runde durch den Park spazieren gehe, dann sei das etwas, was diesem Menschen sicher guttue. „Das liegt dann in der Verantwortung des Einzelnen.“ Auch Heimleitungen und Gesundheitsämter müssten Lösungen finden, die den Interessen der Menschen entsprechen.
Mit Blick auf den Mangel an Schutzkleidung sagte Westerfellhaus, es dürfe bei der Verteilung keine Unterschiede geben zwischen den Menschen in den Krankenhäusern, in den ambulanten Pflegediensten, den Heimen und den Reha-Einrichtungen. Überall müssten Pfleger und Patienten ausreichend geschützt werden.
„Die Bundesregierung tut alles, was in ihrer Macht steht, um die Verfahren bei der Beschaffung zu vereinfachen und selbst an Material zu kommen“, versicherte er. „Wir haben jetzt eine zentrale Verwaltung, wir entscheiden schnell, und wir versuchen zu bekommen, was geht – ich weiß, dass das noch immer viel zu wenig ist, aber wir können die Masken nicht stricken.“
Der Pflegerat Nordrhein-Westfalen sprach sich heute gegen einen flächendeckenden Aufnahmestopp in Altenheimen zum Schutz vor einer Coronavirus-Ansteckung aus. „Das würde unser Problem ja nur verlagern, denn dahinter steckt ja immer eine Person, die der Pflege bedarf. Wir können ja nicht einfach sagen, ‚ich versorge dich jetzt nicht‘“, sagte der Vorsitzende des nordrhein-westfälischen Pflegerats, Ludger Risse, heute.
„Ein Aufnahmestopp kann in einzelnen Einrichtungen vielleicht mal helfen, aber wir müssen da Augenmaß walten lassen“, sagte Risse weiter. Dem insgesamt unter Druck stehenden Pflegesystem sei nicht geholfen, wenn Patienten aus den Krankenhäusern nicht entlassen werden können, weil ihre pflegerische Versorgung im Anschluss nicht gewährleistet sei.
Nachdem in einer Einrichtung im niedersächsischen Wolfsburg 17 Menschen nach einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben sind, hat das Land Niedersachsen einen Aufnahmestopp verhängt. Bundesweit melden immer wieder Senioreneinrichtungen hohe Zahlen an Infizierten − und in der Folge auch häufig Todesfälle. So starben nach Angaben der Stadt Bochum allein einer dortigen Einrichtung fünf Bewohner nach einer Infektion mit dem Coronavirus.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: