Lücke beim Krankengeld offenbar erfolgreich geschlossen

Berlin – Der Gesetzgeber hat mit seinen Korrekturen beim Krankengeld eine bestehende Regelungslücke offenbar erfolgreich geschlossen. Andere Baustellen sind aber weiter offen. Das zeigt der Jahresbericht „Monitor Patientenberatung“ der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) für 2019, der dem Deutschen Ärzteblatt (DÄ) vorliegt.
Bis vor der Gesetzesänderung galt, dass der Bezug von Krankengeld an die lückenlose Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (AU) gebunden war. War das nicht der Fall, verloren die Versicherten ihren Anspruch auf Krankengeld. Seit Mai des vergangenen Jahres gilt nun, dass der Anspruch auf Krankengeld auch dann bestehen bleibt, wenn ein Arzt die Arbeitsunfähigkeit spätestens innerhalb eines Monats nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit feststellt.
Diese Änderung des Gesetzgebers spiegelt sich laut UPD-Bericht „spürbar“ in den Fallzahlen wider. So sei die Zahl der Beratungen im ersten Halbjahr mit 706 noch sehr hoch gewesen – und habe sich im zweiten Halbjahr 2019 mit 304 Beratungen mehr als halbiert. Unter den verbliebenen Anrufen zum Thema sei ihm „kein Fall bekannt“, bei dem eine Krankenkasse bemängelt habe, dass eine AU zu spät bescheinigt worden sei, sagte UPD-Geschäftsführer Thorben Krumwiede dem DÄ.
Er betonte, bei der Krankengeldlücke habe es sich zwar um einen kleinen, speziellen Bereich gehandelt, der aber gravierende Auswirkungen gehabt habe, da Betroffenen die Lebensgrundlage entzogen worden sei. Diese Lücke sei nun geschlossen, was sicherlich auch ein Erfolg der UPD aus den vergangenen Jahren sei, sagte er. Die UPD hatte wiederholt auf die Probleme mit der Krankengeldlücke aufmerksam gemacht.
Trotzdem bleibt dem Report zufolge das Thema Krankengeld ein großes Thema. Auch wenn die Zahl der Beratungen von 15.202 (2018) auf 13.843 (2019) sank. Die meisten Fälle (3.689) drehten sich im vergangenen Jahr um die Dauer, Aussteuerung und Aufforderung zur Rehablitation. Die Beratungen dazu erhöhten sich von 1.596 (2018) auf 3.689 (2019). Das ist eine Verdopplung der Zahlen.
Ärger bei der Rehabilitation
Das Thema Rehabilitation sei „in dieser Deutlichkeit“ neu, sagte Krumwiede. Man müsse den Aspekt in jedem Fall weiter betrachten. Er verwies darauf, dass die Nachfragen zum Thema komplex seien. So forderten etwa die Krankenkassen häufig Versicherte auf, ihnen die vollständigen Entlassberichte zuzusenden. Das sei datenschutzrechtlich nicht zulässig, so Krumwiede. Die UPD habe aber eine Rückmeldung des GKV-Spitzenverbands, dass man sich des Themas annehmen wolle.
Weiterhin ein Problem ist, dass einige Krankenkassen zum Beispiel Bescheide ohne Rechtsbehelfsbelehrung und Zwischennachrichten im Widerspruchsverfahren versenden. Bei den Schreiben können Versicherte nicht erkennen, ob und wie sie dagegen vorgehen müssen. Die UPD weist darauf hin, dass einige Krankenkassen Zwischennachrichten verschickten, obwohl das Bundesamt für Soziale Sicherung ihnen diese Vorgehensweise in einem Rundschreiben im vergangenen Jahr untersagt hatte.
Widersprüche weiterhin ein Thema
UPD-Geschäftsführer Krumwiede zufolge gibt es beim Thema Widersprüche, Umgang mit Widersprüchen, unvollständigen Bescheiden, fehlerhaften Informationen aber Bewegung. So habe es dazu vor einigen Monaten ein Treffen mit Kassenvertretern und Politik gegeben. Über diese Probleme werde derzeit diskutiert.
