Politik

Bundesrat bekräftigt Forderung nach MVZ-Regulierungs­gesetz

  • Freitag, 16. Juni 2023
/picture alliance, Wolfgang Kumm
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Berlin – Eine Entschließung, in der er die Bundesregierung aufgefordert wird, Medizinische Versorgungszentren (MVZ) stärker zu regulieren, beschloss heute der Bundesrat. Die Initiative ging auf Bayern, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Hamburg zurück. Ein solches Regulierungsgesetz solle die Monopolstellungen einzelner Träger verhindern und eine am Patientenwohl orientierte ambulante Versorgung stärken, so die Länderkammer.

In der Begründung verweist der Bundesrat auf das „rasante Wachstum“ von MVZ mit dem aus Ländersicht vorhandenem Risiko von Konzentrationsprozessen. Die steigende Zahl investorengetragener MVZ gefährde zudem eine flächendeckende, umfassende Versorgung. So verlagerten Investoren die Versorgungskapazitäten tendenziell in lukrative Ballungsgebiete und legten einen stärkeren Fokus auf gut skalierbare und umsatzsteigernde Leistungen – mit der möglichen Folge, dass nicht mehr das gesamte Behandlungsspektrum abgebildet wird.

Um diesen Tendenzen zu begegnen, sieht die Entschließung unter anderem die Schaffung eines bundesweiten MVZ-Registers und eine Kennzeichnungspflicht für Träger und Betreiber auf dem Praxisschild vor. Derzeit seien die realen Eigentumsverhältnisse meist nicht ersichtlich, vor allem nicht für die Patienten vor Ort, so die Begründung.

Darüber hinaus sollen Krankenhäuser künftig nur in einem Umkreis bis zu 50 Kilometer von ihrem Sitz ein MVZ gründen können. Auch wird die Einführung von Höchstversorgungsanteilen für Haus- und Fachärzte – sowohl bezogen auf die arztgruppenbezogenen Planungsbereiche als auch auf den gesamten Bezirk der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigungen – vorgesehen.

Zudem enthält die Entschließung Regelungsvorschläge, um die Unabhängigkeit der ärztlichen Berufsausübung im MVZ vor dem Einfluss von Kapitalinteressen zu schützen, beispielsweise durch einen besonderen Abberufungs- und Kündigungsschutz für die ärztliche Leitung und Vorgaben zu deren Mindesttätigkeitsumfang.

Die Vorsitzende des Bundesverbands der Betreiber medizinischer Versorgungszentren (BBMV), Sibylle Stauch-Eckmann, warnte vor einer Verschlechterung der wohnortnahen haus- und fachärztlichen Versorgung, sollten MVZ-Gründungen erschwert werden. „Wir laufen sehenden Auges in einen Versorgungsnotstand und als Antwort will der Bundesrat auch noch die Zahl der möglichen Praxen einschränken – das passt für mich nicht zusammen“, so Stauch-Eckmann.

Auch nach Auffassung des Verbandes der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM) ist absehbar, dass die Vorschläge der Länder für die regulatorischen Eingriffe eindeutig zu Lasten der Versorgungssicherheit gehen.

„Die aufgrund der Initiative einiger Länder im Bundesrat zu erwartenden präventiven, regulatorischen Eingriffe erfolgen ohne Evidenzgrundlage und bergen das hohe Risiko ungewollter Kollateralschäden in der Patientenversorgung. Insbesondere würde dies auch die labormedizinische Versorgung betreffen, die bereits heute häufig und trägerübergreifend in Form von MVZ organisiert ist“, warnte Michael Müller, Vorsitzender des ALM.

„Eine gesetzliche Regulierung von investorengetragenen Medizinischen Versorgungszentren ist rechtlich mög­lich und aus Versorgungsgesichtspunkten dringend geboten. Eine solche Regulierung würde mit dazu beitragen, MVZ als sinnvolles Versorgungsangebot vor negativen Folgen einer auf Rendite ausgerichteten Patientenversor­gung zu schützen“, bezog jüngst Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), Stellung zur Thematik.

Die von der BÄK im Januar 2023 vorgelegten Regulierungsvorschläge für investorenbetriebene MVZ (iMVZ) sollen demnach ge­währleisten, dass das Patientenwohl immer Vorrang vor kommerziellen Interessen hat.

„Die in dem BÄK-Papier sowie in dem Bundesratsantrag enthaltenen Vorschläge dienen dem Gemeinwohl und sind verfassungsrechtlich gerechtfertigt“, stellte der BÄK-Präsident klar.

EB/aha

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