„Die Länder sind jederzeit in der Lage, gemeinsame Positionen zu vertreten“
Berlin/Saarbrücken – Im Bundesrat spielt derzeit die Musik in der Gesundheitspolitik: Der Vermittlungsausschuss zu den Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und auch die Krankenhausreform werden dort weiterhin intensiv diskutiert.
Den Vorsitz im Ausschuss für Gesundheitspolitik hat im Bundesrat traditionell das Saarland – und Gesundheitsminister Magnus Jung (SPD) ist seit 2022 Vorsitzender des Ausschusses.
Im Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt berichtet er über die Vorbereitungen für die Sitzung des Vermittlungsausschusses kommende Woche, über die Länderforderungen zur Gestaltung des Transformationsfonds sowie den möglichen Machtfaktor der SPD-Gesundheitspolitiker in Land und Bund.

5 Fragen an Magnus Jung, Minister für Arbeit, Soziales, Frauen und Gesundheit im Saarland und Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Bundesrat
Herr Minister Jung, als Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Bundesrat sind Sie jetzt auch Mitglied der informellen Arbeitsgruppe, die den Vermittlungsausschuss zu den GKV-Finanzfragen im Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege vorbereiten soll. Wie ist der aktuelle Stand?
Das Problem, das vor uns liegt, ist nicht leicht zu lösen. Ich sehe aber auf allen Seiten ein großes Bemühen, in unterschiedliche Richtungen zu denken und zu Lösungen zu kommen. Das heißt, die Vorschläge, die es gibt, sachlich zu bewerten und zu vergleichen. Und dieser Prozess läuft, für das Arbeiten in der informellen Arbeitsgruppe haben wir aber Vertraulichkeit verabredet. Die Bürgerinnen und Bürger des Landes erwarten, dass die Politik in solchen Fragen Lösungen liefert. Und deshalb wollen wir auch zusammen liefern.
In der Gesundheitspolitik wird seit fast über vier Jahren über die Krankenhausreform debattiert. Dieses große Vorhaben zog sich nun immer wieder in die Länge. Hätten Sie am Anfang des Reformprozesses erwartet, dass es so eine lange und komplizierte Diskussion werden würde?
Überrascht bin ich nicht, aber es wäre natürlich besser gewesen, würde der Prozess schneller gehen. Dass wir nun noch einmal eine längere Zeit diskutieren, hat auch mit der Neuwahl im Februar 2025 zu tun. Es war ein nicht gerade günstiger Zeitpunkt und bot so die Gelegenheit, ein Gesetz wie das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz noch mal zu verändern, das noch gar nicht richtig in der Wirklichkeit angekommen war.
Daher bedaure ich auch, dass es nicht spätestens im Herbst zu einem neuen Gesetz gekommen ist. Nun zieht sich der Gesetzgebungsprozess des Krankenhausanpassungsgesetzes möglicherweise noch in das Jahr 2026 hinein. Für die Umsetzungsprozesse, die in den Ländern laufen, ist diese Ungewissheit nicht gut. Andererseits haben wir mit dem Krankenhausanpassungsgesetz auch die Chance, Schwächen der bisherigen Gesetzgebung auszumerzen. Dabei geht es mir vor allem um die praktische Anwendbarkeit der Regeln und die Erreichbarkeit der Mittel des Transformationsfonds.
Was wollen die Länder genau ändern?
Aus meiner Sicht ist es insbesondere notwendig, dass die Umsetzung der Mittel aus dem Transformationsfonds vereinfacht wird. Die 50 Milliarden aus dem Fonds nützen uns nichts, wenn die Anwendungsfälle so gestaltet werden, dass die Länder bestenfalls die Hälfte des Geldes abrufen können.