Die Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Claudia Schmidtke, betonte, es sei „nicht nachvollziehbar“, dass dieses Problem weiter besteht. Sie habe das für die Kassenaufsicht zuständige Bundesamt für Soziale Sicherung gebeten, erneut tätig zu werden und sicherzustellen, dass die ihm unterstellten Kassen die Vorgaben einhalten. „Versicherte müssen sich darauf verlassen können, dass alle Kassen rechtskonform und nachvollziehbar mit ihren Leistungsanträgen umgehen und sie fair behandeln“, so Schmidtke.
Kritisch sieht die UPD auch, dass Krankenkassen Krankengeldanträge mit der Einwilligung in das Krankengeldfallmanagement koppeln. „Betroffene fühlen sich von diesem Vorgehen nicht selten überrumpelt“, schreibt Krumwiede im Vorwort des Berichts.
Insgesamt hat sich die Zahl der Beratungen bei der UPD im vergangenen Jahr kaum verändert. Sie sank leicht von 128.586 (2018) auf 128.070 (2019). Erhöht hat sich der Anteil der telefonischen Beratungen von 88,1 Prozent auf 90,4 Prozent. Die Vor-Ort-Beratung hat weiter abgenommen (2018: 6.738 Beratungen, 2019: 4.265). In 65 Prozent der Fälle gab es rechtliche Fragen. Der Anteil der medizinischen Fragen belief sich auf 19,9 Prozent. 15,1 Prozent entfielen auf allgemeine Anfragen.
Die fünf häufigsten Beratungsthemen waren im vergangenen Jahr Leistungsansprüche gegen Kostenträger (38.329), Patientenrechte/Berufspflichten/Verhaltensnormen (16.184), Mitgliedschaft sowie Versicherungs- und Kassenwechsel/Zusatzversicherungen (7.762), Verdacht auf Behandlungsfehler (6.154) und Rechtmäßigkeit von Geldforderungen (3.575).
Das Thema Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) war 1.237 Mal Gegenstand der Beratungen (2018: 968). Dabei betreffen die rechtlichen Fragen häufig die Aufklärungspflicht der Ärzte. Die UPD betont in ihrem Bericht, dass Patienten bei der Beurteilung von IGeL-Leistungen auf ihren Nutzen weitere umfassende und neutrale Informationsquellen erhalten sollten.
In den vergangenen Wochen wurde die UPD zunehmen auch mit der Coronakrise befasst. So hat sich die Zahl der Anrufer deutlich erhöht. Im März leistete die UPD rund 20.000 Beratungen. Etwa die Hälft waren Anfragen rund um die Coronarkrise. Im April belief sich die Zahl der Beratungen auf rund 15.500. Etwa 40 Prozent der Anrufer wollten Informationen zu rechtlichen und medizinischen Fragen rund um SARS-CoV-2. Im Januar hatte es 78 Anfragen zu dem neuartigen Virus SARS-CoV-2 gegeben.
Bei den Anrufern handelte es sich zum Beispiel um Patienten, die Immunsupressiva einnehmen, aber auch Menschen, die sich trotz Herzinfarktanzeichen wegen Corona nicht trauten, den Rettungsdienst anzurufen. Themen waren auch Aspekte der Krankschreibung oder der Notbetreuung von Kindern. Die Detailtiefe hat der UPD zufolge im Laufe der Zeit zugenommen. Anrufe wegen Fake-News kämen aber weiterhin vor, hieß es.
Die UPD rechnet damit, dass eine zweite Beratungswelle auf sie zukommen könnte. Es sei zwar ein Blick in die Glaskugel, ob es bei SARS-CoV-2 eine zweite Welle gebe, sagte Krumwiede. Die UPD sei aber auf ein Mehr von Anrufen vorbereitet und in der Lage, diese zu bewältigen.
Die Patientenberatung selbst hat in der Coronakrise einen Teil der Mitarbeiter im Homeoffice und im Callcenter zwei getrennte Bereiche, in denen sich die Mitarbeiter nicht begegnen sollen. So soll im Fall der Fälle die Beratung weiter sichergestellt sein. Bisher gibt es in der UPD keinen nachgewiesenen SARS-CoV-2-Fall.
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