Ausland

Digitale Patientenakte: Frankreich positives Opt-out-Beispiel

  • Dienstag, 9. April 2024
Von links: David Sainati (französisches Gesundheitsministerium), Maximilian Funke-Kaiser MdB, Clara Léonard (Doctolib), Moderator Gregor Waschinski, Marek Rydzewski (Barmer) /Kurz
Von links: David Sainati (französisches Gesundheitsministerium), Maximilian Funke-Kaiser MdB, Clara Léonard (Doctolib), Moderator Gregor Waschinski, Marek Rydzewski (Barmer) /Kurz

Berlin – In Frankreich nutzen mehr als 95 Prozent der Sozialversicherten die dortige digitale Patientenakte (Mon Espace Santé (MES), übersetzt „Mein Gesundheitsbereich“). Diese wurde im Januar 2022 eingeführt und ist eine Opt-out-Lösung, so dass Sozialversicherte aktiv widersprechen mussten.

Das berichtete David Sainati, stellvertretender Leiter der Abteilung für Digitalisierung im französischen Ge­sund­heitsministerium gestern Abend auf der Veranstaltung „French Healthcare Booster Germany“, ausgerichtet von der französischen Agentur Business France. Die Veranstaltung fand im Rahmen der aktuell stattfindenden Messe für digitale Gesundheit DMEA in der französischen Botschaft statt.

Versicherte könnten innerhalb eines Onlinebereichs auf ihre Daten zugreifen, auch Ärztinnen und Ärzte hätten Zugriff. Sainati erklärt sich die hohe Nutzungsrate einerseits mit der Opt-out-Regelung. Zudem habe der franzö­sische Staat ein Extrabudget von zwei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, um die Sozialversicherungsdaten abzugleichen und in ein neues System einzuspeisen.

Der Bundestagsabgeordnete Maximilian Funke-Kaiser (FDP), erklärte, von solchen Zahlen könne Deutschland nur träumen. Mit den gerade in Kraft getretenen Digitalgesetzen sei aber zunächst eine Erhöhung der Nut­zungsrate von einem auf 80 Prozent möglich, so Funke-Kaiser. Das hänge aber auch von der Umsetzung ab.

Für Marek Rydzewski von der Barmer ist es zudem wichtig, dass die Versicherten einen Mehrwert in der elek­tronischen Patientenakte (ePA) sehen. Das gehe nur, wenn sie etwas Interessantes in der Akte finden würden, beispielsweise zum Thema Vorsorge und Prävention. Zudem müsse das System leicht zugänglich sein.

Er setzt sich für eine Basis-ePA ein, die alle Kassen als Grundlage anbieten müssen. Alles, was darüber hinaus gehe, sollten die Kassen als Teil ihres Wettbewerbs selbst gestalten können. „Wir brauchen Differenzierungs­merkmale“, betonte Rydzewski.

Wichtig für die Umsetzung sei aber vor allem eine Schnittstellenanpassung, weiß Sainati. Wenn am Tag X nicht alle Softwareanpassungen vorhanden seien, dann könnten Systeme nicht verzahnt werden. Deshalb habe es in Frankreich im Vorfeld der Einführung von MES eine Taskforce gegeben, die sich Sektor für Sektor angeschaut und die Herausforderungen für Nutzende genau geprüft habe. Das Ziel sei gewesen, das System kompatibel und homogen zu gestalten.

Damit das ganze auch finanziell funktioniere, gebe es einen neuen Finanzierungsmechanismus in Frankreich, berichtet Sainati weiter. So kauften Apotheker und Ärzte dem Staat Anwendungen zur Aktualisierung von Schnittstellen ab, die zwischen MES und ihren eigenen Systemen fungierten. Mit diesem Geld könnten die Systeme und Schnittstellen weiterentwickelt werden, erklärte Sainati. Ziel sei aber eine schnellere und bessere Betreu­ung von Patienten und nicht mehr Wettbewerb zwischen den Krankenkassen.

Damit könne Deutschland noch viel von Frankreich hinsichtlich der digitalen Akten lernen, so der Konsens auf der Veranstaltung. Die beiden Länder seien im engen Austausch, auch um Digitalisierung im Gesundheits­wesen voranzubringen, betonte Sainati. Frankreich könne in Sachen Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) aber noch einiges von Deutschland lernen. Hier sei Frankreich noch sehr zurückhaltend und wolle sich künftig stärker am deutschen Beispiel orientieren, erklärte Sainati.

cmk

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