Entlassmanagement: Deutsche Krankenhausgesellschaft klagt gegen Schiedsspruch

Berlin – Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) klagt vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg gegen die Entscheidung des Bundesschiedsamtes zum Entlassmanagement. Die neuen Regelungen, die Patienten den Übergang von der stationären in die ambulante Versorgung erleichtern sollen, sollten im Juli dieses Jahres wirksam werden. Dieser Termin steht jetzt infrage.
Nach Auffassung der DKG-Juristen hat die Klage aufschiebende Wirkung. Der GKV-Spitzenverband bezweifelt das jedoch. „Dass die DKG nun juristische Schritte einleitet, können wir nicht nachvollziehen. Wir erwarten, dass im Interesse der Patienten auch durch die DKG mit der Umsetzung des Vertrages begonnen wird, denn solche Klagen haben keine aufschiebende Wirkung“, erklärte eine Sprecherin auf Nachfrage des Deutschen Ärzteblatts (DÄ).
Die rechtlichen Grundlagen für verbindliche Standards für das Entlassmanagement wurden mit dem Versorgungsstärkungsgesetz im Juli 2015 geschaffen. Danach müssen die Krankenhäuser systematisch den Bedarf von Patienten für eine Anschlussversorgung ermitteln und gegebenenfalls mit der zuständigen Kranken- oder Pflegekasse abstimmen. Außerdem können Krankenhausärzte bei Bedarf Arzneimittel, Verband-, Heil- und Hilfsmittel, häusliche Krankenpflege und Soziotherapie für einen Zeitraum von bis zu sieben Tagen verordnen sowie die Arbeitsunfähigkeit bescheinigen.
Da sich Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), GKV-Spitzenverband und DKG jedoch nicht auf die konkreten Rahmenbedingungen für das Entlassmanagement einigen konnten, musste im Oktober 2016 das Bundesschiedsamt entscheiden.
Vorwurf: Bürokratisches Monster
Diese Entscheidung sei in zentralen Teilen rechtswidrig, weil sie nicht der Intention des Gesetzgebers entspreche, erklärte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum heute in Berlin. Dessen Ansinnen sei es gewesen, den Übergang von der stationären Versorgung für bestimmte Patienten deutlich leichter zu gestalten. Das sei auch der Anspruch der DKG. Doch statt Versorgungslücken für bestimmte Patientengruppen zu schließen, hätten Krankenkassen und niedergelassene Ärzte ein „bürokratisches Monster“ geschaffen, das den Krankenhausärzten Zeit stehle, die sie zur Versorgung von Menschen benötigten.
Einer der bis zuletzt ungelösten Streitpunkte zwischen DKG, KBV und Kassen war, ob der Rahmenvertrag für alle Patienten aus voll- und teilstationärer Behandlung gelten sollte, also jeder einen Anspruch auf ein Assessment für eine Anschlussversorgung hat, was das Bundesschiedsamt bejahte. Das will die DKG nicht hinnehmen. Das Assessment sei ein formaler Prozess, zu dem es gehöre, Informationsgespräche zu führen und zwei Formblätter auszufüllen, wobei der Patient der Weitergabe seiner Daten schriftlich zustimmen müsse.
Bei 19 Millionen Patienten würde dies mindestens 50 Millionen Minuten Arbeitszeit binden, also rund 100.000 Arbeitstage, die zum Wohl des Patienten effektiver eingesetzt werden könnten, rechnete DKG-Hauptgeschäftsführer Baum vor. Nach Ansicht der DKG würde es ausreichen, nur diejenigen Pateinten einem Assessment zu unterziehen, die einen Bedarf haben.
Das hält der GKV-Spitzenverband für „weltfremd“. Das Assessment sei der Dreh- und Angelpunkt des Entlassmanagements, erklärte eine Sprecherin im Gespräch dem DÄ. Erst das Assessment aller Patienten ermögliche es festzustellen, wer in welchem Umfang eine Anschlussversorgung benötige.
Aufwendige Zwangsregistrierung von Krankenhausärzten
Weiterer Kritikpunkt der DKG ist die „aufwendige Zwangsregistierung“ von mindestens 50.000 am Entlassmanagement beteiligten Krankenhausärzten. Sie benötigen dem Schiedsamtsentscheid zufolge eine lebenslange Arztnummer der Kassenärztlichen Vereinigungen, um Verordnungen ausstellen zu können. Denn im Rahmen des Entlassmanagements gelten dieselben Vorgaben für eine wirtschaftliche Verordnungsweise wie im ambulanten Bereich. Für das Entlassmanagement sei ausschließlich das Krankenhaus als Institution verantwortlich, argumentierte Baum jetzt. Die persönliche Verantwortung des einzelnen Krankenhausarztes trete dabei in den Hintergrund, weshalb es einer persönlichen Registrierung nicht bedürfe.
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