Ärzteschaft

Neuordnung der hausärztlichen Vergütung ohne bloße Umverteilung

  • Montag, 6. Mai 2024
Stephan Hofmeister, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV)./Gebhardt
Stephan Hofmeister, Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV)./Gebhardt

Mainz – Die geplanten strukturellen Anpassungen der hausärztlichen Vergütung dürfen nicht auf eine bloße Umvertei­lung von finanziellen Mitteln hinauslaufen. Dies mahnte heute Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzen­der der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), anlässlich der KBV-Vertreterversammlung an.

Bislang seien die entsprechenden Regelungen im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) nicht mit zusätzli­chem Geld hinterlegt, stellte Hofmeister im Vorfeld des 128. Deutschen Ärztetages in Mainz fest. Auch sei in der Begrün­dung sogar von möglichen Minderausgaben die Rede – es herrsche Einigkeit zwischen allen Beteiligten auf der haus­ärztlichen Seite, dass das nicht das Ziel dieser Reform sein dürfe.

Was man brauche, sei eine strukturelle Weiterentwicklung und Anpassung an die Versorgungsrealität in den hausärztli­chen Praxen. Diese Anpassungen – etwa an neue, auch digitale, Versorgungsformen und den kommenden Versorgungs­bedarf – müssten „wohlüberlegt und sauber kalkuliert“ sein. Schon allein aufgrund der steigenden Versorgungsbedarfe könnten solche Anpassungen „keinesfalls zu Honorarkürzungen“ führen.

Die Herausforderung bestehe vor allem darin, auch in Zukunft mit knappem Personal bei steigendem Behandlungsbedarf einer älter werdenden Bevölkerung flächendeckend die Versorgung sicherstellen zu können – dazu habe man mit den Kassenärztlichen Vereinigungen konkrete Vorschläge an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) gemacht.

Eine nachhaltige Vergütungsreform müsse mehrere Kriterien erfüllen. Insbesondere müsse das Erbringen hausärztlicher Kernleistungen im Mittelpunkt der Entwicklung stehen und gefördert werden. Auch die aufwendige Behandlung von multimorbiden Patienten müsse angemessen vergütet werden, ebenso wie Teamstrukturen in den Praxen.

Strukturpauschalen und Förderungen dieser Art könnten ein hilfreiches Instrument sein, so Hofmeister. Die entscheiden­de Frage sei, wie sie sinnvoll und nachhaltig implementiert werden können. „Hier sind wir mit dem BMG derzeit in einem guten Dialog und erhoffen uns vom Gesetzgeber Anpassungen am Entwurf, die diese Möglichkeiten im Setting des Bewertungsausschusses eröffnen und vor allem stützen.“

„Völlig außen vor bleibt erneut die von allen Fachleuten, dem KV-System und auch von uns Hausärzten unisono ange­mahnte und unabdingbare Steuerung“, kritisierte Hofmeister den Stand des GVSG. Das angesichts „der klaren Evidenz­lage“ erneut der politische Mut hierzu fehle, sei „unerklärlich“.

Während das GVSG an einigen Stellen immerhin Chancen biete, werde dies mit dem Krankenhausversorgungsver­besse­rungsgesetz (KHVVG) „hinterrücks wieder eingerissen“. Denn auf den Punkt gebracht liefen die Pläne darauf hinaus, dass die neuen sogenannten sektorenübergreifenden Versorgungszentren in direkte Konkurrenz zu den Praxen um Personal und sonstige Ressourcen treten würden.

Dies stelle einen Frontalangriff auf die hausärztliche Versorgung und eine Schwächung der ambulanten Versorgung insgesamt dar, so Hofmeister. „Solche Bestrebungen jetzt auch noch zusätzlich finanziell fördern zu wollen, wird die wohnortnahe Versorgung weiter ausdünnen.“

„Noch absurder“ werde es, wenn der KHVVG-Entwurf die sektorenübergreifenden Versorgungszentren darüber hinaus als künftige Zentren der allgemeinmedizinischen Weiterbildung deklariere. Hausärztliche Versorgung zeichne sich durch eine besondere persönliche Nähe aus: Sowohl in der individuellen Beziehung zu den Patienten als auch im räumlichen Sinne. Beides sei in einem Zentrum mit wechselnden diensthabenden Ärzten nicht gegeben.

Hofmeister verwies zudem darauf, dass die Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin gerade in der vertragsärzt­lichen Versorgung ein Erfolgsmodell ist. „Diese ohne Not zu verpflanzen und quasi mit der Wurzel auszureißen wäre geradezu ein Bärendienst für die Sicherung des hausärztlichen Nachwuchses.“

Auch wenn die Bundesregierung mit dem Versprechen angetreten sei, die Ambulantisierung voranzutreiben, müsse man feststellen, dass das Gegenteil der Fall ist. „Das wird mit fast jedem neuen Gesetzentwurf und jeder zusätzlichen Milliarde für die Krankenhäuser klarer“, kommentierte Hofmeister die aktuelle Richtung der Gesundheitspolitik.

aha

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