Vermischtes

Millionenschwerer Pflegebetrug: Insiderin gesteht

  • Mittwoch, 6. September 2017
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Düsseldorf – Im Prozess um millionenschweren systematischen Betrug in der ambulan­ten Pflege hat eine Angeklagte als Kronzeugin ein Geständnis abgelegt. Zuvor war der 41-Jährigen im Gegenzug als Deal eine mildere Strafe versprochen worden. Der Vorsitzende Richter hat ihr dafür eine Strafe von höchstens drei Jahren und zwei Monaten Gefängnis zugesagt. Die Ex-Geschäftsführerin eines ambulanten Pflegedienstes berichtete daraufhin heute über die illegalen Praktiken.

Bei der Pflege von Patienten sollen die neun Angeklagten in großem Stil mit falschen Abrechnungen mindestens 8,5 Millionen Euro erschlichen haben. Ihnen wird gewerbs- und bandenmäßiger Betrug vorgeworfen, der mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Die meisten der Beschuldigten stammen aus Russland und der Ukraine.

Schulden als Grund

Auf dem Papier sei sie zwar die alleinige Eigentümerin und Geschäftsführerin eines Pflegedienstes gewesen, tatsächlich hätten ihr aber nur 40 Prozent gehört, berichtete die Kronzeugin. Weil sie dennoch allein in Vorleistung habe treten müssen, sei sie rasch mit 90.000 Euro verschuldet gewesen. Auf legale Weise sei der Dienst aber nicht aus den roten Zahlen gekommen. Es sei zu Streitigkeiten gekommen. Schließlich hätten ihr die anderen Gesell­schafter vorgeschrieben, wie sie abrechnen soll.

Eine Gruppe Patienten sei von da an nicht mehr so oft aufgesucht worden, wie angegeben. Die Patienten und Mitarbeiter hätten mitgespielt, dafür aber die Hand aufgehalten und Schwarzgeld kassiert. So seien teure Kompressionsstrümpfe und tägliche Medikamentengabe abgerechnet worden, tatsächlich sei nur der Blutdruck gemessen worden. Viele Patienten seien im Spätdienst und an den Wochenenden gar nicht mehr aufgesucht worden. Dafür seien nun die Ausgaben für Schwarzgeld aus dem Ruder gelaufen.

Als sich das Finanzamt zu einer Betriebsprüfung ankündigte, habe auch noch der Steuerberater sein Mandat gekündigt. Bei den eingereichten Belegen handele es sich um Scheinrech­nungen von Scheinfirmen. Er werde dabei nicht helfen, habe er ihr gesagt. Dank eines neuen Miteigentümers habe sie die Prüfung dennoch überstanden. Bei einer Qualitätsprüfung habe ihr Dienst sogar die Note „sehr gut“ bekommen.

Ende 2013 seien dann die Strohmänner hinter den Scheinfirmen wegen Drogenhandels verhaftet worden. Es sei erneut zum Streit gekommen. Schließlich habe sie aber weitergemacht und eine Krankentransport­firma gefunden, mit deren Hilfe unauf­fälligere Scheinrechnungen für das Schwarzgeld erstellt wurden.

Mit den übrigen acht Angeklagten gelang keine Absprache. Das Gericht hatte Bewährungs- und Haftstrafen bis über fünf Jahre Gefängnis im Gegenzug für Geständ­nisse angeboten. Bundesweit stehen 230 ambulante Pflegedienste unter Verdacht, betrügerisch abgerechnet zu haben. Nach einer früheren Schätzung des Bundes­kriminal­amts (BKA) könnten den Sozialkassen mindestens eine Milliarde Euro Schaden pro Jahr entstanden sein.

dpa

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