Politik

Ersatzkassen sehen Regelungsbedarf bei psycho­therapeutischer Versorgung

  • Mittwoch, 25. Januar 2023

Berlin – Für Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgung sprach sich gestern Ulrike Elsner, Vorstands­vorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (vdek), aus. Unter anderem sei dies in puncto Wartezeiten, Er­reichbarkeit und Ausweitung der Gruppentherapie notwendig. Kritik an den Vorschlägen äußerten die Bun­despsychotherapeutenkammer (BPtK) sowie die Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung (DPtV).

Man verfüge in Deutschland über ein weltweit einzigartiges psychotherapeutisches Versorgungssystem mit direktem Zugang und ohne Zuzahlung durch die Versicherten, betonte Elsner. „Problematisch“ seien jedoch zu lange Wartezeiten auf Behandlungen, aber auch die Erreichbarkeit der Psychotherapeutinnen und –therapeu­ten und die Vermittlung durch die Terminservicestellen. Zu möglichen Lösungsansätzen verwies sie auf ein entsprechendes Positionspapier der Ersatzkassen.

Aus Sicht des vdek müsse die Vermittlungsarbeit durch die Terminservicestellen (TSS) der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) verbessert werden. Die Therapeuten sollen in diesem Zusammenhang verpflichtet werden, die Hälfte ihrer durch abgeschlossene Therapien freiwerdenden Behandlungskapazitäten an die Terminservicestellen zu melden.

Man fordere zudem eine stärkere Kopplung der Vergütung an tatsächlich angestelltes Praxispersonal. Derzeit seien viele Therapeuten nicht telefonisch erreichbar, weil sie kein Praxispersonal beschäftigten, obwohl die Kosten für Praxispersonal in die Honorarkalkulation eingeflossen seien, so die Kritik.

Im Rahmen der Bedarfsplanung beziehungsweise der Nachbesetzung von Praxen sollten laut vdek Thera­pie­verfahren bevorzugt werden, die schnellere Therapieerfolge versprechen – der Kassenverband verweist auf die relativ neu zugelassene Systemische Therapie. Hierfür solle der Gesetzgeber die erforderliche Rechts­grundlage schaffen.

Um die Inanspruchnahme von Gruppentherapie weiter zu verbessern, sollten Psychiatrische Institutsambu­lan­zen für die Gruppentherapie ermächtigt und Therapeuten im Rahmen der Ausbildung umfassend qualifiziert werden. Eine praxisübergreifende Terminkoordinierung für Gruppenangebote könne zusätzlich dafür sorgen, die Bildung von Gruppen zu erleichtern, so der vdek. Zudem solle die Rolle der Fernbehandlung in der psy­cho­therapeutischen Versorgung gestärkt werden – insbesondere in ländlichen Gebieten.

Dietrich Munz, Präsident des Vorstandes der BPtK, sprach gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt von „Schein­lösungen für das Versorgungsproblem in der Psychotherapie“. „Eine Reduktion der Wartezeiten kann nur ge­lingen, wenn zusätzliche psychotherapeutische Behandlungsplätze geschaffen werden“, betonte Munz.

„Dafür brauchen wir mindestens 1.600 neue Kassensitze insbesondere in den ländlichen und strukturschwa­chen Regionen. Therapieplätze, die nicht vorhanden sind, könnten auch nicht vermittelt werden. Insoweit lie­fen die Vorschläge des vdek „völlig ins Leere“.

„Der Vorschlag des vdek, die Versorgungsprobleme in ländlichen Regionen über reine Videobehandlungen zu lösen, ist absolut unseriös“, kritisierte Munz. Gerade akut und schwer erkrankte Patienten benötigten eine wohn­ortnahe Versorgung, die eine Psychotherapie im persönlichen Kontakt gewährleiste und eine struktu­rierte Zusammenarbeit mit den mitbehandelnden Ärzten ermögliche.

Gebhard Hentschel, Bundesvorsitzender der DPtV, verwies darauf, dass der persönliche Kontakt Goldstandard in der Psychotherapie bleibe. Zudem löse die Videobehandlung keine Probleme der Bedarfsplanung.

Der zeitliche Aufwand videogestützter Psychotherapie sei derselbe wie in Präsenz – Kapazitäten, die in länd­lichen und strukturschwachen Regionen zur Verfügung gestellt werden, würden in den mitversorgenden Re­gionen fehlen.

Auch die vorgeschlagenen Anpassungen bei der Terminvermittlung würden keine neuen Behandlungskapazi­täten schaffen, betonte Hentschel. Genau dies sei aber vor allem in strukturschwachen und ländlichen Regio­nen „dringend notwendig“.

aha

Diskutieren Sie mit:

Diskutieren Sie mit

Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.

Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.

Es gibt noch keine Kommentare zu diesem Artikel.

Newsletter-Anmeldung

Informieren Sie sich täglich (montags bis freitags) per E-Mail über das aktuelle Geschehen aus der Gesundheitspolitik und der Medizin. Bestellen Sie den kostenfreien Newsletter des Deutschen Ärzteblattes.

Immer auf dem Laufenden sein, ohne Informationen hinterherzurennen: Newsletter Tagesaktuelle Nachrichten

Zur Anmeldung