Bürgerversicherung: SPD wirbt, CSU wettert
Berlin – Die Bürgerversicherung bleibt ein beliebtes Wahlkampfthema. SPD und Union nutzen kurz vor der Bundestagswahl im September jede Gelegenheit, ihre Argumente dafür und dagegen darzulegen.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hält die private Krankenversicherung (PKV) für nicht mehr reformierbar und warb in diesem Zusammenhang in der Welt am Sonntag erneut für die Bürgerversicherung. Das Nebeneinander von privater und gesetzlicher Krankenversicherung müsse beendet werden, sagte er.
Prognose: Hohe Beitraganpassung
Lauterbach führte aus, er rechne in der privaten Krankenversicherung weiter mit drastisch steigenden Beiträgen für Versicherte. „Die Beiträge für Nichtbeamte werden sich in den nächsten zehn Jahren fast verdoppeln“, sagte Lauterbach der Zeitung. Jährlich rechne er mit durchschnittlichen Beitragsanpassungen von fünf bis sieben Prozent. Bei Beamten fielen die Anstiege hingegen moderater aus.
In Deutschland sind knapp neun Millionen Menschen privat krankenversichert. Sie mussten in den vergangenen Jahren teils massive Preissteigerungen hinnehmen. Einzelne Assekuranzen erhöhten die Prämien dem Bericht zufolge für bestimmte Tarife teilweise um mehr als 40 Prozent. Hintergrund sind die Alterung der Gesellschaft sowie allgemein steigende Gesundheitskosten, auch in der PKV. Die PKV hatte unlängst jedoch in einer Untersuchung aufgezeigt, dass die Steigerungen im Schnitt nicht so hoch sind, wie sie vielfach dargestellt würden.
Für die Zukunft schwebt der SPD eine paritätisch finanzierte Bürgerversicherung für alle vor, auch für Beamte. Bisher Privatversicherte sollen wählen können, ob sie in die Bürgerversicherung wechseln möchten. Auch Grüne und Linke fordern seit Längerem eine Bürgerversicherung. Die Union ist dagegen.
Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) lehnt die Bürgerversicherung weiterhin strikt ab. „Ich warne davor, unser gut funktionierendes System mit hervorragender medizinischer Versorgung infrage zu stellen“, sagte Huml. Mit der von SPD, Grünen und Linken geforderten Einheitsversicherung drohten längere Wartezeiten und eine schlechtere medizinische Versorgung für alle. „Vieles würde teurer, aber nichts besser.“ Es sei eine Illusion zu glauben, dass eine Bürgerversicherung alle Finanzprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) lösen könne.
Ungeachtet dessen muss nach Ansicht von Huml aber die Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen reformiert werden. „Wir brauchen effiziente Strukturen, bürgernahe Versorgung sowie eine gerechte und nachhaltige GKV-Finanzierung mit einem Regionalfaktor“, so Huml. Damit sollen die unterschiedlichen Kosten zwischen Ballungsräumen und ländlichen Regionen ausgeglichen werden. Manche regional tätige Krankenkasse bekommt in Hochpreisregionen wie München oder Hamburg nicht das Geld aus dem Gesundheitsfonds zugewiesen, das sie für die Versorgung ihrer Patienten vor Ort eigentlich bräuchte, sagte sie.
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