Deutsches Rotes Kreuz und AOK rufen nach mehr Kompetenzen für Notfallsanitäter

Stuttgart – Mit der Einführung der dreijährigen Ausbildung zum Notfallsanitäter 2014 wollte die Bundesregierung Rettungsdienstmitarbeiter besser ausbilden. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) in Baden-Württemberg und die AOK Baden-Württemberg haben sich nun für deutlich mehr Kompetenzen ausgesprochen. Beide verlangen in einem gemeinsamen Schreiben an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), die bestehenden „unzureichenden bundesgesetzlichen Vorgaben“ zu beseitigen. Die Bundespolitik müsse schnellstmöglich die Rahmenbedingungen schaffen, damit das Notfallsanitätergesetz nicht ins Leere laufe.
„Unsere neuen Notfallsanitäter werden in drei Jahren fit gemacht, um im Notfalleinsatz kompetent helfen zu können. Sie dürfen es aber nicht“, stellten die Präsidenten der beiden DRK-Landesverbände in Baden-Württemberg, Lorenz Menz und Jochen Glaeser, fest. „Wir stehen mit dafür ein, dass unseren Versicherten im Notfall schnell und kompetent geholfen wird“, sagte Christopher Herrmann, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg. Wenn gut ausgebildete Notfallsanitäter vor Ort seien und ihr Wissen nicht anwenden dürften, müsse das geändert werden.
Klare Vorgaben vom Gesetzgeber
Wie AOK und DRK erläuterten, bilden zwischen allen Rettungsdienstschulen und den zuständigen Ministerien abgestimmte Handlungsempfehlungen die Grundlage der Ausbildung in Baden-Württemberg. In diesen ist ein standardisiertes Vorgehen in 19 Notfallsituationen geregelt – vom Kreislaufstillstand über den Herzinfarkt und Schlaganfall bis hin zum schwerverletzten Unfallopfer. Diese Algorithmen sähen bei einem Teil der Krankheitsbilder invasive Maßnahmen vor, die aufgrund der aktuellen Rechtslage nur von einem Arzt selbst durchzuführen oder von ihm zu delegieren sind, heißt es vom Deutschen Roten Kreuz.
Die derzeitige Rechtslage ließe nicht zu, dass Notfallsanitäter selbstständig handeln können, auch nicht in eingeschränktem Rahmen, betonte die AOK Baden-Württemberg. Es gehe nicht darum, einen Arzt zu ersetzen, aber bei klaren Diagnosen in der Notfallmedizin müsse der Notfallsanitäter fachkundig handeln dürfen. „Darunter fällt auch die Gabe von bekannten und erlernten Notfallmedikamenten“, findet die AOK. Die Kasse erwartet vom Gesetzgeber klare Vorgaben, welche Diagnosen Notfallsanitäter stellen und welche Maßnahmen sie vornehmen dürften. Außerdem sei zu klären, welche Medikamente von Notfallsanitätern verabreicht werden könnten, hieß es.
Auch die DRK betonte, es gehe nicht darum, den Notarzt im Rettungsdienst-System abzuschaffen. Er werde bei lebensbedrohlichen Notfällen weiterhin gebraucht. Es sei aber die Frage zu stellen, ob zum Beispiel bei der Versorgung einer unkomplizierten Hypoglykämie ein Notarzt notwendig sei, so die DRK. Auch bei der Versorgung eines nicht vital bedrohten Patienten mit einem frischen Schlaganfall sehe man keine Notwendigkeit dafür, dass der Notfallsanitäter auf den Notarzt warten müsse.
„Hier geht es vielmehr darum, den Betroffenen unter kompetenter Betreuung schnellstmöglich in eine geeignete Klinik zu transportieren. In einer solchen Situation gilt: ,Time is Brain'“, erklärte das DRK, das fordert, den Notarztindikationskatalog der Bundesärztekammer zu überprüfen.
DRK und AOK erwarten von einer Ausweitung der Kompetenzen für Notfallsanitäter unter anderem eine Entlastung des Notarztsystems. Darüber hinaus könne eine schnellere Versorgung der Bevölkerung bei gleichbleibendem Versorgungsniveau erreicht werden. Nicht zuletzt würden die Attraktivität des Berufsbildes und die Motivation der Mitarbeiter gesteigert.
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