Neues Bundesinstitut aus RKI und BzgA soll Prävention stärker adressieren

Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will Vorbeugung und Informationen zu Krebs und Demenz sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen verstärken. Bis 2025 soll dazu ein Bundesinstitut für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) aufgebaut werden, wie der SPD-Politiker heute in Berlin ankündigte. Darin aufgehen sollen die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) sowie Teile des Robert-Koch-Instituts (RKI).
Lauterbach sagte, Deutschland gebe so viel wie kein anderes EU-Land für Gesundheit aus, sei aber bei der Lebenserwartung nur Durchschnitt. „Es fehlt an wirksamer Vorbeugung, unser System ist zu stark auf Behandlung schon bestehender Krankheit ausgerichtet.“
Das neue Institut soll die Prävention mit Blick auf nicht übertragbare Krankheiten ausbauen. Krebs, Demenz und Herz-Kreislauf-Erkrankungen machten drei Viertel der Todesfälle in Deutschland aus, erläuterte Lauterbach.
Lebenserwartung in Deutschland nur europäischer Durchschnitt
Trotz Gesundheitsausgaben von 5.000 Euro pro Einwohner im Jahr liegt die Lebenserwartung laut Ministerium mit 80,8 Jahren nur knapp über dem EU-Schnitt von 80,1 Jahren. Als eine Ursache gilt ein Mangel an wirksamer Vorbeugung.
Konkret soll das neue Institut Vorbeugestrategien entwickeln und die Umsetzung von Aktivitäten auch mit den Gesundheitsämtern vor Ort abstimmen. Lauterbach betonte, dies sei wichtig in einer Zeit, in der Gesundheitskommunikation durch „Fake news“ und eine Schwemme nicht belastbarer Informationen erschwert werde.
Als Grundlage soll das Institut auch Gesundheitsdaten erheben und analysieren. Hier soll es auch Analysen geben, unter welchen sozialen Hintergründen Krankheiten oder Risiken für Krankheiten entstehen. Diese Daten sollen dann auch in politische und strategische Entscheidungen einfließen, erklärt das Ministerium.
Dazu sollen Abteilungen aus dem RKI in das neue Institut mit eingefügt werden. Hinzukommen sollen neue Aktivitäten, etwa zur Modellierung von Krankheitsentwicklungen. Dafür gebe es in Deutschland momentan keine richtige Anlaufstelle und es solle ein „Center of Excellence für Modellierer im Gesundheitswesen“ entstehen.
RKi soll sich auf Infektionskrankheiten fokussieren
Das RKI soll sich demnach künftig auf die Abwehr von Infektionskrankheiten konzentrieren und spezialisieren, etwa auch in der Arbeit mit Künstlicher Intelligenz. Es soll auch als internationales Exzellenzzentrum gestärkt werden.
Das neue Präventionsinstitut soll zum 1. Januar 2025 starten. Der Hauptsitz soll in Berlin sein, vorgesehen ist aber auch ein Sitz in Köln am bisherigen Standort der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Deren Beschäftigten soll die Übernahme angeboten werden.
Beauftragter für die Errichtung des Instituts soll der bisherige Leiter des Kölner Gesundheitsamts, Johannes Nießen, sein. Dieser war eigentlich noch bis Ende des Jahres in der Funktion dort, bevor der Renteneintritt geplant war. Bereits vergangene Woche Freitag wurde er aber im Amt verabschiedet und ist seit Anfang Oktober für den Aufbau des neuen Institutes zuständig.
Leiten werde er es aber künftig nicht – sein Vertrag ende am 31. Dezember 2024, wenn der Aufbau abgeschlossen sein soll, betonte er. Er wolle seine Erfahrungen einbringen, denn „wo der Präventionsschuh drückt“ könne er aus der Erfahrung aus dem Gesundheitsamt deutlich anbringen.
Während der Transformationsphase im Jahr 2024 soll auch entsprechende Gesetzgebung für das neue Institut auf den Weg gebracht werden. Das BMG plant eine Kabinettbefassung für Anfang 2024. Nießen soll im Bundesgesundheitsministerium der Abteilung 6 „Öffentliche Gesundheit“ unter Leitung von Ute Teichert angesiedelt werden.
Als weitere Themen für das BIPAM nannte Nießen auch den Gesundheitsschutz im Klimawandel besonders beim Thema Hitzeschutz sowie die Gesundheit von Kindern nach der Pandemie.
Die neuen Pläne führten zu Lob und Kritik aus den eigenen Reihen: So betonte der Bundestagsabgeordnete Johannes Wagner (Grüne), wie wichtig es sei, dass das Institut nun zügig vorangetrieben werde. „Die Eckpunkte liefern eine handfeste Diskussionsgrundlage über seine Ausrichtung“, sagte Wagner in einer Mitteilung.
„Dass einige Aufgaben des Robert-Koch-Instituts ins Bundesinstitut überführt werden, ist dabei ein richtiger Schritt: Die Vorbeugung von nicht übertragbaren Krankheiten im Bundesinstitut zu bündeln und die Zuständigkeiten für Infektionskrankheiten im RKI zu fokussieren ist sinnvoll“, erläuterte er.
Die Institute müssten aber eng zusammenarbeiten. Dann könne „eine ganzheitliche Sicht auf die Öffentliche Gesundheit in Deutschland gelingen – und das ist dringend notwendig“. Dabei müsse aber klar sein, dass die Bundesländer weiterhin den Öffentlichen Gesundheitsdienst vor Ort finanzieren.
FDP sieht noch Erklärungsbedarf
Für Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, kommen die Ankündigungen zu dem Institut offenbar überraschend: Zwar sehe er in der nun veröffentlichten Planung für das BIPAM einen „fachlich richtigen Ansatz, um die Lücke in der Prävention der nicht übertragbaren Krankheiten zu füllen“, so Ullmann in einer Mitteilung.
„Allerdings müssen wir uns bei der konkreten Ausgestaltung noch einigen, zumal etwas wie das BIPAM nicht konkret im Koalitionsvertrag vereinbart war“, sagte Ullmann. Im Koalitionsvertrag hatten sich die drei Ampelparteien auf ein Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit geeinigt, in dem die BzgA aufgehen soll.
Aus Ullmanns Sicht dürfe das neue Institut „auf keinen Fall ein Besserwisserinstitut“ werden, das an der Realität der Bürgerinnen und Bürger vorbeigehe und Ärztinnen und Ärzte vor Ort nicht einbeziehe.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie-Herz- und Kreislaufforschung (DGK) begrüßte die Ankündigung für das BIPAM. „Da wurden Herzkreislauferkrankungen, Demenz und Krebs alle gleichzeitig genannt,“ sagte Holger Thiele, Präsident der DGK auf den Herztagen 2023. Dass dadurch eine Sensibilisierung erreicht werden könnte, sei ein wichtiger Punkt.
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