Neben den Baukosten muss es auch möglich sein, Personalkosten bei der Transformation von Standorten über den Fonds zu finanzieren. Diese können ein extremer Hinderungsgrund für eine Veränderung sein. Bei den Baukosten kann man oft nicht strikt zwischen Neubau, Sanierung oder Umstrukturierung trennen, um zum Beispiel bessere Abläufe und Prozesse zu erreichen.
Und dann gibt es Standorte, die zwar nicht in den Transformationsprozess gemäß des Krankenhausprozesses hineinfallen, aber dennoch saniert werden müssen. Daher: Wenn nicht alle Maßnahmen förderfähig sind, und Bundesländer selbst schon viele zusätzliche Mittel in den Fonds geben, dann übersteigt das die Leistungsfähigkeit vieler Länder. Und deshalb sind wir da für eine breite Öffnung dieses Fonds. Es muss aber keiner Angst haben, dass die Länder den Fonds nun nutzen, um Dinge zu finanzieren, die sie ohnehin finanziert hätten.
Schauen wir auf die Umsetzung in den Ländern: Wo stehen sie bei der Umsetzung der Reform im Saarland?
Wir sind relativ weit fortgeschritten in der Planung. Die erste Runde der Gespräche ist abgeschlossen. Wir haben außerdem den Medizinischen Dienst beauftragt, die Prüfungen vorzunehmen. Wenn dieser Prozess abgeschlossen ist, werden wir die Ergebnisse intern auswerten.
Danach werden wir unsere Vorschläge konkretisieren und den Trägern die Leistungsgruppen zuweisen. Im Land gibt es zwei größere Baustellen, da muss geklärt werden, wie die künftige Krankenhauslandschaft konkret gestaltet werden soll. Es geht dabei vor allem um den Standort Neunkirchen, den man aber nur im Zusammenhang mit St. Wendel betrachten kann.
Wir haben also den Vorschlag gemacht, wie man aus den drei Standorten zwei machen könnte und die beiden verbleibenden durch die Mittel im Transformationsfonds deutlich stärken kann. Je nach Betroffenheit wird das naturgemäß sehr unterschiedlich bewertet. Wir halten diesen Plan aber für sehr durchdacht und sind jetzt in Gesprächen mit den Beteiligten und werben dafür, dass wir dafür auch eine Zustimmung erhalten.
Wenn wir insgesamt auf die Gesundheitspolitik schauen: Da gibt es in dieser Legislatur des Bundestages eine CDU-Gesundheitsministerin, in diesem und im kommenden Jahr wird die Gesundheitsministerkonferenz der Länder allerdings jeweils von SPD-Gesundheitspolitikerinnen und -politiker aus Thüringen und Niedersachsen geführt. Im Gesundheitsausschuss des Bundestages ist eine SPD-Politikerin die Vorsitzende, und mit Ihnen als Vorsitzender des Gesundheitsausschuss im Bundesrat ist ein weiterer SPD-Politiker an dem wichtigen Gremien beteiligt. Was macht das mit der Machtposition gegenüber dem Bundesgesundheitsministerium?
Es ist immer gut für die Gesundheitspolitik, wenn ein wichtiger sozialdemokratischer Faktor mitwirkt. Aber am Ende müssen wir zu gemeinsamen Lösungen kommen, in Berlin haben wir ja eine schwarz-rote Koalition. Deshalb steht die parteipolitische Prägung nicht im Mittelpunkt, schon gar keine machtpolitische Fragestellung. Im Mittelpunkt muss die Lösung der Probleme stehen und natürlich die Patientinnen und Patienten.
Ein Beispiel ist die Krankenhausreform vom ehemaligen Gesundheitsminister Karl Lauterbach, das deutlich macht: Da waren die Gesundheitsministerinnen und -minister der Länder über die parteipolitischen Farben hinaus jederzeit in der Lage, gemeinsame Linien zu finden und gemeinsame Positionen zu vertreten. Und das ist auch im Moment so, sonst wäre es ja nicht zur Anrufung des Vermittlungsausschusses im Bundesrat vor kurzem gekommen.
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