Entlassmanagement weiter in der Kritik und im Visier der Politik

Berlin – Das vom Gesetzgeber festgelegte Entlassmanagement, das den Übergang für Patienten aus dem Krankenhaus in die ambulante Versorgung verbessern soll, sorgt weiter für Streit. Gestern gab es Irritationen im Rahmen der Anhörung zum Heil- und Hilfsmittelgesetz, heute mischt sich der Marburger Bund (MB) in die Debatte ein.
Zur Erinnerung: Im Krankenhausstrukturgesetz hatte die Bundesregierung ein strukturiertes Entlassmanagement eingeführt. Dabei geht es zum Beispiel um das Ausstellen von Krankschreibungen für sieben Tage sowie um die Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln für einen kurzen Zeitraum nach der Entlassung. Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), GKV-Spitzenverband sowie Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sollten sich auf konkrete Rahmenbedingungen für das Entlassmanagement einigen. Da sie sich nicht verständigen konnten, entschied das zuständige Bundesschiedsamts über die Details.
DKG hat gegen Schiedsspruch geklagt
Vorgesehen ist zum Beispiel nun, dass für alle Patienten aus voll- und teilstationären Behandlungen ein bundeseinheitliches Entlassungsprocedere gilt. Die Neuregelung sieht auch vor, dass die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung eine lebenslange Arztnummer an Krankenhausärzte vergibt, die Arzneimittel und andere Leistungen im Rahmen des Entlassmanagements verordnen oder eine etwaige Arbeitsunfähigkeit feststellen. Die DKG sieht sich mit Bürokratie überlastet und hat gegen den Schiedsspruch vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg geklagt.
Unterstützung für die Krankenhäuser kommt heute vom MB. Die Ärztegewerkschaft erklärte, der gesetzliche Auftrag sehe vor, für die Patienten nahtlose Übergänge zwischen dem ambulanten und stationären Sektor zu schaffen. Der Rahmenvertrag gehe „aber weit darüber hinaus“. Er legt aus Sicht des MB ein Verfahren fest, das „in hohem Maße ärztliche und andere Arbeitskraft bindet“.
Marburger Bund: Vorschriften binden Zeit und fehlen der Patientenversorgung
Die neuen Vorschriften zum Verfahren der Entlassung von Krankenhauspatienten könnten den Ärzten in den Kliniken und anderen Krankenhausbeschäftigten „noch mehr Zeit für die Patientenbehandlung rauben“, betonte die Ärztegewerkschaft. Aus Sicht des MB droht ein „bürokratischer Exzess, wenn der Rahmenvertrag zum Entlassmanagement Bestand hat“. Der Marburger Bund spricht sich daher für eine „rasche gesetzliche Korrektur“ aus.
Nach einer gesetzlichen Korrektur und einer möglichen Aufhebung des Schiedsspruches des Bundesschiedsamts sah es gestern zunächst im Bundestag aus: Nach Informationen des Deutschen Ärzteblattes wollte der Gesetzgeber mit einem Änderungsantrag zum Heil- und Hilfsmittelgesetz die Schiedsamtsregelungen wieder zurückdrehen, da die „Festlegungen zum Teil deutlich über die für eine sachgerechte Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben erforderlichen Anforderungen hinaus“ gehen.
In der Begründung des Antrages heißt es weiter, dass es künftig nicht notwendig sein solle, dass jeder Patient im Krankenhaus ein Entlassmanagement erhält. „Krankenhäuser haben das Entlassmanagement auf die Fälle zu konzentrieren, bei denen dies aus medizinischen oder sozialen Gründen erforderlich ist.“
Entgegen des Schiedsspruches soll es nicht nötig sein, dass alle Krankenhausärzte, die am Entlassmanagement beteiligt sind, sich künftig mit einer lebenslangen Arztnummer bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung registrieren müssen. Auch hier will der Gesetzgeber klarstellen, dass dies nicht nötig sei. Begründung: „Die Vergabe der Arztnummer ist auch deshalb nicht zwingend, weil es sich beim Entlassmanagement nicht um vertragsärztliche Versorgung, sondern um Krankenhausbehandlung handelt.“ Somit sei es ausreichend, „wenn das Krankenhaus die persönliche Identifizierbarkeit des Krankenhausarztes gewährleistet.“
Diskussionen um lebenslange Arztnummer
Nach Informationen des Deutschen Ärzteblattes konnten sich aber die Parteien der großen Koalition nicht auf eine gemeinsame Position zu dem Änderungsantrag einigen. Vom Tisch ist die Änderung aber offenbar nicht: Das Thema wollen die Abgeordneten in einem anderen Gesetz, das nicht vom Bundesrat mitberaten werden muss, bis Ende April in die parlamentarischen Beratungen einbringen.
Bemerkenswert ist alleine das Vorhaben der Korrektur einer Schiedsamtsentscheidung, greift die Politik doch unmittelbar in die Strukturen und Entscheidungen der gemeinsamen Selbstverwaltung ein. Vor Korrekturen des Gesetzgebers an solchen Kompromissen hatte unlängst der Unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) im Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt gewarnt. Er hatte der Idee einiger Bundestagsabgeordneter, wonach der Gesundheitsausschuss des Bundestages zu einer Art Verwaltungs- oder Aufsichtsrat für den G-BA werden soll, eine klare Absage erteilt.
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