Privatpatienten laut Analyse elementar für medizinische Infrastruktur

Berlin – Im deutschen Gesundheitssystem verursachen die rund 10,5 Prozent Privatversicherten 22,5 Prozent der ambulant ausgelösten Jahresumsätze, so eine aktuelle Analyse des PVS Verbandes. Damit seien Privatpatienten als „unverzichtbare Voraussetzung für den Erhalt beziehungsweise die fortlaufende Modernisierung der medizinischen Infrastruktur in Deutschland“ zu betrachten.
Im Vorfeld der Bundestagswahl beleuchtete der Verband der Privatärztlichen Verrechnungsstellen in seiner dem Deutschen Ärzteblatt vorliegenden Studie mögliche Auswirkungen einer Umsetzung des von mehreren Parteien ausgearbeiteten Konzeptes einer „Bürgerversicherung“.
Das Ende des Zwei-Säulen-Modells aus gesetzlicher Krankenversicherung (GKV) und privater Krankenversicherung (PKV) hätte aufgrund des Entfallens des Finanzierungsbeitrages der Privatpatienten ernstzunehmende Konsequenzen, so die Autoren.
Laut den Analysen entfielen in einer Bürgerversicherung im ambulanten Sektor ärztliche Zusatzhonorare (Mehrumsätze) in Höhe von 6,43 Milliarden Euro jährlich. Das entspricht je niedergelassenem Arzt rund 55.299 Euro.
Von den durch eine Bürgerversicherung entstehenden Einbußen wären die ärztlichen Fachgruppen unterschiedlich betroffen. Während je Praxisinhaber für die Allgemeinmediziner rund 14.000 Euro jährlich auf dem Spiel stünden, verlören zum Beispiel Ärztinnen und Ärzte in der Gynäkologie rund 51.000 Euro. Bei den Internisten und in der Hals-Nasen-Ohrenheilkunde wären es schon über 57.000 Euro beziehungsweise 114.000 Euro jährlich.
Dies zeige laut der Studie, dass mit der Bürgerversicherung der spezialisierten Facharztversorgung die finanziellen Voraussetzungen zunehmend entzogen würden. Dies würde, so die Analyse, gravierende Auswirkungen auf die medizinisch-technische und personelle Ausstattung der Haus- und Facharztpraxen, die Attraktivität des Arztberufs und die betriebswirtschaftliche Führung einer Praxis auslösen.
Denn neben den im Papier für die niedergelassenen Ärzte quantifizierten Umsatz- und Gewinneinbußen in Milliardenhöhe würden in einer Bürgerversicherung die im EBM und im Sachleistungsprinzip angelegten Formen der leistungsbegrenzenden Budgetierung (etwa arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina) zum Maßstab und zur Vergütungsgrundlage für den gesamten ambulanten Bereich. „Der ambulanten ärztlichen und fachärztlichen Versorgung würde wirtschaftlich und qualitativ die Grundlage entzogen“, betonen die Autoren.
Das Argument, dass ein überarbeitetes Vergütungssystem – zum Beispiel durch eine einheitliche Gebührenordnung – die skizzierten Verluste der Leistungserbringer kompensieren könnte, lassen die Autoren nicht ohne Einschränkung gelten. Die gesetzlich Krankenversicherten müssten dann die (ambulanten) Mehrumsätze der PKV-Versicherten tragen: Das ginge allerdings nur zulasten der Beitragszahler und werde deutliche Beitragssatzanstiege auslösen.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: