Politik

Apps auf Rezept: Urteil der Krankenkassen fällt schlecht aus

  • Freitag, 6. Januar 2023
/AndSus, stock.adobe.com
/AndSus, stock.adobe.com

Berlin – „Apps auf Rezept“ sind offenbar noch nicht in der Versorgung angekommen sind. Das geht aus einer aktuellen Auswertung des GKV-Spitzenverbands hervor. Demnach wurden vom 1. September 2020 bis zum 30. September 2022 rund 164.000 digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) von Ärzten und Psychotherapeuten verordnet und von Patienten in Anspruch genommen.

Seit Anfang 2022 bewegt sich die monatliche Menge der eingelösten Freischaltcodes laut Bericht auf einem nahezu unveränderten Niveau zwischen zehn- und zwölftausend digitalen Anwendungen beispielsweise bei Diabetes, Schmerzen, Übergewicht oder Depressionen.

„Mit viel Vorschusslorbeeren sind DiGA in die Versorgung gestartet. Aber den Erwartungen sind sie bisher nicht gerecht geworden“, sagte Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand beim GKV-Spitzenverband. Der damalige Bun­des­gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte bei der Einführung der Apps auf Rezept von einer „Weltpre­miere“ gesprochen.

Doch laut GKV-Spitzenverband stecken die Gesundheits-Apps auch nach über zwei Jahren noch in den Kinder­schuhen. „Die unverändert hohe Quote von DiGA auf Probe zeigt, dass oftmals noch offenbleibt, was die An­ge­bote wirklich bringen“, erklärte Stoff-Ahnis. So fehle bei der Aufnahme ins DiGA-Verzeichnis häufig der Nach­weis über den medizinischen Nutzen. Deshalb würden zwei Drittel der DiGA nur vorläufig zur Probe aufge­nommen.

Hinzu komme die mangelnde Wirtschaftlichkeit: Herstellende Unternehmen können im ersten Jahr der Auf­nah­me einen beliebig hohen Preis festlegen, der von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für diesen Zeitraum erstattet werden muss – unabhängig davon, ob ein Nutzen nachgewiesen wurde oder nicht.

„Trotz dieser unklaren Evidenzlage rufen die herstellenden Unternehmen beliebig hohe Preise auf und der ge­setzlichen Krankenversicherung sind im ersten Jahr bei dieser Preisspirale nach oben die Hände gebunden“, kritisierte Stoff-Ahnis. Das Preisspektrum reiche dabei von 119 Euro für eine Einmallizenz bis zu 952 Euro für 90 Tage. Hier sollte der Gesetzgeber schleunigst einen Riegel vorschieben, forderte sie.

Denn die Auswertung zeigt dem GKV-Spitzenverband zufolge, dass die durchschnittliche Preishöhe von DiGA mit fehlendem Nutzennachweis deutlich steigt. „Es gibt augenscheinlich keinen Zusammenhang zwischen Preishöhe und Nutzen. Ganz im Gegenteil: Selbst bei DiGA, die ihren Patientennutzen nicht innerhalb eines Jahres belegen konnten und deren Erprobungszeitraum deshalb verlängert wurde, kam es zu deutlichen Preiserhöhungen“, erklärte Stoff-Ahnis.

Diese beliebige Preisbildung und die zusätzliche Möglichkeit der Preiserhöhung im Erprobungszeitraum führe zu großen Verwerfungen bei der Vergütung von GKV-Leistungen mit nachgewiesenem Nutzen. „Wenn es für Patienten keinen Mehrwert gibt, dann sollte überlegt werden, ob das Geld der Beitragszahlenden nicht an an­derer Stelle besser eingesetzt wäre“, so Stoff-Ahnis.

Damit DiGA in der Versorgung ankommen, braucht es aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes drei zentrale An­passungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen: Es dürfen ausschließlich DiGA mit einem klaren medizini­schen Nutzen für Patienten aufgenommen werden. Außerdem ist es aus Sicht des Verbandes unverzichtbar, dass das Gebot der Wirtschaftlichkeit gewahrt bleibt.

Voraussetzung dafür: Die verhandelten Preise müssen vom ersten Tag der Aufnahme in die Regelversorgung gelten. Und schlussendlich bedürfe es einer Harmonisierung der Rahmenbedingungen für DiGA mit anderen GKV-Leistungsbereichen.

hil/sb

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung