Bundesgesundheitsministerium sieht in GOÄ-Novellierung keine Priorität
Berlin – Die Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) könnte vor dem Aus stehen. Es sei derzeit unklar, ob diese überhaupt umgesetzt werden soll, sagte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) heute vor Journalisten in Berlin.
Eine GOÄ-Reform habe derzeit „keine Priorität“, so Lauterbach. Er verwies diesbezüglich auf den Koalitionsvertrag der Ampel, in welchem man Reformen, die das „Zusammenspiel“ aus gesetzlicher Krankenversicherung (GKV) und privater Krankenversicherung (PKV) berühren, ausgeklammert habe. Er sei aber in Gesprächen mit der Bundesärztekammer (BÄK). Auch politisch liefen die Diskussionen noch.
„Bei allem Verständnis dafür, dass in dieser Legislaturperiode viele weitere wichtige gesundheitspolitische Strukturreformen angegangen werden müssen, gehört auch die Novelle der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zwingend auf die Agenda des Bundesgesundheitsministeriums“, sagte BÄK-Präsident Klaus Reinhardt dem Deutschen Ärzteblatt. Die bisher gültige GOÄ stamme im Wesentlichen aus dem Jahr 1982 und sei 1996 lediglich teilnovelliert worden.
Die GOÄ sei völlig veraltet und bilde weder die Dynamik des ärztlichen Leistungsspektrums noch die aktuelle Kosten- und Preisentwicklung ab. Es sei eine „Zumutung“ für Patienten und Ärzte, dass moderne Medizin auf Basis einer so veralteten Gebührenordnung mit Hilfe von Analogziffern und unverständlichen Rechnungen abgebildet werden müsse. Aus diesem Grund komme es bei den privaten Krankenversicherern verstärkt zu Überprüfungen, die für alle Beteiligten bürokratischen Aufwand bedeuteten.
„In erster Linie brauchen wir eine neue GOÄ, um diese Intransparenzen und daraus resultierende Unsicherheiten zu beenden“, so Reinhardt. Darüber hinaus hätten selbstverständlich auch die Ärztinnen und Ärzte einen Anspruch auf eine moderne Gebührenordnung, um ihre Leistungen, insbesondere ärztliche Zuwendungsleistungen, endlich sauber abbilden zu können. „Die Bundesärztekammer erwartet, dass dieser Reformstau noch in dieser Legislaturperiode aufgelöst wird. Alles andere ist Patienten und Ärzten nicht mehr vermittelbar“, betonte Reinhardt.
Die BÄK hat in den vergangenen Jahren unter Einbeziehung von 165 ärztlichen Berufsverbänden und wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften wesentliche Teilbereiche eines gemeinsamen GOÄ-Vorschlags, wie den Paragraphenteil und das Leistungsverzeichnis, mit dem PKV-Verband abgestimmt.
Trotz pandemiebedingter Einschränkungen habe man von März 2020 bis Januar 2021 mit dem PKV-Verband ein Konsens über eine Datengrundlage zur Mengenberechnung der neuen Gebührenpositionen für die Abschätzung der finanziellen Folgen einer neuen GOÄ erzielt, hieß es von der BÄK.
Nach diesem Konsens der Mengenberechnungen seien unter Zustimmung der beteiligten Verbände und Fachgesellschaften die finalen Euro-Bewertungen, basierend auf der ärzteeigenen Version, Gegenstand der aktuellen abschließenden Abstimmungen zwischen BÄK und PKV-Verband.
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) werde regelmäßig über den Stand der Abstimmungen zu einem gemeinsamen GOÄ-Entwurf und der Konzeptionierung unterrichtet, sagte Reinhardt.
Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, kommentierte, die Frage, ob eine GOÄ-Novellierung eine bloße Gebührenanpassung oder bereits einen Eingriff in das PKV/GKV-Verhältnis sei, stelle eine politische Bewertung dar, welche die Bundesregierung vornehmen müsse. Auch Gassen verwies darauf, dass die GOÄ seit 1996 nicht mehr aktualisiert worden sei und die Abrechnungsgrundlage für knapp zehn Millionen Privatversicherte darstelle.
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