Bund tritt für Kompetenzausweitung der Pflegekräfte ein

Berlin – Für die Pflegekräfte ist es seit langem eine zentrale Forderung: Jetzt hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erweiterte Befugnisse für Pflegekräfte angekündigt. Sie sollen künftig selbstständig mehr von dem machen können, was sie jetzt nur unter ärztlicher Anleitung tun dürfen, sagte der Minister der Bild am Sonntag.
„Pflegekräfte sind in Deutschland sehr gut ausgebildet, dürfen aber nicht das tun, was sie können“, so der SPD-Politiker. Mit einem „Pflegekompetenzgesetz“ solle der Beruf künftig deutlich attraktiver werden. „Wenn eine Pflegekraft ein Jahr lang eine Wundversorgung im Beisein von Ärzten gemacht hat, kann sie das genauso gut.“ Das solle sie selbstständig machen dürfen, auch zum Beispiel Verbandmaterial verschreiben.
„Es ist absurd zu glauben, dass unsere Pflegekräfte weniger können als in Schweden oder Amerika, wo sie das schon längst dürfen“, sagte der Minister. Nicht nur Ärzte, sondern auch Pflegekräfte könnten Diabetespatienten erklären, wie sie ihre Ernährungsgewohnheiten umstellen müssen oder wie sie Insulin überwachen. „Das können Pflegekräfte irgendwann so gut, dass sie es auch ohne Arzt machen können.“
Eckpunkte für das Gesetz will Lauterbach noch bis Dezember vorlegen. Im nächsten Jahr soll das Gesetz in Kraft treten. Für ausländische Pflegekräfte gelte: „Wer als Pflegekraft zu uns kommt, soll künftig sofort arbeiten können. Auch, bevor die Abschlüsse anerkannt sind.“ Wo es Zweifel gebe, ob der Abschluss ausreiche, könne die Qualifikation praktisch geprüft werden.
Lauterbach will zudem den Spracherwerb für ausländische Pflegekräfte erleichtern, indem Sprachschulungen pflegenah gemacht werden. „Deutsch kann auch beim Arbeiten gelernt werden. So lernt man die Sprache schneller als nur in Sprachkursen“, sagte er. Geflüchtete etwa sollten in der Pflege schon Hilfstätigkeiten machen können, ohne dass sie den Spracherwerb nachgewiesen haben müssten.
Widerspruch kam von der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Wenn Lauterbach die Anforderungen an Sprachkenntnisse zurückschraube, bedeute das ein enormes Risiko für die Gesundheit und Sicherheit von Patienten und Pflegebedürftigen, sagte Vorstand Eugen Brysch. Es passe nicht zusammen, den Pflegekräften einerseits mehr Verantwortung zu geben, andererseits die Anforderungen an die Kommunikationsfähigkeit zurückzuschrauben.
Pflegeverbände hatten immemr wieder darauf hingewiesen, dass der Pflegeberuf attraktiver werde, wenn die Beteiligten größeren Handlungsspielraum hätten. Zudem könne durch mehr Kompetenzen in der Pflege auch dem Ärztemangel begegnet werden.
Bereits vergangene Woche hatte der Bundestag die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Pflegeberufe erweitert. Diese sieht nun erstmalig den Erwerb von heilkundlichen Kompetenzen für Pflegekräfte vor. In Modellprojekten soll diesen eine arztunabhängige Versorgung von Patienten mit komplexen Erkrankungen wie Diabetes, Demenz und chronischen Wunden ermöglicht werden.
Die Ärzteschaft sieht das in Teilen kritisch. Aus Sicht des Hausärzteverbandes Rheinland-Pfalz reiht sich der Beschluss „nahtlos ein in eine Vielzahl gesetzgeberischer Maßnahmen der letzten Monate, die die Zerstückelung der Patientenversorgung in kleinstteilige, häufig arztfreie Parallelwelten konsequent vorantreibt“. Das stünde jedoch der ureigenen Identität ganzheitlicher und kontinuierlicher hausärztlicher Versorgung „diametral entgegen“.
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